Zu sehr an Sparpolitik angepasst

Zu sehr an Sparpolitik angepasst
Sonja Ablinger, die Frauenvorsitzende der SPÖ, kritisiert den Kurs der Bundespartei und der europäischen Sozialdemokraten.

Sonja Ablinger ist Landesvorsitzende der SPÖ-Frauen, Abgeordnete zum Nationalrat und Kultursprecherin ihrer Fraktion. Die 46-Jährige ist von Beruf Lehrerin.

KURIER: Sollte Bundeskanzler Werner Faymann nicht vor dem parlamentarischen Untersuchungsauschuss aussagen?
Sonja Ablinger: Ja, das sollte er. Diese Frage hat eine derartige Dynamik erreicht, wo ich es für klüger gehalten hätte, vor dem Ausschuss auszusagen. Auch um dem Ganzen die Bedeutung zu nehmen. Es hat auch die deutsche Kanzlerin vor dem Ausschuss zum Thema Gorleben ausgesagt. Wenn das Normalität wäre, hätte es nicht diese Dynamik.

Sie haben Anfang Juli auch gegen den Fiskalpakt gestimmt, Sie fahren einen sehr eigenständigen Kurs in der SPÖ. Wie gehen Sie eigentlich mit dem innerparteilichen Druck um?
Das Alleine-Sein bezieht sich nur auf die Abstimmung. Meine Position in der Frage des Fiskalpakts wird von vielen in der Partei geteilt. Das gibt eine gewisse Sicherheit, weshalb man mit Überzeugung sagen kann, das ist völlig falsch. Man ist dann eigentlich nicht alleine, es scheint nur so. In der Frage des Fiskalpakts ist der Klub nicht repräsentativ für die Stimmung in der Partei.

Parteivorsitzender Werner Faymann wird nicht so viel Freude mit Ihnen haben.
Die Liebe ist in solchen Fällen immer enden wollend. Beim Fiskalpakt hat es natürlich Versuche gegeben, Druck auszuüben. Ich war mir aber ziemlich sicher, dass das falsch ist, denn jene Staaten in Europa, die sowieso schon im Abschwung sind, werden zu weiterem Sparen gezwungen.
Länder wie Griechenland, Spanien oder Portugal kommen in solche Schwierigkeiten, die schon Auswirkungen im Norden Europas haben. Das ist genau das Problem. Wenn alle sparen, dann geht es nach unten. Aus dieser Überzeugung heraus war ich dagegen.

Sie gelten als Repräsentantin des linken Flügels in der SPÖ, oder?
Das ist schon so. Ich glaube, eine Partei braucht zwei Flügel und eine gute Mitte. Das ist immer die Stärke der Sozialdemokratie gewesen. Darauf hat schon ein Bruno Kreisky geachtet, so streng er manchmal war. Es gibt halt konservativere und auch linke, progressivere Sozialdemokraten.

Die SP Oberösterreich hat des öfteren Probleme mit der Bundespartei, die Landesvorsitzender Josef Ackerl auch öffentlich artikuliert.
Ich würde nicht von Problemen reden, sondern man bringt Positionen ein. Wir sagen, dass man das eine oder andere anders diskutieren und einen anderen Bezugsrahmen herstellen muss. Das sind notwendige Diskussionen. In der momentanen Situation Europas ist es eine Illusion zu glauben, dass alles locker abläuft. Die Sozialdemokratie kommt unter einen enormen Druck. Sie muss sich als Alternative zu dem positionieren, was gerade läuft. Europa braucht einen Kurswechsel. Die europäische Sozialdemokratie hat sich zu sehr an die Sparpolitik angepasst. Wir müssen weg von dieser Politik hin zu den Ursachen der Krise, zu den Handelsungleichgewichten. Man muss die Lohnstückkosten wieder zusammenführen. Hier braucht es eine gemeinsame Politik, die keine autoritäre des Sparens ist, sondern wo die Länder wieder die Chance haben, ihre Schulden zurückzuzahlen.

Ihr Parteikollege, Nationalbankpräsident Ewald Nowotny, sagt aber, dass die Länder des Südens sparen und ihre Budgets in Ordnung bringen müssen.
Er hat eine andere Position gegenüber seiner früheren Rolle als SPÖ-Finanzsprecher, deshalb muss er eine andere Position einnehmen. Die Südländer müssen sparen, sie kommen nicht in die Höhe und dann sagt man, sie müssen noch mehr sparen. Das funktioniert doch alles nicht. Wenn ein Staat überhaupt keine Einnahmen mehr hat, kann er seine Schulden nicht zurückzahlen. Bei den Menschen kommt ja die Krise in der Küche und im Wohnzimmer an. Die Gewinne steigen extrem, die unteren Einkommen haben Reallohnverluste. Wenn Eltern ihre Kinder ins Kinderheim geben müssen weil sie sie nicht mehr ernähren können, wenn Leute unter der Brücke leben müssen, dann muss eine Politik, die sagt, „More of the Same“, falsch sein.

Wer soll Ackerl-Nachfolger werden? Reinhold Entholzer, Gertraud Jahn oder Sie selbst?
Nein, ich bin keine Nachfolge-Kandidatin. Als Frauenvorsitzende muss man öfters ein bisschen kämpfen und widerständig sein.

Also werden Sie Frauenvorsitzende Gertraud Jahn unterstützen?
Ich beteilige mich nicht am Spiel mit den Namen.

Die SPÖ hat in der Landesregierung zwei Sitze. Ich nehme an, Sie werden einen von ihnen für die Frauen fordern.
Das habe ich dem Joschi Ackerl schon gesagt.

Sie selbst sind doch als Frauenchefin dafür eine Kandidatin.
Das sind Überlegungen und Entscheidungen, die man notwendigerweise in der Partei und nicht über die Medien führt.

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