96-jähriger Fahrlehrer gibt Gas

Voller Elan im Auto: Ladislaus Dubovszky
Ladislaus Dubovszky unterrichtet seit 1955 und hat noch immer Schüler. Seine Fahrschule bietet Extra-Service für ältere Lenker.

„Es war ja jetzt Ostern. Das ist Reifenwechselzeit. Wissen Sie, wie man das macht?“, fragt der Fahrlehrer seine Schülerin – und nimmt ihr aber die Antwort ab. „Mit einem Kreuzschlüssel und viel Kraft. Oder mit einem kräftigen Freund.“

Schülerin Lena, 19, lacht, Lehrer Ladislaus Dubovszky ebenfalls. Dann geht er zum Wagen . „So, bitte einsteigen.“ Dubovszky ist ein galanter Herr und ein Ausbilder alter Schule: Mit 96 Jahren ist er Österreichs ältester Fahrlehrer. Und er ist noch immer aktiv im Einsatz, auf ausdrücklichen Wunsch von Kunden. „Und wenn mich meine Tochter braucht. Für die schwierigen Fälle“, schmunzelt er. „Es gibt ja Leute, die sich fürchten, wenn jemand zu schnell fährt. Da bin ich dann der Richtige.“

Der Traumberuf

96-jähriger Fahrlehrer gibt Gas

Ladislaus Dubovszky mit Tochter Brigitte

Seit 1955 ist Dubovszky Fahrlehrer, 1973 eröffnete er seine eigene Fahrschule in Graz und baute den damals ersten Übungsplatz Österreichs. „Es ist ein Traumberuf geworden. Sonst hätte ich das ja nicht so lange gemacht. Der Kontakt zu Menschen, reden, erklären, das macht mir Freude.“ Freude bereitet dem 96-Jährigen nicht nur das Lehren, sondern auch das Autofahren. Von Graz an die ungarische Grenze „fahr ich in der Früh hin und am Abend zurück. Für mich ist das kein Problem, aber meine Tochter macht sich Sorgen“, schildert Dubovszky.

Tochter Brigitte hat die Fahrschule ihres Vaters übernommen und sich etwas für ältere Lenker einfallen lassen: Sie bietet gemeinsam mit dem „SeniorInnen-Büro“ der Stadt Graz kostenlose, mehrstündige Auffrischungskurse an.

„Wir wollen den Senioren die Angst nehmen“, begründet die Grazerin. „Oft reichen ein paar Tipps, ein paar Perfektionsstunden, damit man sich wieder sicher fühlt.“ Das Potenzial könnte groß sein, schätzt der zuständige Stadtrat Kurt Hohensinner, ÖVP: 62.518 in Graz gemeldete Menschen sind älter als 60 Jahre. Österreichweit sind Schätzungen zufolge 15 Prozent aller Verkehrsteilnehmer älter als 65 Jahre.

Ladislaus Dubovszky hat nie nachgerechnet, wie viele Schüler er in seiner Laufbahn ausgebildet hat. „40.000, 50.000 Schüler werden es gewesen sein. So über den Daumen gerechnet.“

Sein erstes eigenes Auto, einen Opel Olympia, kaufte er sich relativ spät, 1962, da war er bereits 40 Jahre alt. Die modernen Pkw voller technischer oder elektronischer Hilfsmittel betrachtet der Fahrlehrer interessiert, wenn auch mit Skepsis. Den Besitzern fehle nämlich immer mehr die Kenntnis über die eigentliche Funktionsweise dahinter. „Ein Autofahrer muss immer wissen, ein Auto ist ein Instrument. Er sollte wissen, wie in einem Wagen etwas funktioniert. Wie funktionieren die Bremsen, wie die Kraftübertragung? Aber heute muss man ja immer weniger technische Details lernen.“ In seiner Fahrschule steht noch ein Modell, einst gekauft um 20.000 Schilling, um Schülern einen Motor in Einzelteilen näherzubringen.

Ein feines Gespür

Zurück zum Übungsplatz. Die 19-jährige Lena ist eine Ausnahmeschülerin, üblicherweise sind die Schüler des 96-Jährigen doch etwas älter. „Um die 80“, schmunzelt Ladislaus. „Der Vati hat Schülerinnen, die ohne ihn an der Seite gar nicht ins Auto steigen wollen“, beschreibt Brigitte, die Tochter. Lena dreht Runden auf dem Platz, mal langsamer, mal schneller. Charmant, aber bestimmt treibt der Seniorchef seine Schützlinge an. „Ich habe immer zu meinen Schülern gesagt, wenn sie nicht Gas geben, dann tue ich das. Aber ich habe ein feines Gespür dafür, was geht und was nicht.“

Bleibt eines noch zu erfahren vom Lehrer mit 63 Jahren Berufserfahrung: Wer sind denn nun die besseren Autofahrer, Frauen oder Männer? „Das ist eine sehr komplizierte Frage“, antwortet Dubovszky.

Kommentare