Anzeigenflut durch neue Radarkästen
Vor genau einer Woche ist es passiert. Der Radarkasten im obersteirischen Dürnstein wurde unter Beschuss genommen. Projektile einer Pistole, Kaliber neun Millimeter, reichten, um das Gerät außer Gefecht zu setzen.
Davor knipste es Tausende Male. „Wir haben 5000 bis 8000 Anzeigen pro Woche gehabt, die auf dieses Gerät zurückzuführen sind“, schildert Friedrich Sperl von der Bezirkshauptmannschaft Murau. Nicht, weil es defekt gewesen wäre: Der Dürnsteiner Radarkasten gehörte zur neuen Generation es blitzte dank Lasertechnologie exakter und öfter, weil es in beide Richtungen funktionierte.
Bis 2020 sollen alle stationären Radargeräte so umgerüstet sein. In der Steiermark sei das laut Polizei bereits bei zwei Dritteln erledigt. Insgesamt gibt es rund 140 Radarboxen im Bundesland. Auch auf Autobahnen stehen solche Geräte, das macht dann die aktuelle Diskussion um Tempo 100 für passionierte Schnellfahrer so richtig aufregend. Denn es gibt bekanntlich bereits Autobahnteilstücke, auf denen ein reduziertes Tempolimit herrscht, etwa auf der A2 bei Mooskirchen.
So viel wie in Halbjahr
Auswertungen, wie rasant die Anzahl der ertappten Temposünder im Vergleich zu Bildern der alten Radarkästen in die Höhe fuhr, gibt es nur punktuell. Etwa für Dürnstein: Verkehrsreferent Sperl berichtet, dass es von Jänner bis Juni insgesamt weniger Anzeigen gab als allein im Juli ab da dürfte der mittlerweile zerstörte Radarkasten, damals neu adjustiert, scharf gewesen sein.
„Wir haben aber bei der Auswertung auch noch Rückstände. Einige Tausend Anzeigen sind noch gar nicht überprüft“, betont Sperl. „Es braucht ja Zeit, diese Bilder zu sichten.“ Sperl vergleicht auch mit der Anzahl der Dienstposten, um die Menge zu verdeutlichen: Üblicherweise hat er für sein Referat vier Vollzeitjobs angesichts der Anzeigenflut, die jetzt zu bewältigen ist, bräuchte er 15. Und das nur, weil eines der vier stationären Radargeräte im Bezirk neu war.
Daraus lässt sich schon ableiten, wie viel an Anzeigen künftig zu erwarten sind wird. Es sei denn, die Kfz-Lenker halten sich doch lieber an Tempolimits. Denn allzu viel Toleranz ist nicht mehr vorgesehen bei diesen Geräten: Die neue Generation der Messgeräte basiert nicht mehr auf Radar-, sondern auf Lasertechnologie.
„Das hat den Vorteil, dass sich die Geräte-Messtoleranz nach den Vorgaben des Eichamtes von fünf auf nur drei Prozent verringert“, beschreibt ein Beamter der Landesverkehrsabteilung in Niederösterreich. Durch die geringere Toleranz rechnet man, dass etwa zehn bis 15 Prozent mehr Temposünder geblitzt werden. Der wesentliche Vorteil der Geräte – natürlich aus Sicht der Polizei – liege aber anderswo: Die stationären Anlagen blitzen die Autos von hinten und vorne.
Nur von außen gleich
„Wir verdoppeln damit unseren Aktionsradius“, so die Polizei. Acht der neuen Geräte sind bisher in Niederösterreich in Verwendung, dreizehn sollen es bis zum Jahresende sein. Optisch unterscheidet sich die neue Technik nicht von den bisherigen Geräten. Es werden wechselweise dieselben stationären Radarboxen damit bestückt. Eingesetzt werden die Laseranlagen derzeit noch im „untergeordneten Straßennetz“ – also auf Freilandstraßen und im Ortsgebiet. Wer glaubt, dass die Radarstrafen eine Abzocke der Exekutive sind, der irrt. 80 Prozent des Bußgeldes streift der jeweilige Straßenerhalter ein, 20 Prozent gehen an den Bund.
In Wien ziert sich die Polizei noch, Erfahrungen mitzuteilen. Laut Gratiszeitung Heute sollen bereits vier neue Geräte aktiv sein. Dass allein dadurch mehr Anzeigen kämen, will Polizeisprecherin Irina Steiner so nicht bestätigen: „Das hat nichts mit den Geräten zu tun, sondern mit der gesetzlichen Toleranz von drei km/h. Eine Auswertung der Statistik wäre nicht seriös, da man hier im Fall eines Anstieges nicht darauf schließen könnte, dass es mit den Geräten zu tun hat.“
Zurück nach Dürnstein. Noch läuft die Suche nach dem Schützen. Naheliegend ist aber, dass es sich beim Täter um einen ertappten Tempobolzer handelt.
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