Angriffe auf Asylheime nehmen zu

In Payerbach, NÖ, wurden im Oktober Flüchtlinge beim Bahnhof mit Pfefferspray attackiert.
16 Fälle sind dokumentiert. Speziell während des Wahlkampfes häuften sich Übergriffe.

Eine Gruppe afghanischer Asylwerber und ein Pfarrgemeinderat, der gerade mit ihnen unterwegs war, wurden im Oktober in Payerbach, NÖ, auf offener Straße von einem Mann mit Pfefferspray attackiert.

Der Vorfall zählt zu einer Reihe von Anschlägen auf Flüchtlinge und Einrichtungen mit Asyl-Bezug in diesem Jahr. 16 sind es insgesamt, nur neun davon wurden publik.

Das ergab eine parlamentarische Anfrage des Grünen Albert Steinhauser an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. "Ich war selber überrascht, dass es fast doppelt so viele waren als bekannt", sagt der Abgeordnete. Da stelle sich die Frage, warum diese Vorfälle von der Polizei nicht berichtet wurden.

Unbekannte Fälle

Über zwei Anschläge mit Böllern – im Juli in Traiskirchen (NÖ) sowie im August in Großkirchheim (Kärnten) – wurde berichtet, über zwei weitere nicht. Nämlich jene im April in Mitterdorf (Steiermark) und im September Strassburg (Kärnten).

Angriffe auf Asylheime nehmen zu
Brand in Flüchtlingsunterkunft, Asylwerberunterkunft, Wels, OÖ
Vier Fälle von gezielten Brandstiftungen bei Flüchtlingsquartieren waren in den Medien: Im Mai brannte es in der ehemaligen Frauenklinik in Wels, im Juni am Messegelände in Dornbirn, in Seekirchen und in Wörgl (jeweils im August). Im Juli wurden vor der Arena Nova eine Gruppe Flüchtlinge aus dem Auto mit Softguns beschossen. Vier Verdächtige im Alter zwischen 18 und 20 Jahren wurden ausgeforscht: Sie gaben bei der Polizei an, wahllos geschossen zu haben. Ein rassistischer Hintergrund bestätigte sich nicht.

Die meisten Anschläge passierten in den Sommermonaten. Da explodierte auch die Anzahl an Hasspostings im Internet. In Deutschland wurde der "Hass-Sommer" sogar zum geflügelten Wort. "So schlimm wie in Deutschland ist es hier noch nicht, aber man merkt, dass die Polarisierung zunimmt und die rechtsextreme Szene aktiv wird", sagt Steinhauser.

Einen weiteren Zusammenhang sieht Uwe Sailer, Linzer Kriminalpolizist und Datenforensiker: Sommerzeit war Wahlkampfzeit in Wien und OÖ.

Postings schüren Hass

"Der Wahlkampf der FPÖ hat einen enormen Anstieg an Hasspostings gebracht. Die Message ist: Wir sind das Volk, und die anderen müssen weg." Die "atmosphärische Grundlage" werde von oberster Stelle bereitet: So brauche Parteiobmann Heinz-Christian Strache nur einen Medienbericht über einen Kriminalfall mit Migrantenbezug posten und schon würden sich seine Anhänger in den sozialen Netzwerken die Finger wundtippen. Gerüchte würden im Internet oft unreflektiert verbreitet.

Nach der Amokfahrt in Graz – zu der Strache fälschlicherweise spekulierte, es sei ein "islamistischer Anschlag" gewesen – sei die Zahl der Hasspostings laut Sailer geradezu explodiert. Tatsächlich ist der Hauptverdächtige ein Christ.

"Die Aggressionen gegen Flüchtlinge werden durch solche Postings befeuert. Die Leute bestärken sich gegenseitig in ihrem Hass", erklärt Sailer. Die Hemmschwelle, das in die Tat umzusetzen, sei zum Glück noch hoch. Wie sich die Terroranschläge in Paris auswirken, ließe sich noch nicht abschätzen. Das Internet gehe vor Hasstiraden über. In Spanien brannte noch in der gleichen Nacht eine Moschee – vermutet wird ein Racheakt.

Im Innenministerium heißt es, dass Asylunterkünfte "generell beobachtet werden. Bei konkreten Hinweisen werden entsprechende Maßnahmen ergriffen".

Bei einem Einbruch in ein Asylberatungszentrum in Wien-Hernals stellte sich übrigens heraus, dass er doch nicht rassistisch motiviert war. Der oder die unbekannten Täter schmierten "Komt ihr zu uns, komen wir zu euch" (sic!) an die Wand – gemeint war aber ein verhasster Fußballverein.

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