Züge in den Tod: ÖBB arbeitet dunkle Firmengeschichte auf

ÖBB Ausstellung "Verdrängte Jahre" im Wissensturm, Ausschwitz Zugtransporte KZ Hermann Göring
„Verdrängte Jahre“ zeigt, wie die ÖBB zu einem Teil der Tötungsmaschinerie der Nazis wurden.

In einem Viehwaggon, kaum größer als 30 Quadratmeter, sind 120 Menschen eingepfercht. Es gibt kaum Luft zum Atmen, kein Trinkwasser und schon gar keine Nahrung – und das bei einer Zugreise, die vier Tage dauert. So ähnlich muss es den Menschen gegangen sein, die in der NS-Zeit zu Tausenden mit Zügen der Deutschen Reichsbahnen – später ÖBB – in die Konzentrationslager gebracht worden sind. Dafür haben sie sogar Geld für Zugtickets bezahlt. Kinder unter vier Jahren fuhren übrigens gratis.

Züge in den Tod: ÖBB arbeitet dunkle Firmengeschichte auf
ÖBB Ausstellung "Verdrängte Jahre" im Wissensturm, Ausschwitz Zugtransporte KZ Hermann Göring
Mit der Ausstellung „Verdrängte Jahre – Bahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938 bis 1945“ dokumentieren die ÖBB jene Zeit, in der sie Teil der Tötungsmaschinerie der Nationalsozialisten waren. „Das ist der dunkelste Abschnitt unserer Unternehmensgeschichte. Wir möchten einen Beitrag zur historischen Aufarbeitung leisten“, sagt Christian Kern, Geschäftsführer der ÖBB- Holding.

Mit Distanz betrachten

2012, zum 175. Firmenjubiläum, wurde die Ausstellung erstmals am Wiener Praterstern gezeigt. Mehr als 7000 Besucher zählte die Schau mit mehr als 100 Exponaten, die aus den ÖBB-Archiven ausgegraben worden sind.

Züge in den Tod: ÖBB arbeitet dunkle Firmengeschichte auf
ÖBB Ausstellung "Verdrängte Jahre" im Wissensturm, Christian Muckenhuber Volkshochschule
Von 30. April bis 7. Juni 2013 ist die Ausstellung nun im Linzer Wissensturm zu sehen. Die Volkshochschule hat bereits eine Vielzahl an Veranstaltungen zum Thema Faschismus organisiert.
Das Interesse sei stets sehr groß, weiß Christian Muckenhuber, Fachbereichsleiter für Kultur: „Jetzt, wo die Menschen eine auch zeitlich bedingte Distanz zu den schlimmen Ereignissen gewonnen haben, können sie sich offen damit auseinandersetzen. Versuchen das zu begreifen ist der erste Schritt, eine Wiederholung zu verhindern.“

Mensch als „Stück“

Das Foyer und der erste Stock der Stadtbibliothek im Wissensturm sind mit Schaukästen, Bildern und Exponaten gespickt. Besonders berührend sind die Fotografien, die in einem originalgetreu nachgebauten Viehwaggon hängen. Absichtlich, so die ÖBB, werden keine Bilder von Toten gezeigt.

Es gehe um die Menschen auf Familienporträts aus besseren Tagen, die in diesen Waggons gelitten haben, während sie in ihren (fast) sicheren Tod kutschiert wurden. Dazu eine Lautsprecheransage, die im sonoren Ton Destinationen und „Stückzahlen“ statt Menschenleben aufzählt.

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