So viel Risiko und das im Staatsdienst. Wieso macht man das?
Weil es der tollste Job ist, den ich mir vorstellen kann. Es gehört natürlich eine große Portion Idealismus und auch Mut dazu. Aber den ganten Tag in einem Büro sitzen, das ist nicht meines. Ich habe das Knistern geliebt, ich brauchte die Action.
1983 sind sie zur Polizei gekommen. Kann man das mit der heutigen Zeit vergleichen?
Gar nicht. Ich habe im Wachzimmer Patrubangasse begonnen. Damals war Favoriten auch schon ein heißes Pflaster, aber anders als heute. Der Umgang mit der Polizei war viel respektvoller. Wenn wir gekommen sind, war Ruhe. Teile der Bevölkerung sind heute weit aggressiver, früher war die Problematik mit den verschiedenen Ethnien nicht so groß wie jetzt.
Ist das auch ein Grund, weshalb die Polizei nur schwer Personal findet?
Ja, mit Sicherheit. Ich hatte als junger Streifenpolizist keine fünf Amtshandlungen, bei denen ich zur Dienstpistole greifen musste. Die Brisanz der Einsätze hat deutlich zugenommen.
Es ging aber auch früher zur Sache, wenn man an den 14. Juni 1993 denkt, oder?
Das war mein erster großer Einsatz bei der WEGA. Der berüchtigte Herr Sedlacek hat nach einem Bankraub einen Polizisten erschossen und sich im Kindermodengeschäft Mary mit Geiseln, darunter auch ein Kind, verschanzt. Oberst Friedrich Maringer hatte den Täter als Chefverhandler soweit, dass er die Geiseln frei ließ. Ich habe sie am Eingang übernommen und in eine Wohnung gebracht. Als ich zurück auf die Straße bin, ist ein Sperrfeuer losgegangen. Neben mir sind die Projektile nur so eingeschlagen.
Haben alle überlebt?
Oberst Maringer mit viel Glück. Sedlacek hat mit einer 357er auf sein Herz geschossen. Das Projektil ist im Handy in der Brusttasche stecken geblieben. Durch den Treffer ist er niedergegangen, worauf das Dauerfeuer losging. Ich bin als junger Oberleutnant voran mit einem Team hinein. Sedlacek haben wir tot gefunden, selbst gerichtet. Keiner unserer 1.700 Schüsse hat getroffen.
Hat man daraus Lehren gezogen?
Natürlich. Wir waren taktisch auf so etwas nicht eingestellt. Es sind dann die ersten ministeriellen Erlässe über das Vorgehen bei solchen Sonderlagen gekommen. Wir haben unsere Ausbildung umgestellt und die Ausrüstung angepasst.
Der Amoklauf des Wilderers 2013 in Annaberg hat auch gefährliche Schwächen bei der Ausrüstung aufgezeigt. Wie ist es ihnen damit als Einsatzleiter gegangen?
Wir sind mit unserem gepanzerten Wagen auf das Haus des Attentäters zugefahren, als er auf Kopfhöhe fast die Scheibe des Autos durchschossen hat. Ich habe dann die Panzer des Bundesheeres aus Melk angefordert, erstmalig in der 2. Republik. Zuerst dachte ich, das werden sie mir mit Sicherheit ablehnen. Aber nach 20 Minuten gab es ein Okay.
Würde man heute etwas anders machen. Ist die Ausrüstung besser geworden?
Von der Taktik her sicher nicht. Wir haben heute einen anderen technischen Stand mit Drohnen und anderen Aufklärungsmöglichkeiten. Aufgrund von Annaberg und den Terroranschlägen in Paris und Belgien ist einiges auf dem Sektor weitergegangen. Wir sind auf Augenhöhe mit allen internationalen Spezialeinheiten, teilweise auch besser ausgerüstet.
Hat das auch beim Terroranschlag in Wien gegolten?
Natürlich. Ganz Europa musste sich gegen den Terror rüsten. Beim Anschlag waren wir bereits sehr gut aufgestellt. Nach neun Minuten eine Amok- und Terrorlage zu beenden und den Attentäter auszuschalten, ist sensationell. Das System, aus dem Streifendienst heraus Spezialeinheiten zur Verfügung zu haben, hat sich bewährt.
Ist so ein Anschlag in Österreich wieder zu befürchten?
Auch wenn man nicht sehr viel davon wahrnimmt, der Terrorismus schläft nie. Es wird immer terroristische Zellen geben. Wir müssen uns überlegen, welche Art von Terrorismus uns noch treffen kann. Wir haben uns gegen den terroristischen Einsatz von Kampfstoffen schon vorbereitet. Drohnen sind immer eine Gefahr. Mit kleinsten Geräten kann schon ein enormer Schaden aus der Luft angerichtet werden. Technik und Robotik werden auch für Terrorzwecke eine große Rolle spielen.
Kommentare