Alarmstufe Rot in Graz: Die Luft ist so schlecht wie lange nicht mehr

Viele Radler trotzen derzeit Kälte und Feinstaub
Die Grenzwerte wurden heuer schon 14-mal überschritten - um bis zu 300 Prozent.

Graz hält den Spitzenplatz unter den Gemeinden mit der größte Feinstaubbelastung auch im neuen Jahr. Bis Dienstag waren die Grenzwerte bereits 14-mal überschritten, gestern zum Beispiel je nach Messstation um 280 bis 298 Prozent. Die EU erlaubt pro Jahr allerdings bloß 35 Überschreitungstage, das nationale Immissionsschutzgesetz nur 25.

Für die nächsten Tage ist laut Umweltabteilung des Landes keinerlei Besserung zu erwarten, Zweitheizungen wie etwa Kachelöfen dürfen deshalb nicht mehr in betrieb genommen werden. Doch das hat nur wenig Auswirkung, die Hauptverursacher sind in Graz der Kfz-Verkehr (45 Prozent), gefolgt vom Hausbrand, also Heizungen jeder Art (30 Prozent).

Nicht mit dem Auto

Welche Idee haben nun die wahlkämpfenden Spitzenkandidaten, um diese Situation zu verbessern? Der KURIER fragte nach, doch das Ergebnis ist eher ernüchternd. So haben einzig die Grünen radikalere Pläne: Einen autofreien Tag pro Woche würde Spitzenkandidaten Tina Wirnsberger den Grazern verordnen, allerdings nur zwischen Oktober und März. Das würde bis zu zehn Prozent der Schadstoffe einsparen oder anders ausgedrückt: Es gäbe fünf bis sechs Feinstaub-Tage weniger. Damit mehr Leute auf das Fahrrad aufsteigen, soll es "Rad-Highways" geben.

Ähnliche autofreie Tage kann sich auch KPÖ-Chefin Elke Kahr vorstellen. Sie sollen aber frei wählbar sein. Zusätzlich setzt die Vizebürgermeisterin auf kostenlose öffentliche Verkehrsmittel an Tagen mit ausgewiesener Feinstaubbelastung sowie den Ausbau der Fernwärme.

Von Fahrverboten halten die Vertreter von ÖVP, SPÖ und FPÖ wenig. Bürgermeister Siegfried Nagl baut auf Fernwärmeanschlüsse und Fotovoltaikanlagen sowie Elektromobilität. Die für Grazer verbilligte Jahreskarte für Öffis habe sich bewährt, außerdem soll die Busflotte der Graz Linien auf elektrischen Betrieb umgestellt werden.

Auf Schiene bringen

Apropos elektrisch: SPÖ-Stadtrat Michael Ehmann bringt den Straßenbau-Bau ins Spiel, so sollte die Universität Graz an das Netz angeschlossen werden, ebenso die Reininghausgründe im Westen. Auch die Innenstadt brauche eine Entflechtung. Außerdem fordert Ehmann Kurzstrecken-Tarife.

FPÖ-Chef Mario Eustacchio ist deutlich: "Was ein Verkehrsstadtrat zur Feinstaubreduktion beitragen kann, ist Folgendes keine City-Maut, keine Fahrverbote." Es brauche stattdessen mehr Park-&-Ride-Plätze, Taktverdichtungen sowie moderne Busse und Straßenbahnen. "Nur wenn das Angebot der Öffis stimmt, brauchen die Menschen weniger Pkw", glaubt Eustacchio.

Der laue Grazer Wahlkampf bekommt zwölf Tage vor dem Wahltag etwas Würze: Die SPÖ schließt Michael Grossmann aus der Partei aus - der 50-Jährige war 2011 bis 2013 Kulturstadtrat, danach Obmann des SPÖ-Klubs im Gemeinderat und Vizeparteichef.

Landesparteiobmann Michel Schickhofer reagierte auf Grossmanns Auftritt an der Seite Siegfried Nagls am Dienstag. Bei dem Termin ging es um die Kulturpolitik der Stadt: Der Rote ließ wissen, durchaus für den schwarzen Stadtchef als Kulturreferent tätig sein zu wollen - als "unabhängiger Unterstützer".

Die Antwort der SPÖ kam binnen einer Stunde. "Für mich ist dieses Verhalten inakzeptabel", ärgert sich SPÖ-Graz-Chef Michael Ehmann. SPÖ-Vizelandeshauptmann Schickhofer betonte, der Parteiausschluss erfolge mit sofortiger Wirkung. "Wem Posten wichtiger sind als Grundwerte, hat in der SPÖ keinen Platz."

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