Flüchtlingswelle: Kasernen-Öffnung gefordert

Zwei Asylwerber in Thalham - dort sind derzeit 74 Personen in der Zeltstadt untergebracht.
Kritik ebbt nicht ab: Pühringer für Nutzung von Kasernen statt Zeltstädten. Notquartiere sind halb voll, heute keine Überstellungen mehr.

Das Bundesheer habe in ganz Österreich riesige Liegenschaften und Kasernen, die zum Teil leer stünden. Kein Mensch verstehe, warum diese nicht für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden, forderte Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) am Sonntag in einer Aussendung eine rasche Öffnung von Kasernen statt die Errichtung von Zeltstädten.

Die Bevölkerung habe kein Verständnis, dass irgendwelche rechtlichen Probleme vorgeschoben werden, um Kasernen nicht öffnen zu müssen. "Ich verstehe die Menschen in St. Georgen im Attergau, die schon seit Jahrzehnten ihren Beitrag zur Flüchtlingsversorgung leisten, dass sie mehr Fairness im Aufteilen der Verantwortung einfordern", erklärte Pühringer. Er sprach sich für eine Quote in Europa aus. Es sei nicht einzusehen, dass zehn Staaten das Problem zu 90 Prozent schultern müssen. "Eine faire Aufteilung auf die EU-Staaten ermöglicht auch eine bessere Integration", ist Pühringer sicher.

"Absolute Notmaßnahme"

Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hat sich in der ORF-Pressestunde in die aktuellen Flüchtlingsdebatte hat sich eingemischt: Er hat die Vorgehensweise von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zwar grundsätzlich verteidigt – aber dennoch finde es „überhaupt nicht ok“, Flüchtlinge in Zelten unterzubringen. Es müssten schnell geeignetere Quartiere gefunden werden, die Zelte müssten eine „absolute Notmaßnahme für wenige Tage“ bleiben (mehr zur Pressestunde hier).

Die oberösterreichische Soziallandesrätin Gertraud Jahn (SPÖ) wehrte sich in einer Aussendung erneut gegen die Aussagen von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), wonach die Bundesländer ihre Aufgaben bei der Unterbringung nicht wahrnehmen würden. Die Ministerin schiebe die Verantwortung ab, kritisierte Jahn. Sie forderte einen längerfristigen Notfallplan, der zwischen Bund und Ländern abgestimmt ist. Damit könne man "solche Hau-Ruck-Aktionen wie Zeltstädte" vermeiden, wenn die Flüchtlingszahlen kurzfristig massiv steigen.

Keine weiteren Überstellungen

In Salzburg waren am Samstagabend die ersten Flüchtlinge in der Zeltstadt am Sportplatz der Landespolizeidirektion angekommen - heute kommen keine mehr: Die drei Zeltlager mussten am Sonntag nicht weiter in Anspruch genommen werden. Wie das Innenministerium der APA mitteilte, wurden am Sonntag keine Überstellungen aus Traiskirchen in die Zeltlager in Salzburg, Linz und Thalham vorgenommen. 104 Personen werden aber noch zusätzlich in das Quartier in Wien-Erdberg gebracht.

Damit sind in dem Zeltlager in Thalham derzeit 74 Personen untergebracht, in Linz 53 und in Salzburg 37. In den drei Zeltstädten wurden jeweils Acht-Mann-Zelte nach UNHCR-Standards aufgestellt, pro Standort bieten sie maximal 96 Flüchtlinge Platz finden. Am morgigen Montag könnten aber wieder Flüchtlinge in die Zeltlager verlegt werden, teilte der Sprecher des Innenministeriums, Alexander Marakovits, mit. Er betonte jedoch, dass die Unterbringung in den Zeltlagern nur als letzte Möglichkeit in Anspruch genommen werde, wenn es keine anderen Optionen mehr gebe.

In das Quartier in Wien-Erdberg sollen zu den derzeit dort untergebrachten 64 Asylwerbern noch am heutigen Sonntag 104 hinzukommen. Mit der Stadt Wien ist eine Belegung mit bis zu 300 Personen vereinbart. Die Kapazität würde auch 600 Asylwerber möglich machen, dazu müsste jedoch eine neue Vereinbarung mit der Stadt Wien getroffen werden.

Auch auf europäischer Ebene ist die Flüchtlingsproblematik Thema – sie ruft nun auch die französischen Behörden auf den Plan. Paris hat die Kontrollen am italienisch-französischen Grenzübergang Ventimiglia verschärft, um die Einreise von Asylsuchenden nach Frankreich zu verhindern. Hunderte Migranten würden wöchentlich versuchen, über Ventimiglia nach Frankreich zu gelangen.

Die meisten Flüchtlinge versuchen, die Polizeikontrollen in Ventimiglia zu umgehen und mit dem Zug Frankreich zu erreichen, berichteten Medien in Italien. Allein in den letzten fünf Tagen seien 944 Flüchtlinge aufgehalten worden, die Nizza erreichen wollten. Der Präfekt von Nizza, Adolphe Colrat, gab zu, dass der Migrantenstrom stark zugenommen habe.

Zu Fuß über die Grenze

In der französischen Ortschaft Menton wurden seit Jahresbeginn zahlreiche Migranten angehalten und abgeschoben. Grundlage ist die sogenannte Dublin II-Verordnung, die vorsieht, dass jenes Land für die Asylanträge zuständig ist, in dem die Migranten als erstes europäischen Boden betreten.

Oft versuchen die Migranten auch zu Fuß die Grenze zu überqueren. Dutzende Afrikaner übernachten auf dem Strand oder auf dem Bahnhof Ventimiglias in der Hoffnung, jemanden zu finden, der sie mit dem Auto nach Frankreich mitnimmt, schrieb die Zeitung. Dafür seien sie bereit, über 200 Euro zu zahlen. Die ligurischen Behörden riefen die Regierung Renzi auf, Druck auf Frankreich auszuüben. "Die Franzosen können nicht so tun, als wären sie von der Flüchtlingsfrage nicht betroffen", sagten lokale Politiker.

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