Aufmarsch der Schleier-Fahnder am Brenner

Die Polizisten wurden vor Ort eingewiesen
Am Dienstag wurden 50 Polizisten auf den Brenner beordert. Sie kontrollieren aber nicht an der Grenze.

Der Verkehr rollt gemächlich durch Gries am Brenner. Die Meldung von Bürgermeister Karl Mühlsteiger, dass zuletzt mehrfach täglich Flüchtlingsgruppen von fünf bis zehn Personen entlang der Bundesstraße Richtung Norden durch seinen Ort gezogen sein sollen, hat für einen Aufschrei von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) gesorgt.

Der stellte gar in den Raum, dass die von Italien angekündigte, intensivere Kontrolltätigkeit vor dem Brenner nur ein "Täuschungsmanöver" des Nachbarn gewesen sein könnte, um Kontrollen an der Grenze zu verhindern.

Gleichzeitig kündigte Platter an, dass Innenminister Wolfgang Sobotka zugesichert habe, ab Dienstag 80 zusätzliche Polizisten für die Schleierfahndung am Brenner einzusetzen. Weder von denen noch von Flüchtlingen ist am Dienstagvormittag in Gries am Brenner etwas zu sehen. An der Grenze selbst bringen sich derweil wieder einmal italienische TV-Teams in Stellung und warten zunächst vergeblich auf Bilder.

Drei junge Flüchtlinge, zwei Männer und eine Frau, queren wenig später frierend und sichtlich verunsichert den Grenzort Brenner, marschieren vorbei am Outlet-Center und schließlich auf die österreichische Seite, wo sie ihren Weg auf der Bundesstraße fortsetzen. Kurz darauf, gegen halb zwölf Uhr, kommen aus der Gegenrichtung mehrere Polizeistreifen und Mannschaftsbusse.

Zumindest das erste Auto fährt an den Flüchtlingen vorbei, ohne dass sie bemerkt werden. Ob die jungen Afrikaner bei den nachkommenden Polizeieinheiten ebenso viel Glück hatten, entzieht sich den Beobachtern.

50 statt 80 Polizisten

Die Zusatzkräfte, sie kommen aus Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich, werden am Brenner eingewiesen und bekommen eine kleine Rundfahrt durch den Ort, um sich einen Überblick zu verschaffen. Anders als am Wochenende angekündigt, sind es nicht 80 zusätzliche, sondern in Summe 80 statt bisher 30 Polizisten, die sich ab nun ausschließlich auf die Schleierfahndung im Brenner-Grenzraum konzentrieren werden. Es wird allerdings keine durchgängigen Kontrollen geben, dast Tirols Landespolizeidirektor Helmut Tomac: "Wir bewegen uns im Rahmen der Schengen-Schleierfahndung. Da ist es gar nicht erlaubt, eine hundertprozentige Kontrolltätigkeit zu machen. Wir werden auch nicht direkt an der Grenze kontrollieren, sondern in den Zügen, auf der Bundesstraße und auf der Autobahn."

Italiens Premier Matteo Renzi hat hingegen am Montag Österreich beschuldigt, auf populistische Art und Weise mit dem Thema Grenzkontrollen am Brenner umzugehen. "Ein Teil der Österreicher behauptet, es sei eine Flüchtlingsinvasion im Gange. Das stimmt nicht", kritisierte Renzi in einem Radiointerview.

Fast keine Aufgriffe

Tatsächlich halten sich die Aufgriffszahlen auf österreichischer Seite des Brenners in Grenzen, wie Tomac bestätigt. Auf der Bundesstraße wurden zwischen vergangenem Mittwoch und Samstag acht Gruppen mit insgesamt 36 Menschen von der Polizei festgestellt. Das ist eine Zahl, die im vergangenen Jahr vielfach bei einzelnen Aufgriffen in den internationalen Reisezügen zwischen Brenner und Innsbruck weit überschritten wurde.

Die politische Nervosität kocht auf beiden Seite der Grenze trotzdem immer wieder hoch. Am 13. Mai hatten sich die Innenminister aus Wien und Rom am Brenner auf einen Kompromiss geeinigt. Italien versprach stärkere Kontrollen auf der Fluchtroute vom Süden Richtung Norden. Österreich verzichtete im Gegenzug – und nachdem die Zahlen von aufgegriffenen Flüchtlingen zurückgegangen war – auf Kontrollen direkt am Brenner. Die baulichen Maßnahmen für ein mögliches Grenzmanagement liefen seither aber weiter. Auch gestern, Dienstag.

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