„Wir gewinnen alle durch die Integration“

Christoph Wurm: „In der Wirtschafts- und Finanzkrise hat sich gezeigt, dass die alten Prinzipien eine Bedeutung haben.“
Christoph Wurm. Der VKB-Boss engagiert sich für Flüchtlinge. Die Bank setzt auf Frauen, auf die 55-Plus-Generation, auf Regionalität und auf Nachhaltigkeit.

Christoph Wurm ist seit 2015 Generaldirektor der VKB-Bank. Der 50-Jährige gehört dem Institut seit 21 Jahren an. 1995/96 hat er ein Jahr lang in der Auslandshilfe der Caritas gearbeitet.

Die VKB–Bank hat 34 Filialen und beschäftigt 480 Mitarbeiter. Die Bilanzsumme betrug 2017 rund 2,9 Milliarden Euro, der Jahresüberschuß neun Millionen Euro. Die Zahl der Kunden ist auf 110.000 gewachsen. Die Kernkapitalquote liegt über 16 Prozent.

KURIER: Sie engagieren sich für Flüchtlinge, was für einen Bankchef eher ungewöhnlich ist. Was motiviert Sie?

Christoph Wurm: Ein Grund ist ein Menschlichkeits- und Humanitätsgedanke. Menschenrechte sind nicht teilbar, wir sollten alle dazu einen Beitrag leisten. Ein weiterer Grund ist ein pragmatischer. Man soll Probleme und Herausforderungen so lösen, dass es einen Sinn macht. Der Kaffeehausspruch, eine Mauer um ein Problem zu bauen und zu warten, bis es sich von selbst löst, funktioniert nicht.

Ich bin überzeugt, dass man sich durch Integration weiterentwickelt, nicht nur die Flüchtlinge, sondern auch wir Oberösterreicher. Wir gewinnen dadurch. Wir sollen die Probleme lösen, auch möglichst gut für uns selbst. Jede Ausgrenzung macht das Problem nur größer. In Summe haben wir alle in der EU durch die Integration gewonnen. Wir haben Mangel an bestimmten Berufen wie zum Beispiel Koch oder Kellner. Wir sollten die Bereitschaft der Flüchtlinge, die sich integrieren wollen, nutzen und auf ihre Produktivität setzen. Wobei ich dazu sagen muss, dass sich nicht alle integrieren wollen.

Ich mache das auch in der Bank. Aus Herausforderungen, die sich stellen, verfsuche ich das Beste zu machen. Jeder muss seinen Beitrag leisten. Wir können uns nicht zurücklehnen und sagen, dass soll der Staat machen.

Es sehen viele in der Gesellschaft die Flüchtlinge nicht so positiv wie Sie. Manche sehen sie als Bedrohung und als finanzielle Belastung, für die alle über den Weg der Steuern zahlen müssen.

Alles Fremde ist fürs erste eine Herausforderung. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jene, die Flüchtlingen gegenüber abgeneigt waren, ihre Ängste abgebaut haben, als sie sie kennengelernt haben. Es ist ein wichtiger Beitrag, die menschliche Begegnung zu ermöglichen.

Das zweite Argument ist wieder ein pragmatisches. Man muss bei allem, was man macht, zuerst einmal etwas investieren., damit man dann etwas zurückbekommt.

Ein Grundprinzip des Lebens .......und auch der Wirtschaft. Man muss überlegen, wie man das klug macht, damit auch etwas zurückkommt.

Wie läuft Ihr persönliches Flüchtlingsengagement konkret ab?

Ich bin bei SOS Menschenrechte im Vorstand und mit Kuno Haas für die Finanzen zuständig. Wir beide tragen dafür Sorge, dass die Finanzen laufen und wirtschaftliche Prinzipien eingehalten werden. Wir haben geschaut, dass die Renovierung des Flüchtlingsheimes in der Linzer Rudolfstrasse möglich war. Da geht es um 1,3 bis 1,5 Millionen Euro.

Flüchtlingsorganisationen machen auch politische Aussagen und kritisieren häufig freiheitliche Politiker. Überschneiden sich hier nicht persönliches Engagement mit den Aufgaben des Bankers, der für alle da sein muss?

SOS Menschenrechte setzt sich für Menschen und Menschenrechte ein. Der Verein zieht nicht über andere Menschen her. Mein Beitrag ist Integration. Ich bin ein Anhänger davon, miteinander zu reden und die Dinge auszureden. Das kann ich und das tue ich auch.

Ich kann das alles nur in einem vernünftigen Ausmaß machen, sonst kann ich dort nicht wirken. Bei SOS Menschenrechte sehe ich das gewährleistet.

Die Banken sind durch die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 stark gebeutelt worden. Die Vorschriften durch die Aufsichten und den Staat wurden massiv verschärft. Die Experten meinen, in Österreich gibt es noch immer zu viele Banken. Wie kann sich die VKB in diesem schwierigen Umfeld als Regionalbank behaupten?

Die Wirtschafts- und Finanzkrise war auch ein Abbild gesellschaftlicher Entwicklungen.

Haben die Menschen zu viel auf Pump gekauft?

Ja, definitiv. Vor allem in Amerika, wo die Krise ausgelöst worden ist. Wenn man ein Haus mit 110 belehnt in der Hoffnung, dass es ein Jahr später 120 Wert ist und das dann in Finanzprodukte umwandelt und sie weiterverkauft, dann funktioniert das so lange, so lange die Immobilenpreise nach oben gehen. Wenn sie fallen, entsteht ein Liquiditätsloch. Die Krise hat gezeigt, dass die alten Prinzipien eine Bedeutung haben.

Nämlich?

Das Problem war, dass zum Beispiel Banken kurzfristig Mittel aufgenommen und sie langfristig vergeben haben. Die alte Regel sagt, dass die Fristen zusammenpassen müssen. Eine andere Grundregel besagt, dass man für Investitionen einen bestimmten Anteil an Eigenmittel benötigt. Wenn man ein Haus oder eine Wohnung kauft, macht es Sinn, 20 bis 30 Prozent an Eigenmittel zu haben und nur 70 bis 80 Prozent an Kredit aufzunehmen, den man sich dann auch leisten könnenmuss.

Es gibt in Deutschland und Österreich sehr viele Banken. Das ist gut für die Kunden und Unternehmen. Bankleistungen sind deshalb in Österreich für Kunden günstig. Es bedeutet aber auch, dass die Verdienstmöglichkeiten für die Banken nicht so hoch sind. Aber die Vielfalt ist in Summe positiv.

In welche Richtung soll sich die VKB entwickeln?

Wir konzentrieren usn auf die Entwicklung in Oberösterreich. Wir streben ein qualitatives Wachstum an. Wir wollen für die Menschen in der Region da sein. Wir haben derzeit ein Wohnbauvolumen von fast einer Milliarde Euro.Wir sind hier mit 5,6 Prozent über dem Markt gewachsen. Wir werden uns darüber unsere Dienstleistungen vertiefen und uns auf bestimmte Kundengruppen spezialisieren. Das sind einerseits Frauen, andererseits die Generation von über 55 Jahren, weil wir hier schon sehr gute Dienstleistungen erbringen. Der dritte Schwerpunkt ist die Nachhaltigkeit.

Was bedeutet der Schwerpunkt Frauen ganz konkret?

Die Rolle der Frauen und ihr Verhältnis zu Finanzen hat sich in den vergangenen 20, 30 Jahren doch ein Stück weit verändert. Frauen sind deutlich unabhängiger geworden, auch in ihrer Beziehung zum Geld.

Frauen sind bei der Geldanlage erwiesenermaßen erfolgreicher als Männer.

Außerdem leben in Oberösterreich bereits mehr Frauen als Männer. Wir können für sie sehr gute Dienstleistungen anbieten.

Welche Herausforderungen sehen Sie für Ihr Haus?

Sie sind vielfältig. Der regulatorische Rahmen hat sich deutlich verschärft. Es sind ungefähr 15.000 Seiten, die ich unmittelbar anwenden muss. Diese Einengung steht in der Spannung zur Herausforderung innovativ zu sein.

Die zweite Herausforderung ist das tiefe Zinsniveau. Das macht es auch für Kunden schwieriger Vermögen zu vermehren. Sie werden verführt, höhere Risiken einzugehen als sie das normalerweise tun, um Rendite zu erzielen. Die dritte Herausforderung sind die technologischen Änderungen. Hier müssen wir Sicherheit gewährleisten.

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