100 Asylwerber auf 570 Bürger: Ortschef empört
Am Samstag sind 45 Asylwerber in das idyllische Dorf Landl in Thiersee (Bezirk Kufstein) gezogen. Der "Gasthof zur Post" im Zentrum – einst ein florierender Betrieb – wird für die kommenden drei Monate ihr Zuhause sein. Die Einheimischen sind sauer. Niemand habe sie gefragt, und wenn, hätten sie wohl Nein gesagt, erklärt ein Passant im Vorbeigehen.
Genau deshalb dürfte es das Innenministerium mit der Unterbringung wohl so eilig gehabt haben: Am Protest der Gemeinden ist schon so manches Projekt gescheitert. Vor einigen Wochen wurde angekündigt, hart durchzugreifen, wenn die Länder bei der Erfüllung der Asylquote weiterhin säumig sind. Das sei in Landl jetzt passiert, ärgert sich Bürgermeister Hannes Juffinger (ÖVP).
Bis zu 100 Plätze
Er sei erst am Tag zuvor über die Neuankömmlinge informiert worden. "Diese Vorgangsweise ist absolut inakzeptabel. Gerade bei so einem heiklen Thema erwarte ich mir etwas mehr Feingefühl vom Ministerium", sagt er. Die Landler hätten bereits Proteste angekündigt. Ausbaden muss das jetzt Juffinger. Er habe alle Hände voll zu tun, seine wütenden Bürger zu besänftigen. "Ich fühle mich im Stich gelassen. Das Land bemüht sich sonst sehr um die Bevölkerung und hilft bei Konflikten, aber der Bund fährt einfach drüber."
Die zuständige Landesrätin Christine Baur (Grüne), die gerade auf Urlaub ist, dürfte ebenfalls übergangen worden sein. "Vor zwei Wochen wurde uns von ihrem Amt noch versichert, dass der Gasthof in Landl nicht geeignet ist und wir keine Asylwerber bekommen", ist Juffinger fassungslos.
Es kommt noch dicker: Der Gasthof soll von 45 auf 100 Betten aufgestockt werden. Ein Antrag zur Betriebsstättenerweiterung liegt schon bei der Bezirkshauptmannschaft. Für die 570 Einwohner wären 100 Asylwerber unzumutbar, betont Juffinger und kündigt an, dagegen ein Veto einzulegen. Als Bürgermeister hat er Parteienstellung.
Alexander Marakovits, Sprecher des Innenministeriums, zeigt Verständnis für den Unmut in Landl, betont aber: "Die Situation ist dramatisch." Täglich würden etwa 80 neue Asylanträge gestellt. "Es ist unsere Pflicht, diese Menschen unterbringen. Wir prüfen derzeit viele private Quartiere, und wenn sie geeignet sind, geht es sehr schnell. Die Zeit, vorher lange mit den Gemeinden zu diskutieren, haben wir einfach nicht", sagt er. An dieser Strategie werde man festhalten, bis sich die Flüchtlingsströme normalisieren.
Flüchtlinge erwischt
Wie dramatisch die Lage ist, zeigt eine Polizeimeldung am Mittwoch: 45 syrische Flüchtlinge wurden aufgegriffen – darunter 18 Kinder. 24 Personen wurden Dienstagabend in einem aus Italien kommenden Zug entdeckt, 21 weitere Mittwochfrüh in einem Kleinbus in Nassereith (Bezirk Imst). Letztere wurden von einem Schlepper nach Österreich geschleust. Er wurde bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Die Flüchtlinge wurden alle bereits wieder nach Italien zurückgeschoben.
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