Millionenlöcher in dubiosen Golddepots

Millionenlöcher in dubiosen Golddepots
Tausende Sparer bangen um bis zu 60 Millionen Euro. Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft laufen Ermittlungen.

Überaus glänzende Geschäfte dürften für Tausende österreichische Kleinanleger mit einem finanziellen Desaster enden. "Wechseln Sie in die neue Dimension der Sparens" – mit diesem Slogan warb die Goldprofessionell-Gruppe mit Sitz in Salzburg und Headquarter in Zürich in den vergangenen sechs Jahren für ihren Ansparprodukt "relaXXbonusplan". "In der heutigen Situation ist es ratsam, einen Teil seines Vermögens in Edelmetalle, Gold und Silber, zu investieren. Ziel dieses "genialen Konzepts" sei es, "den Wert Ihres Besitzes gegen Währungsrisiken und inflationären Entwicklungen vorzusorgen und abzusichern", hieß es weiter. Im Verkaufsfoldern wurde ordentlich dick aufgetragen: "Diese Anlageform hat sich seit Jahrtausenden bewährt und viele andere Finanzinstrumente überlebt."

Laut Aktenlage verkauften die Goldzampanos Torsten K., ein Deutscher, und Mathias L., ein Steirer, vor allem einfachen Sparern scheinbar lukrative Investments in Gold- und Silber und das grammweise: Mit 30, 50 oder 100 Euro im Monat war man dabei. Die Laufzeit des dubiosen Ansparplans betrug sechs Jahre. Pro Monat gab es für die Kunden eine Bonusprämie von 9,5 Prozent auf jede Einzahlung. Auffällig ist: Die üblichen Lager-Gebühren oder andere Kosten wurden den Kunden nicht verrechnet.

Bombensicher

Dem Vernehmen nach sollen die mutmaßlichen Drahtzieher vorgegeben haben, Gold in größeren Mengen günstiger einkaufen zu können und so Gewinne zu erwirtschaften. "Meinen Mandanten wurde das Investment als bombensicher verkauft", sagt Anwalt Sven Thorstensen, der mehr als 200 geschädigte Anleger vertritt, zum KURIER. "Es wurde ihnen auch gesagt, dass das Gold nicht verschwinden kann und sie hätten jederzeit Zugriff auf das in Depots gelagerte Gold."

Im Fall von Goldprofessionell ist genau das Gegenteil der Fall. Tausende Kleinanleger aus Österreich, Deutschland, der Schweiz sowie aus mehreren Ländern des Balkans bangen um ihr Erspartes. "Wir haben unseren Kunden mitgeteilt, dass sie von einem Totalverlust ausgehen müssen", sagt ein heimischer Anlageberater, der rund 500 Kunden an Goldprofessionell vermittelte. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. "Ich gehe davon aus, dass der Gesamtschaden zumindest 60 bis 70 Millionen Euro beträgt", sagt Anwalt Thorstensen. "Meine Klienten haben zwischen 8000 und 20.000 Euro bei Goldprofessionell investiert."

Vögel ausgeflogen

Fakt ist: Das Büro in Salzburg ist verwaist, unter der Firmen-Telefonnummer läuft ein Tonband, mit der Mitteilung, dass die Zürcher Mutterfirma von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma in Konkurs geschickt wurde.

Das Geld ist offenbar futsch, die angeblich angekauften Gold- und Silberbarren waren nur Schall und Rauch. Torsten K. und Martin L. betrieben das Geschäft ohne eine nötige Schweizer Banklizenz. Fraglich ist, ob je in großem Stil Gold- oder Silberbarren angeschafft wurden. So fand die Schweizer Konkursverwalterin in zwei Depots in Zürich nur Silber- und Goldmünzen im Wert von 77.300 Euro. Auch bei einer Gesellschaft in Dubai sollen die Finanzjongleure ein Gold-Depot unterhalten haben. Doch der deutsche Anwalt Thomas Schulte stellte bei einem Lokalaugenschein im Februar 2015 fest, dass es sich dabei um eine Art Fata Morgana handelt. An der Adresse fand sich bloß "ein Mietbüro für virtuelle Dienstleistungen". "Einen Geschäftsbetrieb im klassischem Sinn hat es dort nie gegeben", stellte Schulte fest.

Privatkonkurs

Seit Mittwoch ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Fall Goldprofessionell. Laut Anwalt Julian Korisek, der mit einer Anzeige den Stein ins Rollen brachte, soll die Firma noch im Juni 2016 von österreichischen Kundenkonten Zahlungen auf das Salzburger Firmenkonto abgebucht haben – vier Monate nachdem die Finanzaufsicht Finma den beiden Firmenchefs jegliche Tätigkeit in der Schweiz untersagte und öffentlich vor der Salzburger Tochterfirma warnte.

Indes ließ sich das Gold-Duo noch im Herbst 2015 von einem Schweizer Anwalt und Notar bestätigen, "dass der Ist-Bestand an Edelmetallen, die im Besitz der Schweizer Goldprofessionell AG sind, mit dem Soll-Bestand übereinstimmt". Der Notar, der auch die Buchhaltung für Goldprofessionell führte, sagte zum KURIER, dass er den "Bestand" nur anhand der ihm vorgelegten Dokumente prüfte. Er war weder in den Depots in Zürich noch in Dubai.

Pikant ist aber auch, dass über den Goldprofessionell-Boss Mathias L. Ende Mai 2010 ein Privatkonkurs eröffnet wurde. Das Verfahren wurde zwar im Herbst 2011 aufgehoben. Laut Aktenlage erfolgte die letzte Ratenzahlung erst am 11. August 2016. Er zahlte seinen Gläubigern nur 6,5 Prozent Quote.

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