200 Tage Sitzstreik vor der UNO-City: „Sind Verstärker der Iraner“

200 Tage Sitzstreik vor der UNO-City: „Sind Verstärker der Iraner“
Ärzte, Lehrer, Studenten, Pensionisten: Exil-Iraner in Wien machen auf die Situation in ihrem Herkunftsland aufmerksam.

Eine dicke Mappe mit Listen liegt auf dem Tisch. Darin sind die Namen Tausender Menschen gesammelt, die seit der Islamischen Revolution 1979 im Iran exekutiert worden sind. Wer bei der Wiener U-Bahn-Station Kaisermühlen bei der UNO-City herauskommt, stößt unweigerlich auf den Sitzstreik gegen das iranische Mullah-Regime. Seit 200 Tagen wechseln sich Tag und Nacht Aktivisten ab, um ein Zeichen für mehr Menschenrechte im Iran zu setzen. Um Passanten aufzuklären. „Und vor allem, um uns solidarisch mit den Menschen im Iran zu zeigen“, sagt einer der Initiatoren, Dr. Hassan Nayeb-Hashem. Er ist Allgemeinmediziner in Wien und gehört zu jenen, die von Anfang an gegen das Mullah-Regime und seine Menschenrechtsverstöße gekämpft haben – zuerst vom Iran aus, dann wurde es zu gefährlich für ihn und seit fast 40 Jahren ist er von Wien aus aktiv.

„Ich bin vor 14 Jahren in einen Sitz- und Hungerstreik getreten, um eine Sondersitzung vom Menschenrechtsbeirat zu fordern – damals ohne Erfolg“, erzählt er. Umso mehr freut er sich über die Erfolge seit Beginn der aktuellen Revolutionsbewegung im vergangenen Herbst: Der Iran wurde etwa aus der Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen ausgeschlossen. Außerdem stimmte der UNO-Menschenrechtsrat für eine Resolution gegen den Iran und beschloss eine unabhängige Untersuchung.

Attacke von hinten

„Zu Beginn des Sitzstreiks sind Vertreter der Islamischen Republik noch hier vorbeigegangen. Jetzt nehmen sie einen anderen Weg“, erzählt die Aktivistin Narges Hashemi. Sie wurde sogar einmal angegriffen: „Ein Fahrradfahrer hat mir von hinten auf den Kopf geschlagen und mich auf Farsi (Landessprache im Iran) beschimpft. Ich war wie im Schock.“ Gewalttätige Angriffe auf streikende Exil-Iraner gab es etwa auch in Deutschland. Wer die Angreifer sind, bleibt stets unbekannt. Deshalb sind immer zumindest drei Aktivisten in dem Streik-Zelt, das mit Müh und Not Wind und Wetter standhält.

Ein Team aus bis zu 80 Aktivisten im Alter von 18 bis 81 Jahren wechselt sich beim Sitzstreik vor der UNO-City ab. Dazu gehören Ärzte, Lehrer, Pensionisten, Studenten, aber auch Verkäufer oder Kellner - "Wir wechseln uns ca. alle fünf Stunden ab und sind Tag und Nacht vor Ort."

Mit einem Megafon wird regelmäßig verkündet, was im Iran gerade passiert – etwa die neuerlichen Giftgas-Anschläge auf Schulen. „Wir sind der Verstärker der Geschehnisse im Iran“, sagen die Exil-Iraner. Besuch gab es inzwischen nicht nur von NGOs und von einigen österreichischen Abgeordneten. „Im Schutz der Dunkelheit haben sich auch schon Diplomaten solidarisch mit uns gezeigt.“

Wie lange kann dieser Sitzstreik noch andauern? „So lange die Menschen im Iran auf der Straße sind, bleiben auch wir hier.“

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