Wer auf Krankenstand verzichtet, wird mit Gutscheinen belohnt

Wer auf Krankenstand verzichtet, wird mit Gutscheinen belohnt
Krank zur Arbeit gehen, um 50 Euro beim Einkaufen zu sparen. Eine Linzer Leasingfirma steht unter Beschuss.

Wenn ein Mitarbeiter durchgehend sechs Monate nicht in Krankenstand ist, erhält er von uns einen Gutschein in Höhe von 50 Euro.“ Bei einem ganzen Jahr winken 150 Euro. Mit diesen Zeilen soll eine Leasingfirma in Linz ihre Beschäftigten dazu verleiten, ihre Gesundheit zu gefährden, kritisiert die Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich.

Wer auf Krankenstand verzichtet, wird mit Gutscheinen belohnt
AK Arbeiterkammer OÖ Präsident Johann Kalliauer Linz
Die Gutscheine stammen von einem Diskonter und von Tankstellen. Dass jemand tatsächlich krank zur Arbeit geht, um 50 Euro beim Einkaufen zu sparen, kann sich AK-Präsident Johann Kalliauer zwar kaum vorstellen, „die Verlockung besteht trotzdem“, betont er. „Abgesehen davon ist das eine Diskriminierung. Die Hälfte der Krankenstände fallen auf chronische Leiden. ‚Gesunde’ dürfen nicht bevorzugt werden.“ Von einer „gut gemeinten Idee“ spricht hingegen Erhard Prugger, Sozialexperte der Wirtschaftskammer. „Oft wollen sich Unternehmer bei jenen, die nicht wegen jedem Schnupfen daheimbleiben, für ihren Einsatz erkenntlich zeigen.“ Manipulative Hintergedanken seien reine Spekulation.

Beiblatt

Den Stein hat ein Leasingarbeiter unabsichtlich bei einer Beratung in der AK-Bezirksstelle Steyr ins Rollen gebracht, schildert Heinz Ehmer, Leiter der AK-Sozialpolitik: „Der Betroffene hatte Fragen zur Auflösung seines Beschäftigungsverhältnisses. Dabei ist uns ein Beiblatt mit diesem Bonusversprechen aufgefallen. Rechtlich ist das sehr bedenklich.“

Das beschuldigte Unternehmen bestreitet die Vorwürfe. „Bei uns gibt es keine Gutscheine“, sagt der Geschäftsführer, der anonym blieben möchte, und spricht von Stimmungsmache gegen die Zeitarbeitsbranche. „Viele Unternehmen machen das und bekommen dann steuerliche Probleme. Es wäre ziemlich dumm, wenn ich das nachmachen würde“, erklärt er.

„Zuckerln“ wie im aktuellen Fall seien durchaus üblich, bestätigt Reinhold Binder von der Zeitarbeiter-Gewerkschaft Pro-Ge: „Es tauchen immer wieder solche menschenverachtenden Ideen auf. Sie scheitern aber zum Glück meistens am Widerstand der Personalvertreter.“

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