„Totgeburt“ Welios hängt am Finanztropf

„Totgeburt“ Welios hängt am Finanztropf
Nur knapp konnte das „Mitmachmuseum“ vor der Insolvenz gerettet werden. Die Stadt Wels investiert in ein neues Konzept.

Der Geruch von frischer Farbe  hängt noch in der Luft. Im freundlichen Eingangsbereich des Welios Science Centers,  wo scharenweise neugierige Besucher Schlange stehen sollten, herrscht Donnerstagvormittag gähnende Leere.
250.000 Besucher, das sind rund 21.000 pro Monat, sollten auf spielerische Weise die Wunder der erneuerbaren Energien kennenlernen. Gekommen sind knapp 70.000 zahlende Kunden.


Nach nur neun Monaten entrinnt das liebevoll gestaltete „Mitmachmuseum“ nur knapp der Insolvenz. Die Suche nach einem Verantwortlichen beschränkt sich auf wenig konkrete Schuldzuweisungen zwischen der Wirtschaft und der Welser Stadtpolitik. Gewiss ist nur, dass die hohen Erwartungen dem Welios fast das Genick gebrochen hätten. Das erkannte der ehemalige Geschäftsführer Wolfgang Sedlmeir schon im Oktober und verkündete seinen Rücktritt. Es heißt, er sei „aus privaten Gründen“ gegangen. Mit Jahresende hinterlässt er ein Minus von geschätzten 237.000 Euro.

Rettungsanker

„Totgeburt“ Welios hängt am Finanztropf

Nun rettet die Stadt Wels das sinkende Schiff und springt als Alleingesellschafter ein. Der Grund: Die beiden privaten Hauptgesellschafter, Petri & Tiemann GmbH  aus Bremen und Kraftwerk Living Technologies aus Wels, weigerten sich, weiter Geld in das Welios zu pumpen. „Das Eigenkapital ist aufgebraucht und die Stadt muss Verantwortung übernehmen. Wir bekennen uns weiterhin zu diesem bildungspolitisch und touristisch wichtigen Projekt. Dazu ist aber eine Kurskorrektur dringend nötig“, erklärt VP-Wirtschaftsstadtrat Peter Lehner.


Vernichtend fällt das Urteil des FP-Stadtrats Andreas Rabl aus: „Jeder, der einen Businessplan lesen kann, hätte sofort sehen müssen, dass man hier nur Geld verbrennt.“ An eine Besserung glaubt er nicht, eher an eine Totgeburt: „Das Konzept ist schlecht. Das Thema Energie allein interessiert doch keinen Menschen.“
Der neue Interimsgeschäftsführer, Peter Jungreithmair, will von derartiger Schwarzmalerei nichts wissen: „Das ist doch nur polemisches Gerede. Solche Dinge brauchen eben Zeit. Wir haben ein gutes Produkt und gehen mit voller Motivation ins neue Jahr.“

Neustart

Es liegt nun in der Hand der Stadtregierung, die finanziellen Löcher zu stopfen. Die Bedingung lautet: Die  Interimsgeschäftsführung muss das Welios bis 30. Juni 2012  endlich auf Kurs bringen, damit neue Investoren anbeißen.
Als erster Schritt zur Gesundung werden die horrenden Personalkosten reduziert und das Marketingbudget aufgestockt. Stadtmarketing-Chef Jungreithmair und Messedirektor Robert Schneider müssen ein neues strategisches Konzept erstellen. Die Eintrittspreise (derzeit 13 Euro für Erwachsene) werden gesenkt, der Werbeauftritt verstärkt.  Das Haus soll künftig häufiger für Veranstaltungen geöffnet werden. Bürgermeister Peter Koits (SP) ist optimistisch: „Das Welios hat eine gute Chance, wir geben die Hoffnung nicht auf.“

Besucher müssen mitmachen

Die 150 Exponate anzufassen ist im „Mitmachmuseum“ Welios, dessen Name sich aus Wels und dem griechischen Sonnengott Helios zusammensetzt, ausdrücklich erwünscht. Berührungsängste vor  den häufig als trocken empfundenen Naturwissenschaften sollen  abgebaut werden.
Auf  3000   Ausstellungsfläche erfahren Besucher durch interaktive Ausstellungsstücke Wissenswertes zur Solarenergie, Windkraft, Wasserkraft,  Geothermie oder Biomasse. Mit der Kraft ihrer Muskeln können Jung und Alt im Science Center durch das Drehen von Kurbeln Strom erzeugen oder ein kleines Pumpspeicherkraftwerk in Betrieb setzen.
Zusätzlich gibt es Tipps, wie sie ihre jährliche CO2-Bilanz verbessern können.

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