Züge in den Tod: ÖBB arbeitet dunkle Firmengeschichte auf
In einem Viehwaggon, kaum größer als 30 Quadratmeter, sind 120 Menschen eingepfercht. Es gibt kaum Luft zum Atmen, kein Trinkwasser und schon gar keine Nahrung – und das bei einer Zugreise, die vier Tage dauert. So ähnlich muss es den Menschen gegangen sein, die in der NS-Zeit zu Tausenden mit Zügen der Deutschen Reichsbahnen – später ÖBB – in die Konzentrationslager gebracht worden sind. Dafür haben sie sogar Geld für Zugtickets bezahlt. Kinder unter vier Jahren fuhren übrigens gratis.
Mit Distanz betrachten
2012, zum 175. Firmenjubiläum, wurde die Ausstellung erstmals am Wiener Praterstern gezeigt. Mehr als 7000 Besucher zählte die Schau mit mehr als 100 Exponaten, die aus den ÖBB-Archiven ausgegraben worden sind.
Das Interesse sei stets sehr groß, weiß Christian Muckenhuber, Fachbereichsleiter für Kultur: „Jetzt, wo die Menschen eine auch zeitlich bedingte Distanz zu den schlimmen Ereignissen gewonnen haben, können sie sich offen damit auseinandersetzen. Versuchen das zu begreifen ist der erste Schritt, eine Wiederholung zu verhindern.“
Mensch als „Stück“
Das Foyer und der erste Stock der Stadtbibliothek im Wissensturm sind mit Schaukästen, Bildern und Exponaten gespickt. Besonders berührend sind die Fotografien, die in einem originalgetreu nachgebauten Viehwaggon hängen. Absichtlich, so die ÖBB, werden keine Bilder von Toten gezeigt.
Es gehe um die Menschen auf Familienporträts aus besseren Tagen, die in diesen Waggons gelitten haben, während sie in ihren (fast) sicheren Tod kutschiert wurden. Dazu eine Lautsprecheransage, die im sonoren Ton Destinationen und „Stückzahlen“ statt Menschenleben aufzählt.
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