„Aliens“ übernehmen Lebensraum Donau

„Aliens“ übernehmen Lebensraum Donau
Aggressive Grundeln aus der Schwarzmeer-Region vermehren sich explosionsartig.

Mit einer bösen Überraschung endete kürzlich das traditionelle Saison-Anfischen der Petrijünger von Grunddorf im niederösterreichischen Bezirk Krems: Statt der erwarteten Forellen, Äschen oder Barben fingen die mehr als 20 Angler beinahe 100 sogenannte „Schwarzmeergrundeln“ – und nur einen einheimischen Fisch. Das war ein Aitel, aus dem Kampfluss.

Dieses Fangergebnis zeigt, was sich nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren in der Donau und in ihren Nebenarmen abspielt: eingeschleppte „Aliens“ haben in einigen Bereichen das Gewässer „übernommen“ – zum Nachteil heimischer Arten. Sie fressen deren Laich und Jungtiere. Und niemand weiß, wie man dagegen ankämpfen kann. Auch, weil es fast keine Forschung dazu gibt.

Dominant

„Schwarzmaulgrundeln sind in einigen Bereichen der Donau bereits die Hauptfischart“, berichtet etwa Wolfgang Hauer, Fischmeister beim Bundesamt für Wasserwirtschaft.

Diese Grundeln – sie vertragen sowohl Salz- als auch Süßwasser – stammen ursprünglich aus dem Kaspischen und dem Schwarzen Meer. Ihren Weg in die Donau fanden die Tiere wahrscheinlich, indem Laich oder Larven an Schiffsrümpfen mitgereist sind. Inzwischen haben sie die Donau-Nebenflüsse und über den Rhein-Main-Kanal auch deutsche Gewässer erreicht.

Die Schwarzmaulgrundel ist laut Fischökologe Michael Jung derzeit dominant, sie hat sich gegen Kesselgrundel und Marmorgrundel durchgesetzt, die davor ebenfalls eingeschleppt wurden. „Wir haben in der österreichischen Donau eine sehr dramatische Entwicklung“, betont Jung.

Manuel Hinterhofer, Geschäftsführer des österreichischen Fischereiverbandes, schwankt zwischen Optimismus und Pessimismus: „Heimische Fische sind sehr anpassungsfähig. Aber grundsätzlich geht die Zuwanderung dieser sehr aggressiven Arten auf ihre Kosten. Ich sehe keine Chance, das jemals rückgängig zu machen.“

„Es sind die Steinwürfe am Donauufer, die den Grundeln, die Höhlenbrüter sind, so gute Lebensbedingungen geben“, sagt Fischmeister Hauer. Gleichzeitig besitzen die Grundeln zur Saugplatte ausgebildete Vorderflossen, mit denen sie sich in starker Strömung gut festhalten können. Ein Vorteil gegenüber heimischen Arten. Die bräuchten eher sandige, flache Uferbereiche. Diese wurden aber in vergangenen Jahrzehnten für Flussbegradigungen abgetragen. Die entstehen erst langsam wieder durch Renaturierungsmaßnahmen. Dazu gehören aber auch Fischaufstiege, die den Weg auch für invasive Arten frei machen.

Temperatur

Außerdem wurde in österreichischen Gewässern ein Anstieg der Temperatur festgestellt – es verschieben sich hier die Lebensräume. Zwischen 0,4 bis 1,6 Grad waren es innerhalb von 25 Jahren. Inzwischen gibt es so viele der wärmeliebenden Grundeln, dass heimischen Raubfische wie Zander und Aalrutte sie – vielleicht aus Mangel an anderen Fischen – zur Hauptbeute gemacht haben.

„Manche Kollegen prophezeien schon das Ende der Sportfischerei“, sagt Revieraufseher Ferdinand Hauer aus Grunddorf. Denn klassische Anglerfische würden verschwinden. Und er erinnert sich an seine Kindheit, als das Wasser wie in Alaska vor Fischen brodelte, die zum Laichen den Kamp hochzogen.

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