Der staatliche Eisenbahnkonzern ÖBB bewegt jedes Jahr nicht nur zig Millionen Fahrgäste, sondern auch Hunderte Millionen an Euro für Infrastrukturvorhaben. In Tirol wurden im Vorjahr rund 600 Millionen Euro investiert. Entsprechend lukrativ können Aufträge für Bauunternehmen sein, die bei Ausschreibungen den Zuschlag bekommen.
In Tirol soll nun ein Mitarbeiter der ÖBB Infrastruktur AG bei Vergaben getrickst und dafür Gefälligkeiten angenommen haben. „Wir haben über unsere internen Warnsysteme einen Verdacht gegen einen unserer Mitarbeiter erhalten und unmittelbar interne Untersuchungen eingeleitet“, bestätigt ÖBB-Sprecher Christoph Gasser-Mair.
Auto von Baufirma
Laut KURIER-Informationen soll der Mann, der für die Abwicklung von Bauvorhaben von Anfang bis Ende zuständig war, nicht nur Wein-Geschenke angenommen, sondern etwa auch vergünstigt Baustoffe erhalten und sich gar ein Auto einer Tiefbaufirma zur privaten Verwendung stellen lassen haben.
„Die Causa wurde vom Compliance Office des ÖBB-Konzerns bei den Behörden angezeigt“, sagt Gasser-Mair. „Wir führen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit“, sagt Hansjörg Mayr, Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck zu der Causa.
Im Visier ist aber nicht nur der Mitarbeiter der ÖBB, sondern auch der Mitarbeiter eines Bauunternehmens: „Es gibt noch einen weiteren Beschuldigten.“ Gegen ihn wird wegen Bestechung ermittelt. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.
Vermutet wird offenbar, dass der ÖBB-Techniker seine Position genutzt hat, um dem Mitarbeiter der Baufirma Informationen über Angebote der Konkurrenz gegeben zu haben, damit dieser sein eigenes Angebot entsprechend niedrig ansetzen konnte. Bei den ÖBB kann man das nicht bestätigen. „Zu laufenden Ermittlungen können wir keine Angaben machen“, so Gasser-Mair.
Er stellt aber klar: „Der ÖBB-Konzern ist sich seiner Verantwortung bewusst und duldet keine Form von rechtswidrigem Verhalten. Der betroffene Mitarbeiter wurde suspendiert.“
Hinweisgeber
Die Causa ist Ende vergangenen Jahres aufgeflogen. Die Malversationen dürften bereits über einen längeren Zeitraum gegangen sein - laut Staatsanwaltschaft von Sommer 2019 bis Frühjahr 2022 - und auch nicht nur eine, sondern mehrere Baustellen betroffen haben. In Summe gehe es um eine Auftragssumme von rund zwei Millionen Euro.
Dem ÖBB-Bediensteten dürfte ein Hinweis zum Verhängnis geworden, der bei der Antikorruptionsstelle des Bahnunternehmens eingegangen ist. Dort können Informationen elektronisch – und auch anonym – abgegeben werden. In der internen Nachschau hat sich der Verdacht rasch erhärtet.
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