Klara Antonia Csiszar: Ich denke nicht. Ich sehe mich als Teil dieser Kirche. Ich nehme viele Bemühungen wahr, dass möglichst alle sagen können, ich kann mitgestalten, ich bin da gefragt. In Afrika, in Asien, in Lateinamerika stellt man sich diese Frage gar nicht.
Da wird die Männerkirche problemlos akzeptiert?
Nein, da hat man einen völlig anderen Umgang. Auch in Osteuropa habe ich mir nie diese Frage gestellt.
Viele haben gehofft, dass ein Resultat der Weltbischofssynode die Zulassung des Diakonats für Frauen sein wird. Sie ist nicht gekommen. Sie waren enttäuscht, als Sie den Schlusstext gelesen haben.
Nicht wegen des Frauendiakonats. Ich habe es nicht erwartet. Von den Teilnehmern waren es ganz wenige. Ich war mir sicher, dass die Abstimmung mit Nein ausgegangen wäre.
Eine Bestätigung der Kritik.
Es dreht sich nicht alles um das Amt. Es ist ein falsches Verständnis, die Kirche nur vom Amt her zu verstehen. Das Amt ist nur ein Werkzeug, um vielen die Möglichkeit zu eröffnen, Kirche mitzugestalten und in der Welt als Christinnen und Christen präsent zu sein.
Warum waren Sie dann frustriert?
Wenn es keine Änderung in den Strukturen und den Rechenschaftspflichten gibt, dann machen alle so weiter, wie das bisher der Fall war.
Was heißt das?
Dass viele partizipativ mitgestalten können und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können. Warum machen sie das so? Wer hat das entschieden? Gibt es Möglichkeiten der Mitentscheidung? Ein Rektor einer Universität kann beispielsweise auch nicht alles allein entscheiden, das ist keine One-Man-Show. Die Gremien helfen ihm dabei, gute Entscheidungen für die Universität zu treffen. Kirchliche Ämter sollten immer mehr zu dem werden, wozu sie da sind.
Nämlich?
Eine Kirche zu ermöglichen, die bei den Menschen ist.
Es ist doch ein Faktum, dass Frauen in der Kirche nicht gleichberechtigt sind.
Ja, das sagt der deutsche Sprachraum. Darüber hinaus kümmern sich nur wenige darum.
Beispielsweise in Ihrer ursprünglichen Heimat Rumänien.
In Rumänien wird diese Frage nicht gestellt. Ich habe diese Frage das erste Mal im deutschen Sprachraum gehört. Wie viele stellen sich diese Frage? Seitdem unter Papst Franziskus über diese Frage diskutiert werden darf, hat das die Auswirkung, dass auch in anderen Ortskirchen darüber geredet wird. Wenn ich bei der Synode mit einer irakischen Schwester am Tisch sitze, die in ihrem Leben nur Krieg kennt, und sie nur in Frieden leben kann, wenn sie in Rom bei der Synode ist, geht es bei ihr primär um Leben und Tod und weniger um die Gleichberechtigung.
Die Menschen haben ganz unterschiedliche Lebenserfahrungen.
Die Entwicklungen in den Gesellschaften und in der Theologie waren seit den 1960er-Jahren unterschiedlich. Die osteuropäischen Länder hatten damals ganz andere Sorgen als die westlichen. Es gab im Westen einen Wohlstand, den es so nicht mehr geben wird. Er ermöglichte auch eine Entwicklung der Demokratie.
Sie meinen, dass dieser Wohlstand so nie wiederkommen wird?
Nie wieder. Wir haben momentan eine ganz andere wirtschaftliche Situation. Momentan müsste jeder schauen, dass er ein bisschen einfacher lebt und weniger konsumiert.
Woran machen Sie das fest?
An den zahlreichen Krisen, die uns alle betreffen.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es in den westlichen Kirchen viele bezahlte Mitarbeiter, die theologisch ausgebildet waren. Das haben sich die postkommunistischen Länder nicht leisten können. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Fragen, die man sich stellt.
Die Frauenfrage könnte insofern abgemildert werden, als Frauen in Spitzenpositionen bestellt werden. Papst Franziskus hat angekündigt, innerhalb von zwei Jahren eine Frau an die Spitze eines Dikasteriums (vatikanisches Ministerium) zu berufen.
Ja, das ist möglich. Franziskus hat vor zwei Jahren gesagt, dass er das machen wird. Mit der Einbeziehung von Frauen in allen Bereichen könnte man zeigen, dass Frauen überall präsent sind und zum Bild der Kirche gehören. Die Kirche ist ganz weit von einer Frauenpartizipation entfernt, wie wir sie hier in der Diözese Linz oder im deutschen Sprachraum kennen. Sobald es zum Normalfall wird, dass Frauen in der Gestaltung der Kirche dabei sind, werden die Fragen nach der Frauenordination weltweit kommen.
Pater Johannes Schasching, ein aus Stadl bei Engelhartszell stammender, führender Jesuit, hat bereits in den 1980er-Jahren gesagt, die Kirche müsse aufpassen, dass sie nicht die Frauen verliere so wie sie im 19. Jahrhundert die Arbeiterschaft verloren habe.
So ist es.
Der Druck zur Änderung ist da.
Im deutschen Sprachraum und in Westeuropa ist der Druck viel größer. Wenn der in den vergangenen Jahrzehnten nicht da gewesen wäre, wäre auch die Weltkirche nicht so weit, wie sie ist. Man muss manchmal ein bisschen provozieren, damit gute und mutige Schritte in die Zukunft gesetzt werden. Für uns ist das möglicherweise zu spät, für andere zu schnell. Es gibt weltweit 1,3 Milliarden Katholiken. Wir wissen auch aus Österreich, dass nicht alle gleich denken.
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