Schlechter ökologischer Zustand: 200 Millionen für den Gewässerschutz
Nicht einmal zwei Wochen ist es her, dass der WWF Alarm schlug. Gerade einmal 17 Prozent der heimischen Gewässer können frei fließen, weniger als 15 Prozent der Flüsse sind in einem sehr guten ökologischen Zustand und nur ein Prozent wird von intakten Auen begleitet.
Damit einhergehend sind bereits 60 Prozent der heimischen Fischarten in den Flüssen gefährdet, wie eine Studie der Universität für Bodenkultur im Auftrag der Umweltschützer ergab. Laut Angaben des Umweltministeriums gibt es durch Regulierung und Wasserkraftwerke im Schnitt alle 900 Meter ein für Fische unpassierbares Hindernis.
Doch nun soll die Situation verbessert werden. Mit 200 Millionen Euro will Österreich in den kommenden Jahren die Gewässerökologie im Land fördern. Das gaben Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Sonntag bekannt. Mit dem Paket sollen unter anderem die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie erfüllt werden.
Die im Jahr 2000 in Kraft getretene Richtlinie soll die Qualität der europäischen Gewässer sichern bzw. verbessern - und das bis spätestens 2027.
Wirtschaftlicher Impuls
Die ersten Förderungen sollen noch heuer bereitgestellt werden. Die Regierung erhofft sich durch die Investition auch einen Wirtschaftsimpuls vor allem in ländlichen Regionen. Die Subventionen sollen Investitionen in der Höhe von rund 540 Millionen Euro auslösen und etwa 8.500 Arbeitsplätze in ortsansässigen Planungsbüros und Baufirmen schaffen oder sichern.
Dass Gewässersanierungen sowohl der Umwelt als auch der Wirtschaft helfen, zeigt eine vom Umweltministerium beauftragte volkswirtschaftliche Studie aus dem Jahr 2017. Diese kam zum Ergebnis, dass jeder Förder-Euro für den ökologischen Gewässerschutz mehr als das Dreifache an Investitionen auslöst und tausende Arbeitsplätze schafft.
"Unsere Flüsse brauchen ausreichend Raum, Ufer naturnah und die Flussläufe möglichst frei von Hindernissen sein. Dafür sorgen wir mit diesen Investitionen von 200 Millionen Euro", sagte die für Wasserschutz zuständige Ministerin Köstinger.
Gewessler ergänzte: "Laut EU-Umweltagentur sind 60 Prozent der heimischen Gewässer sanierungsbedürftig! Es freut mich daher sehr, dass wir nun die dringend benötigte Finanzierung für den ökologischen Gewässerschutz bereitstellen."
WWF sieht ersten Schritt
Der WWF begrüßt die Initiative "angesichts der jahrelang ausgetrockneten Fördertöpfe ausdrücklich", verweist aber auch auf die dringende Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen.
"Österreichs Flüsse sind extrem stark verbaut und reguliert. Daher ist eine ökologische Sanierungsoffensive längst überfällig. Um den EU-rechtlich geforderten Standard zu erreichen, wird es allerdings noch ein Vielfaches der angekündigten Fördermittel brauchen“, sagt WWF-Expertin Bettina Urbanek.
Insbesondere Schutzgebiete und die letzten intakten Fließstrecken müssten frei von neuen Wasserkraftanlagen bleiben. Mit über 5.200 Wasserkraftwerken sei der Ausbaugrad extrem hoch, dennoch gebe es bereits Pläne für zahlreiche neue Anlagen. Und auch bei der Vergabe von Ökostrom-Subventionen müsse die Bundesregierung wirksame Naturschutzkriterien verankern.
Unterstützt wird die Position des WWF von einem Rechnungshof-Bericht aus dem vergangenen Jahr. Dieser stellte einen Gesamtinvestitionsbedarf von rund 2,7 Milliarden Euro fest, um den gemäß Wasserrahmenrichtlinie notwendigen guten Gewässerzustand zu erreichen.
"Überfällig"
Auch der Umweltdachverband freut sich über diesen "überfälligen" Schritt. "Seit Jänner 2018 liegen die entsprechenden Pläne in der Schublade, allein die Bereitstellung der erforderlichen Finanzmittel ist seither immer wieder verzögert worden. Der Umweltdachverband hat mehrfach auf diesen Missstand hingewiesen", betont Präsident Franz Maier.
Die Renaturierungsoffensive sei gerade jetzt "eine ganz wichtige naturverträgliche Konjunkturmaßnahme“, betont Maier. Wie der WWF fordert jedoch auch der Umweltdachverband die "Ökologisierung der so genannten Ökostromförderung für die Wasserkraft". Diese sei in der bisherigen Form als kontraproduktive Förderung einzustellen, "da sie den zentralen Treiber der Gewässerdegradierung darstellt“, fordert Maier.
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