Universum ist 13,7 Mrd. Jahre alt

Universum ist 13,7 Mrd. Jahre alt
Peter Habison über den Sinn und die Möglichkeiten der Erforschung des Universums.

Peter Habison ist Präsident der Österreichischen Planetarischen Gesellschaft und Sprecher der ESO in Österreich. Die ESO (European Southern Observatory) ist die Vereinigung von 14 europäischen Staaten und von Brasilien zur Erforschung des Universums. Sie betreibt mehrere Teleskope in der chilenischen Atacama-Wüste, die zu den weltbesten gehören. Das Interview wurde am Paranal in Chile geführt, wo auf 2600 Metern Höhe die vier Hauptteleskope des VLT (Very Large Telescope) stehen.

Universum ist 13,7 Mrd. Jahre alt
Habison ist Präsident der Österreichischen Planetarischen Gesellschaft
KURIER: Österreich ist seit 2009 Mitglied der ESO. Es gibt manche, die meinen, dass sich Österreich dieses Geld sparen könnte. Warum ist es gut und wichtig, dass unser Land ESO-Mitglied ist?
Peter Habison:Das ist eine Grundsatzdiskussion, die man immer wieder gerne über die Astronomie führt, weil sie eine Grundlagenwissenschaft ist – wie zum Beispiel die Theoretische Physik oder die Elementarteilchenphysik. Astronomie ist die Astrophysik des Universums. Die Frage, wozu man das alles braucht, könnte man auch beim Atomforschungszentrum CERN stellen.
Wir Menschen sind nun einmal grundsätzlich neugierig. Das sieht man schon beim kleinen Kind. Es geht in der Astronomie aber auch um Begeisterung und Liebe. Das dritte Argument ist die Skepsis gegenüber unserem bisher vorhandenen Wissen.

Was sind die wesentlichen Forschungsergebnisse bisher?
1995 ist der erste extrasolare Planet entdeckt worden. Das sind Planeten um andere Sonnen herum. Man hat unlängst bei Alpha Centauri einen Begleitplaneten dieser Sonne gefunden. Man schaut sich die Sterne an und versucht anhand der Bewegungen und der physikalischen Charakteristika zu erkennen, ob die Sterne Begleiter haben – so wie es bei unserer Sonne der Fall ist. Ein anderes Beispiel ist der Nachweis eines Schwarzen Loches im Zentrum unserer Milchstraße.
Ein Schwarzes Loch ist ein Körper, der es in seiner Umgebung ab einer gewissen Entfernung nicht mehr zulässt, dass Licht ab einer gewissen Distanz von seiner Oberfläche wegkommt. Es gibt verschiedene Arten von Schwarzen Löchern. In diesem Fall handelt es sich um ein galaktisches Schwarzes Loch. Das heißt, es hat viele Millionen Sonnenmassen. Es ist ein Körper, der nicht direkt beobachtbar ist, der nur durch die Massen Anziehung auf die anderen Objekte einen sogenannten Ereignishorizont hat. Ab diesem Horizont kommt kein Lichtstrahl mehr vom Objekt weg. Es gibt grundsätzlich stellare Schwarze Löcher in der Endphase von Sternen und galaktische Schwarze Löcher. Es geht immer um die Ansammlung von extrem viel Materie auf engem Raum.

Wie hat das die ESO entdeckt?
Indem einfach hochauflösende Bilder und Daten in der Umgebung des Schwarzen Loches gemacht wurden – und das über Jahre hinweg. Man hat studiert, ob es Veränderungen in den Positionen gibt. Das ist gelungen. Heute kann man die Bahnen der Sterne um das Zentrum der Milchstraße nachweisen und beobachten. Man kann sehen, dass Materie in dieses Schwarze Loch hineinfällt.
Die dritte Entdeckung ist die beschleunigte Expansion des Universums. 1998/99 erschienen dazu die ersten Arbeiten. Die Projekte wurden immer wieder erweitert. Heute ist man sich ziemlich sicher, dass das, was gemessen wurde, stimmt.
Die Expansion wird über die sogenannte Hubble-Konstante ausgedrückt. An explodierenden Sternen, den Supernovae, hat man festgestellt, dass sich das Universum in einer Phase der Beschleunigung befindet. Für diese Arbeiten hat es für zwei Gruppen im Jahr 2011 den Nobelpreis gegeben.

Unser Sonnensystem ist Teil der Milchstraße. Wie oft hat eigentlich die Milchstraße im Universum Platz?
Die Entfernungen sind eine grundsätzliche Herausforderung. Das Universum ist 13,7 Milliarden Jahre alt. Das ist die gängige Theorie. Wir können 13,4 Milliarden Jahre zurückschauen. Das ist die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung. In der Kosmologie geht es darum zu verstehen, wie sich unser Kosmos entwickelt hat und wie er sich noch entwickeln wird? Die Fragen sind: Welche Masse hat das Universum, welche Dichte, welche räumliche Geometrie?

Kann man die beschleunigte Expansion des Universums beziffern?
Hier geht es um kosmologische Distanzen. Der Weltenradius, das heißt, wie weit wir wegschauen können, sind die 13,4 Milliarden Lichtjahre. Eine Million Lichtjahre ist schon sehr weit, unsere Milchstraße hat nur 100.000 Lichtjahre. Ein Lichtjahr sind gerade einmal 10 Billionen Kilometer. Das sind gigantische Entfernungen. Unsere Sonne ist acht Lichtminuten entfernt, der Mond 1,3 Lichtsekunden. Das sind 384.000 Kilometer.

Gibt es Leben im Universum?
Dieses Thema ist ein ernst zu nehmendes. Es geht um die Suche nach bewohnbaren Planeten. Es werden keine Sterne sein, denn da ist es zu heiß. Planeten bewegen sich um ihre Sterne. Man hat heute schon mehr als 800 solche Planeten gefunden. Das neue geplante große Teleskop (siehe Artikel oben, Anm. d. Red.) soll unter anderem die Charakteristika von Planeten genau erforschen.

In der Astronomie läuft alles nach den Gesetzmäßigkeiten der Physik ab. Da haben natürlich Bibel-Aussagen wie „Gott schuf Himmel und Erde“ absolut keinen Platz.
In dieser bildlichen Form nicht.

Einen erschaffenden Gott gibt es hier nicht.
Die Astronomie fragt nicht nach dem Warum. Sie fragt, wie das Universum funktioniert.

Warum gibt es auf der Erde Menschen?
Es gibt sicherlich noch sehr, sehr viele Dinge, von denen wir heute keinerlei Begriffe haben. Es ist sehr hochmütig zu glauben, wir sind am Ende der Methoden und der Entdeckungsmöglichkeiten angelangt.
Es wird noch viel Neues in der Wissenschaft geben. Es gibt andererseits Sachen, von denen die Wissenschaft nicht in der Lage ist, sie zu analysieren. Das sind Grenzgebiete. Wo hat es angefangen, wo hört es auf?

Nur vier Prozent des Universums sind bekannt. 73 Prozent sind dunkle Energie und 23 Prozent dunkle Materie.
Das ist der Grund für die Kosmologie. Unsere Modelle, die wir haben, stimmen nicht mit dem überein, was wir in den Teleskopen sehen. Wir haben in der Kosmologie kein wirklich konsistentes Bild. Um diese Modell zu retten, sind die dunkle Energie und die dunkle Materie Bedingung. Wir wissen aber nicht, worum es sich hier genau handelt.

Neben den Teleskopen auf dem Paranal arbeiten die ESO-Europäer mit den USA, Kanada, Japan und Taiwan bei den 66 Antennen von ALMA zusammen. Was ist ALMA (the Atacama Large Millimeter/submillimeter Array)?
Es handelt sich hier um Antennen im Submillimeter- und Millimeterbereich. Die Teleskope auf dem Paranal beobachten das sichtbare Licht und das Infrarotlicht. Die Wellenlänge der Antennen von ALMA hat Millimeter und darunter. Das ist eine sehr viel längere Wellenlänge. Man schaut in ganz andere Bereiche. Man schaut sich den Kosmos in einem anderen Licht an. Man beobachtet Staub und Hülle und Gas. Man kann es in der Form nur in dieser Wellenlänge beobachten, weil der Staub und das Gas speziell in diesem Submillimeterbereich strahlen. Das ist ähnlich der Verwendung eines anderen Filters. Die 66 Antennen stehen auf einer Höhe von 5050 Metern und werden offiziell Anfang März eröffnet.

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