Gewaltschutz muss auf vielen Säulen begründet werden, sind sich Politiker, Frauen- und Männerorganisationen einig. Die Regierung hat im Vorjahr ein 25-Millionen-Euro-Gewaltschutzpaket geschnürt – Hauptaugenmerk wird dabei auf die Vorbeugung gelegt. Einer der Punkte: eine sechsstündige Gewaltpräventionsberatung, die Gefährder (und auch der kleine Anteil an Gefährderinnen) nach Aussprache eines Betretungs- und Annäherungsverbotes in Anspruch nehmen müssen, finanziert vom Innenministerium.
Rund 4.500 Betretungsverbote wurden bis zum 30. April heuer ausgesprochen, in 51 Fällen wurde eine sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz eingeleitet, weil ein besonders hohes Gefährdungspotenzial erkannt worden war. „Gewalt in der Familie ist männlich dominiert“, lässt Alexander Grohs, Leiter des Vereins Neustart für Niederösterreich und Burgenland, keinen Zweifel daran, von wem die Gefahr in über 90 Prozent der Fälle ausgeht. Das ist schon das einzige gemeinsame Merkmal: „Gewalt in der Familie geht durch alle soziale Schichten, Pflichtschüler und Akademiker, Österreicher und Migranten, reich und arm.“
Wobei es eine Gemeinsamkeit gibt, so Grohs: „Die Gewalt fängt meist im Kleinen an und dauert oft über Wochen, Monate und Jahre an.“ Das Fenster, das dem Verein zur Verfügung steht, ist klein. Nach einem Betretungsverbot müssen die Betroffenen binnen fünf Tagen einen Termin vereinbaren.
„Wir versuchen, in ein bis zwei Tagen einen Termin zu vereinbaren, weil Gewaltbeziehungen, etwa wenn Kinder da sind, oft auch nach einem Betretungsverbot weitergeführt werden“, betont Grohs: „Wir versuchen, diese Menschen dazu zu bringen, ihr Verhalten ändern zu wollen.“ Oft sei kein Bewusstsein vorhanden, dass auch psychische Gewalt, etwa in Form einer Drohung, bereits eine Gewaltanwendung darstelle. Schon kleine Grenzüberschreitungen wie Abwertungen, den Partner kleinmachen bis hin zur ersten physischen Gewaltanwendung seien Alarmzeichen.
Dabei spiele auch die Gesellschaft eine wichtige Rolle: „Wichtig ist, dass wir hinschauen und nicht augenzwinkernd drüber hinwegschauen. Gewalt gegen Frauen darf nie bagatellisiert werden“, so Grohs. Sein Appell: Wer sich bedroht fühlt, wer Gewalt erleidet, solle sich so rasch wie möglich professionelle Hilfe bei Helplines, Frauenhäusern oder Gewaltschutzzentren holen. Auch anonym, dafür sicher. Hilfe suchen geht übrigens auch für Männer, die Gefahr laufen, gewalttätig zu werden – in Beratungszentren, bevor es zur Eskalation kommt.
Hilfe für Gefährder & Frauen
Hotline der Männerinfo unter 0800 400 777 für Männer, die aus der Gewaltspirale wollen, weitere Informationen gibt es unter www.maennerinfo.at
Frauen bekommen bei der Frauenhelpline unter 0800 222 555 sofortige Hilfe, weitere Infos unter http://www.frauenhelpline.at.
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