9,1 Millionen Menschen in Österreich: Was hinter dem Wachstum steckt

Gleich zwei Rekorde galt es vergangene Woche zu vermelden: „Wir“ sind erstmals 9,1 Millionen. „Wir“ sind in dem Fall alle Menschen, die mit Stichtag 1. Jänner in Österreich lebten. Der zweite Rekord: Von 2022 auf 2023 gab es einen Zuwachs von 1,4 Prozent. Das ist der höchste Wert in einem einzelnen Jahr der Nachkriegszeit. Der KURIER sprach mit Alexander Wisbauer von der Statistik Austria, was hinter diesen Zahlen steckt.
„Betrachtet man Österreich in seinen heutigen Grenzen, sind die 9,1 Millionen ein Rekordwert“, bestätigt der Statistiker. Die Neun-Millionen-Marke wurde übrigens bereits Mitte März 2022 geknackt. Ebenso bemerkenswert ist der Zuwachs von 1,4 Prozent: Das heißt, dass am 1. Jänner 2023 um 127.197 mehr Menschen in Österreich lebten als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr.
Ein Blick zurück
Freilich gab es immer wieder Phasen, in denen die Einwohnerzahl stark stieg: Im Zeitraum von 1890 bis 1910 etwa um 1,2 Millionen. „Im Schnitt wäre das ein jährliches Wachstum von 1,1 Prozent – wobei wir das nicht auf einzelne Jahre herunterbrechen können“, erklärt Wisbauer. Damals seien diese Daten nämlich nur alle zehn Jahre erhoben worden.
Auch Anfang der 2000er-Jahre gab es ein deutliches Plus: In den 20 Jahren von 2003 bis 2023 ist Österreichs Bevölkerung um eine Million gewachsen. (Von 1890 bis 1910 waren es mit 1,2 Millionen aber rund ein Fünftel mehr.) „Die aktuellen 1,4 Prozent sind jedenfalls der höchste Wert der Nachkriegszeit“, konstatiert Wisbauer.

Innerhalb Österreichs gab es in den Bundesländern unterschiedlich starken Zuwachs (siehe Grafik). Hier lassen die Daten des Melderegisters nicht wirklich Rückschlüsse auf die Gründe des Anstiegs zu. Mit einem Plus von 2,6 Prozent sticht freilich Wien hervor: „Eine Stadt ist erfahrungsgemäß zum Beispiel immer eine Anlaufstelle für Jüngere, die studieren möchten. Gerade bei den 18- bis 26-Jährigen gibt es einen hohen Zuzug aus den Bundesländern nach Wien“, erklärt Wisbauer.
Aber was ist nun der Grund für den so starken Zuwachs in ganz Österreich?
Vor allem ist es der Krieg: 66.899 Menschen kamen 2022 aus der Ukraine nach Österreich. Damit gab es bei den Ukrainern den stärksten Zuwachs aller ausländischer Nationalitäten. Mittlerweile stellen sie die neuntgrößte Gruppe an Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Auf Platz eins liegen nach wie vor die Deutschen, gefolgt von Rumänen und Serben.
Jugoslawienkriege
Ähnliches konnte man in der Zeit der Jugoslawienkriege beobachten. „1992 kamen rund 50.000 Menschen aus dem zerfallenden Jugoslawien nach Österreich. Das war der höchste Wert in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre“, sagt Wisbauer. Die Zahl der Staatsangehörigen aus dem ehemaligen Jugoslawien nahm in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre um 150.000 Menschen zu.
Bei der Ukraine sei freilich noch unklar, wie sich die Lage entwickeln wird. „Anfangs kamen viele Menschen, dann hat sich das verlangsamt. Derzeit deutet nichts auf einen erneuten starken Anstieg hin.“
Ausländeranteil
Ebenfalls zeigt die Statistik, dass die Zahl ausländischer Staatsbürger steigt. Generell gab es seit den 1980er-Jahren nur einmal einen Rückgang des Ausländeranteils, nämlich von 1982 auf 1983.
Ein Grund für die aktuelle Situation ist freilich ebenfalls der Krieg, aber auch andere Faktoren spielen eine Rolle: Etwa, dass Kinder ausländischer Staatsbürger automatisch eine ausländische Staatsbürgerschaft erhalten. „Bei Verstorbenen handelt es sich wiederum meist um Österreicher im hohen Alter“, ergänzt Wisbauer.
Abwanderung ins Ausland
Dazu kommt die Abwanderung von Österreichern: Im Schnitt gehen pro Jahr um 5.000 mehr Österreicher ins Ausland, als aus dem Ausland zurückkommen. „Während Corona hat sich diese Zahl mehr als halbiert. Es könnte sein, dass es 2022 einen Nachholeffekt gab und etwas mehr Österreicher ins Ausland gingen.“ Daten dazu müsse man aber erst erheben.
Übrigens: „Selbst wenn wir einige Jahre keine Zuwanderung hätten“, sagt Wisbauer, „würde der Anteil ausländischer Staatsbürger steigen – eben wegen der Geburten.“
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