24-Stunden-Betreuung steht vor dem Kollaps
Gibt es nach Ostern keine Lösung für eine Art Pflegekorridor mit der Slowakei, Rumänien und Bulgarien, droht mit Monatsende der häusliche Pflege-Notstand. Viele 24-Stunden-Betreuerinnen (90 Prozent Frauen) sind statt der üblichen zwei bereits sechs Wochen oder länger bei ihren Klienten im Einsatz. Wegen der coronavirus-bedingten Grenzschließung warten sie vergeblich auf die Ablöse aus der Heimat.
In der Vorwoche griffen Wirtschaftskammer und Land Niederösterreich daher zur Selbsthilfe und ließen 250 Betreuerinnen aus Rumänien und Bulgarien einfliegen. Diese sitzen in einem Hotel am Flughafen in 14-tägiger Quarantäne, bevor sie zu Klienten dürfen. Ohne Bezahlung.
Unwürdig
Die gewerkschaftsnahe EPU-Initiative vidaflex hält es für „unwürdig, Frauen für zwei Wochen unbezahlt in Quarantäne einzusperren. Wir haben Steuergeld für Luftbrücken, damit das Einkommen der Pflege-Agenturen gesichert ist, aber für hart arbeitende Frauen haben wir kein Geld mehr?“, fragt vidaflex-Experte Christoph Lipinski.
Die WKO NÖ komme für Kost und Logis auf, es sei aber nicht deren Aufgabe, auch Honorare zu zahlen, sagt der Fachgruppen-Obmann für Personenbetreuung und Initiator Robert Pozdena. Würden die Frauen in ihrer Heimat bleiben, hätten sie derzeit auch kein Einkommen. Andere Pflege-Agenturen werfen Pozdena, der selbst eine Agentur hat, wiederum eigennütziges Handeln vor. Viele Vermittlungsagenturen seien von der geplanten Luftbrücke der WKO zu spät informiert worden. Alles sei transparent abgelaufenen, rechtfertigt sich Pozdena, der sich jedoch nur für Niederösterreich zuständig fühlt.
Rumänien sperrt ab
Zwei weitere Charter-Flüge mit Pflegekräften musste er inzwischen verschieben, weil Rumänien derzeit keine Pflegerinnen und Pfleger mehr ausreisen lässt. 24-Stunden-Betreuerinnen haben zwar oft keine eigene Pflegeausbildung, da für ihre Tätigkeit eine Ausbildung zur Heimhelferin genügt, sie dürften aber auch darunter fallen. Die Wirtschaftskammer hofft auch eigene Abkommen. Das Land Burgenland erwartet kommenden Dienstag einen „Pflege-Flieger“ aus Kroatien.
Statt überstürzter Einzelaktionen der Länder sollte es besser ein gemeinsames, koordiniertes Vorgehen in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium geben, ist in der Branche zu hören.
Schnelltests
Selbst wenn Grenzkorridore geöffnet werden, muss es rasch Corona-Schnelltests geben, denn die Aussicht auf eine vierwöchige Quarantäne – zwei Wochen bei der Einreise, zwei Wochen bei der Ausreise – schreckt viele von einer Rückkehr nach Österreich ab.
Um jenen, die schon hier sind, einen längeren Verbleib schmackhaft zu machen, einigten sich Bund und Länder zuletzt auf eine „Bleib-hier“-Prämie von 500 Euro. Viel zu wenig, heißt es bei der vidaflex, die zumindest 1.000 Euro gefordert hatte. Von der Prämie haben auch jene Kräfte nichts, die neu ankommen und sich 14 Tage in Quarantäne begeben müssen. Theoretisch könnten sie um Hilfe aus dem Härtefallfonds ansuchen, aber die WKO bietet derzeit die Formulare nur auf Deutsch an.
Suche nach Ersatz
Der Bund hat zwar 100 Millionen Euro bereitgestellt, um drohende Ausfälle bei den 24-Stunden-BetreuerInnen und pflegenden Angehörigen auszugleichen, ist bei der Umsetzung von Maßnahmen aber auf die Länder angewiesen. Dort wird fieberhaft nach Ersatz gesucht. Bei einfacheren Fällen springen Angehörige oder mobile Pflege-Dienste ein, bei höheren Pflegebedarf bleibt jedoch nur die Aufnahme in einem Pflegeheim. Dort will wegen der möglichen Ansteckungsgefahr derzeit aber niemand gerne Neuzugänge aufnehmen.
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