„Verkehr zwischen Linz und Enns wird kollabieren“

Infrastrukturlandesrat Günther Steinkellner
Linz will zwar die Arbeitnehmer vom Land, aber keinen Verkehr und keine Ostumfahrung. Infrastrukturlandesrat Günther Steinkellner kämpft für sein Entlastungsprojekt.

Günther Steinkellner ist seit 2015 Infrastrukturlandesrat. Der 60-jährige FPÖ-Politiker war zeit seines 35-jährigen beruflichen Lebens in den verschiedensten Funktionen aktiv.

KURIER: Der Linzer Gemeinderat lehnt den Bau der Ostumfahrung (Osttangente) ab. Was werden Sie nun mit Ihrem Projekt machen?

Günther Steinkellner: Man sollte den Linzer Politikern die Vorteile nochmals näherbringen. Es wird die B3 angebunden, die Voestalpine bekommt eine eigene Abfahrt, es kann das gesamte Industriegebiet aufgeschlossen werden. Die Trasse führt entlang der Voest-Seite der Traun, dort gibt es weder eine Au noch Bäume, sie wird auf Stelzen verlaufen. Dort, wo Menschen in der Nähe wohnen, wird sie eingehaust.

Die Linzer befürchten aber eine Beeinträchtigung ihrer Bewohner in Ebelsberg.

Maximaler Anrainerschutz ist das Gebot der Stunde. Ebenso der Naturschutz. Deshalb gehen wir in Untertunnelungen und Einhausungen. Die einzige sensible Situation ist die Anbindung der B1. Sie ist aber vorteilhaft für den Linzer Süden, weil sie einen weiteren Anschluss an die Westautobahn beim Schiltenberg bringt. Man muss weder über Asten noch über den Bindermichltunnel fahren. Die Bevölkerung, die dort wohnt, profitiert am stärksten. Wir wissen, dass der Verkehrsraum zwischen Linz und Enns kollabieren würde, wenn 70 Prozent des bereits rechtskräftig gewidmeten Baulandes umgesetzt werden. Trotz des vierstreifigen Ausbaus der B1. Da steht alles. Die einzige Möglichkeit, diesen Verkehrskollaps zu verhindern, ist die Anbindung der B1 an die Westautobahn und die Neuanbindung des Industriegebietes Voestalpine mit dieser Osttangente.

Die Linzer Parteien sind sich in der Forderung einig, die Ostumfahrung weiter östlich durch das Mühlviertel zu führen.

Wir müssen die kürzeste Distanz zwischen der Mühlviertler Schnellstraße S10 und der Westautobahn wählen, denn der Transit-Verkehr entscheidet sich wegen der Mautgebühren für die kürzeste Strecke für die Weiterfahrt auf der Pyhrnautobahn. Je weiter östlich die Ostumfahrung verlaufen würden, umso mehr Lkw bevorzugen aus ökonomischen Gründen die Linzer Stadtautobahn. Aber in Linz können wir die Autobahn nicht verbreitern.

Sie führen als Hauptargument stets die Fertigstellung der tschechischen Autobahn von Prag bis zur österreichischen Grenze im Jahr 2025 an.

Wir sollten uns die europäische Dimension dieser Verkehrslösung vor Augen führen. Wenn jemand glaubt, dass die Transit-Lkw von Berlin, Dresden, Prag zur Adria nicht über Linz fahren, sondern einen 130 km langen Umweg über das bayerische Hof, Suben und die Innkreisautobahn machen werden, wird sich täuschen. Sie werden die kürzere Strecke Dresden, Prag, Wullowitz, Linz nehmen. Zudem haben wir 50 bis 60 Prozent Ziel- und Quellverkehr in unserer Region, der ebenfalls die kürzeste Strecke nehmen wird.

Bei der Erstpräsentation sind Sie und Wirtschaftslandesrat Achleitner von einer Fertigstellung im Jahr 2030 ausgegangen. Wie viele Jahre an Verzögerung bedeutet der Widerstand aus Linz?

Wir sind jetzt schon beim Jahr 2035. Sollte diese Trasse tatsächlich wegfallen, dann wird das eine Verzögerung von mindestens zehn Jahren bedeuten. Also 2040 bis 2045.

Die Linzer Politiker sagen, solange die Grüne Ministerin Leonore Gewessler Infrastrukturministerin ist, wird sie dem Projekt sowieso nicht zustimmen.

Solange wir das Beamen nicht erfunden haben, werden wir Straßen benötigen, ob die Autos und Lkw nun elektrisch, mit E-Fuels oder mit Wasserstoff fahren. Es gibt Sachzwänge. Hier geht es um die Wirtschaftsentwicklung im Industriebundesland Nummer eins, hier geht es um Arbeitsplätze, hier sichern wir den Wohlstand. Der Verkehr wird kommen, bis er zum Erliegen kommt. Wenn es zum Kollaps kommt, ist das keine Perspektive, weder für das Klima noch für die Umwelt.

Wer Freitagmittag Linz in Richtung Westautobahn verlässt, steht rund um den Bindermichltunnel regelmäßig im Stau, der eine Verzögerung von bis zu einer halben Stunde bedeutet. Umgekehrt stehen die Pendler morgens im Stau, wenn sie von der Westautobahn nach Linz reinfahren. Es gibt keine Perspektive einer Entlastung.

Der Verkehr nimmt in diesem Ballungsraum pro Jahr um zwei bis drei Prozent zu. Bedauerlicherweise sind sowohl der Sicherungsausbau zwischen dem Bindermicheltunnel und der Westautobahn (Freigabe des Pannenstreifens als echten Fahrstreifen) als auch die vorgesehene Radwegverbindung auf die lange Bank geschoben worden. Das bedingt, dass der Stau zunimmt.

Die Energiepreise sind extrem gestiegen. Wie wirken sich die hohen Diesel- und Benzinpreise auf den Verkehr aus?

Die derzeitige Auswirkung auf den Individualverkehr ist gering, auf den Schwerverkehr ebenfalls. Allerdings gibt es die Sorge, wie man die Dinge finanziert. Frächter, Schultransporte, Taxiunternehmer etc. brauchen eine Lösung für ihre Kosten, die nur eine bundeseinheitliche über die Steuer sein kann.

Ein Umstieg auf den öffentlichen Verkehr findet nicht wirklich statt?

Das ist in einem Bundesland wie Oberösterreich schwierig. Viele haben dazu nicht die Möglichkeit. Und jene, die bereits über eine öffentliche Verkehrsanbindung verfügen, haben bereits sehr günstige Tickets. Wir müssen den öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum so ausbauen, dass ein Angebot geschaffen wird. Hier sollte unsere ganze Kraft hineingesteckt werden. Mein Traum ist eine schnelle Schiene, elektrisch betrieben. Deshalb unsere Elektrifizierungsoffensive bei den Bahnen. Die Menschen sollen aus ihren Siedlungsgebieten mit autonom fahrenden Kleinbussen abgeholt und zu den Hauptachsen des öffentlichen Verkehrs gebracht werden. Wir brauchen einen guten Takt, möglichst stündlich rund um die Uhr, damit die Menschen jederzeit nach Hause fahren können. Wo es keine Schienen gibt, soll es Hauptachsen der Busse geben.

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