"Weg mit den Doppelgleisigkeiten!"

„Wir verdreifachen unsere Forschungsausgaben“, sagt Hummer. Ob die versprochenen vier Prozent 2020 erreicht werden, ist zweifelhaft
Die Ländesrätin über die Forschungsquote, Krabbelstuben und Ganztagsschulen.

Doris Hummer (41) ist Landesrätin für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Frauen und Jugend.

KURIER: Die Industriellenvereinigung bezeichnet die von der Landesregierung für 2020 versprochene vierprozentige Forschungsquote als Illusion. Der Anteil der Förderung der Landesregierung beträgt daran lediglich zwei Prozent. Wird hier der Öffentlichkeit nicht Sand in die Augen gestreut?

Doris Hummer:Das Land verdreifacht bis 2020 die Forschungsausgaben. Wir machen unsere Hausaufgaben. Natürlich ist das, was wir investieren, nur ein Multiplikator. Wir setzten dort Schwerpunkte, wo wir Stärkefelder haben und wir sicherstellen können, dass wir an Programme des Bundes oder der EU anschließen können. Das macht das Programm "Innovatives Oberösterreich 2020". Hier sind die Wirtschaft und die Industriellenvereinigung mit im Boot, damit wir die richtigen Weichen stellen.

Auch wenn das Land seine Mittel verdreifacht, reicht das bei Weitem nicht, die versprochene Forschungsquote von vier Prozent zu erreichen.

Ich kann als Land nur sicherstellen, dass wir die richtigen Impulse geben und die richtigen Projekte fördern.

Die Steiermark hat eine Forschungsquote von 4,6 Prozent.

Die Steirer waren immer schon vor uns. Der Grund ist die ganz andere Universitätslandschaft. Sie erhalten mit ihren technischen Schwerpunkten an den Universitäten viel mehr Bundesgelder. Bei den Landesgeldern sind die Oberösterreicher und die Steirer gleich.

Möglicherweise wandert die Schulverwaltung komplett in die Kompetenz der Länder. Sie treten für die Abschaffung des Landesschulrates ein und wollen sie komplett Ihrer Kompetenz als Bildungslandesrätin unterstellen.

(lacht). Ich werde ganz sicher keine Machtdiskussionen führen. Das ist genau der falsche Ansatz. Wir haben mit dem Bund ein Papier definiert, was brauchen die Schüler vor Ort, damit sie die beste Bildung und die besten Lehrer bekommen. Eine Dimension ist die Frage, wer soll welche Aufgaben erfüllen. Es soll hier viel stärker die Subsidiarität gelebt werden. Weg mit allen Doppelgleisigkeiten und Doppelzuständigkeiten bei Bund und Ländern! Der Landesschulrat ist so eine Doppelverwaltungsstelle. Sie gehört teils zum Land und teils zum Bund. Es soll in den Ländern als zuständige Stelle eine Bildungsdirektion geben.

Diese Bildungsdirektion gibt es schon. Es gibt einen beamteten Bildungsdirektor, Sie sind die für die Bildung politisch Verantwortliche, weiters gibt es den Landeshauptmann, der Präsident des Landesschulrates ist und der durch den geschäftsführenden Landesschulratspräsidenten vertreten wird. Wir haben also nicht nur Doppelgleisigkeiten bei Bund und Ländern, sondern auch im Land.

Das ist bundesgesetzlich vorgegeben.

Das muss man doch abschaffen!

Wir brauchen einfache und klare Strukturen, an denen wir gerade arbeiten.

Haben Sie mit dem Landeshauptmann darüber schon geredet?

Ja. Er sagt, dass eine Bildungsdirektion Sinn macht. Unsere Deadline ist im November, dann soll das neue Modell vorgestellt werden. Das ist eine Jahrhundertchance, die wir ergreifen sollten. Wir haben jetzt einen Dschungel,wo sich kaum jemand auskennt. Es soll nur mehr ein Bildungsgesetz geben.

Erste Analysen stellen der Neuen Mittelschule ein vernichtendes Zeugnis aus. Ist sie ein Flop?

Sie ist nicht schlechter als die Hauptschule. Aber wir haben viel mehr Geld dafür in die Hand genommen und deswegen kann man nicht zufrieden sein.

Die Hauptschulen sind also genauso gut?

Das kommt bei der Untersuchung raus. Die Hauptschule reüssiert bei den Leistungsindikatoren genauso gut wie die Mittelschulen.

Wenn man den Weg zu einem personalisierten Unterricht geht, braucht das konzentrierte Personal- und Organisationsentwicklung vor Ort. Das kann man nicht mit einer neuen Schulform verordnen, sondern es braucht eine konstruktive Begleitung vor Ort mit einer klaren Zielsetzung und Kontrolle. Das fehlt der Neuen Mittelschule. Der einzig erfolgversprechende Weg ist, die Leute vor Ort in die Verantwortung miteinzubeziehen. Unser Programm "Schule Innovativ" macht das.

Die SPÖ kritisiert, dass Oberösterreich bei den Kindergärten für die unter Dreijährigen im österreichweiten Vergleich an vorletzter Stelle liegt.

Wer war vor mir dafür zuständig? Josef Ackerl. Seit ich zuständig bin, habe ich die Krabbelstubenplätze verdoppelt. Wir liegen bei den Einjährigen bei einer Betreuungsquote von neun Prozent, bei den Zweijährigen bei 31 Prozent und bei den Dreijährigen bei 85 Prozent.

Wo stehen wir nach Ihrer Planung am Ende der nächsten Legislaturperiode 2021?

Wir planen den Ausbau von 40 bis 50 zusätzlichen Krabbelstubenplätzen pro Jahr.

Reicht das?

Das ist machbar und umsetzbar. Nicht nur finanziell, sondern auch organisatorisch. Ich war kürzlich im Innviertel unterwegs. Bei meinen ersten Gesprächen haben mir Bürgermeister aller Couleurs erklärt, das brauchen wir nicht. Heute schwärmen sie davon, wie toll die Krabbelstubenplätze sind. Die Gemeinden haben erkannt, dass ihnen diese Plätze ihren Fortbestand sichern. Junge Menschen entscheiden auch nach diesem Angebot, wo sie sich ansiedeln.

Wichtiger als eine bestimmte Quote ist für mich, ob wir das, was gefordert und vor Ort gebraucht wird, umsetzen können. Wir sind in der Lage, über den Sommer Krabbelstuben einzurichten, wenn die Gemeinden, die dafür gesetzlich verantwortlich sind, das anfordern. Wir als Land sind nur Fördergeber. Wenn sieben Kinder angemeldet sind, wird die Krabbelstube genehmigt.

Die SPÖ beklagt auch, dass es viel zu wenig Ganztagsschulen gibt.

Diese Kritik amüsiert mich. Wir haben die Anzahl der Ganztagsschulen auf fast 300 verdreifacht. Wir haben derzeit rund 24 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Nachmittagsbetreuung, rund 12.000 in Horten und 12.000 in Nachmittagsbetreuung. Hort ist nicht Schule, obwohl hier auch Hausübungen gemacht werden. Kurz- bis mittelfristig wird der Anteil von 24 Prozent auf ein Drittel ansteigen.

Es gibt hier unterschiedliche Auffassungen. Die SPÖ akzeptiert nur den über den ganzen Tag verteilten Unterricht, also eine verschränkte Ganztagsschule. Das bedeutet, dass die Schüler von Montag bis Freitag ganztägig in die Schule gehen. Mein Zugang hingegen ist, dass das die Eltern vor Ort entscheiden sollen. Das bevorzugte Modell der Eltern ist die nicht verschränkte Form. Sie können beispielsweise sagen, Montag, Dienstag würde ich dieses Angebot brauchen, denn da arbeite ich.

Das heißt, der Unterricht findet nur vormittags statt.

Nachmittags gibt es einen Lernblock, wo Fächer vertieft werden können und die Hausaufgaben gemacht werden. Dazu kommt ein Freizeitblock, der verschiedene Schwerpunkte haben kann wie Musik, Theater, Sport etc. Schule wird nicht besser, wenn sie länger dauert. Das Wichtige ist, dass wir dort auf die Qualität schauen. Mir ist die Wahlfreiheit der Eltern wichtig. Sie sollen entscheiden, ob es die verschränkte oder nicht verschränkte Ganztagsschule geben soll. Sobald sich 15 Kinder für die Ganztagsschule melden, muss ein Angebot gemacht werden.

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