Stelzer: „Digitaluniversität ist eine unglaubliche Chance“
Thomas Stelzer (ÖVP, 57) ist seit nunmehr knapp acht Jahren Landeshauptmann von Oberösterreich.
KURIER: Die Insolvenz des Motorradherstellers KTM erschüttert die Region Mattighofen. Welche Maßnahmen setzt hier das Land?
Thomas Stelzer: Wir alle gehen davon aus, dass es mit neuen Investoren weitergeht, die zum Produktionsstandort Innviertel stehen. Gemeinsam mit den Sozialpartnern haben wir dafür gesorgt, dass Mitarbeiter, die beschäftigungslos werden, aufgefangen und betreut werden und dass es für sie Angebote gibt. Obwohl Oberösterreich noch immer zu den besten Bundesländern gehört, steigt die Arbeitslosigkeit. Dennoch werden in allen Bereichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Wir werden mit den Vertretern der Gemeinden und der Region reden, wie wir sie unterstützen können.
An KTM wird die Rezession der Industrie besonders sichtbar. Sie ist eine europaweite Entwicklung. Wie kann das Land hier gegensteuern?
Das Thema ist ein europaweites. Wir brauchen einen Mentalitätswechsel. Wir müssen weg von der Verbotskultur und von den von oben verhängten Vorschriften. Sie haben dazu beigetragen, dass uns andere Standorte in der Welt um die Ohren fahren und uns Unternehmen abziehen.
Was heißt das konkret?
In der EU wird nicht nur ein politisches Ziel definiert, sondern es wird gleichzeitig festgelegt, wie das Ziel zu erreichen ist. Selbst in der Wissenschaft. Es wird zum Beispiel vorgegeben, dass es nur eine Technologie geben darf. Das schadet jedem Standort, erst recht Europa, das immer schon ein teurer, aber erfolgreicher Standort war, weil er innovativ war. Diese Verengung war fatal und trägt zum Herunterfahren des Industriestandorts Europa bei.
Was macht Oberösterreich?
Wir beschleunigen die Genehmigungsverfahren, wir bauen die Bürokratie ab und nehmen Vorschriften zurück. Wir wollen mit dem wenigen Geld, das uns noch zur Verfügung steht, die grüne Transformation von Wirtschaft und Industrie unterstützen. Mittelfristig stehen wir vor der Herausforderung, genügend Mitarbeiter für die neuen Technologien zu haben. Bildung, Forschung und Entwicklung sind für uns das Um und Auf, wenn wir in Europa wiedererstarken wollen.
Die Digitaluniversität wäre ein zentrales Projekt, sie erfüllt aber die Erwartungen nicht. Sie haben erklärt, sich persönlich um die Standortfrage zu kümmern. Für den geschäftsführenden Linzer Vizebürgermeister Dietmar Prammer ist nach seinem Nein zum Standort Kepleruniversität die Postcity beim Linzer Bahnhof die Alternative.
Sprunghaftigkeit ist noch ein höflicher Ausdruck dafür, dass die Stadt Linz hier eine komplette Kehrtwende gemacht hat. Das ist dem Bürgermeisterwahlkampf geschuldet.
Sie waren sauer.
Ja, weil es dem Projekt schadet und weil viel Geld investiert worden ist. Der Standort ist sogar in die 15-A-Vereinbarung hineingeschrieben wurde, die der Nationalrat und der Landtag beschlossen haben. Es haben sich inzwischen viele Interessierte für den Standort gemeldet, die wir alle gesammelt haben. Zuständig ist hauptsächlich der Bund, sprich die Bundesimmobiliengesellschaft, wir begleiten sie.
Es ist derzeit sinnlos, in weitere Verhandlungen einzutreten, bevor nicht die Frage geklärt ist, wer Linzer Bürgermeister wird. Für die nächsten Jahre sind die Räumlichkeiten vorerst gesichert, die Mitarbeiter sind auf der Universität untergebracht bzw. in Räumen in Universitätsnähe. Aber je schneller der Neubau begonnen werden kann, umso besser ist es.
Nun sagt plötzlich Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP), er sieht sich nicht mehr in der Pflicht, den Bundesanteil an den Gebäudekosten zu übernehmen.
Das müssen sich die überlegen, die das ausgelöst haben. Die Stadt Linz zahlt keinen Cent für das Projekt, das kommt ja noch dazu. Ich will nun Aufregung und Luft aus der Causa herausnehmen. Wir warten ab, wer künftig die Verantwortungsträger sind. Dann werden wir das vernünftig lösen. Unabhängig von den laufenden politischen und wirtschaftlichen Diskussionen ist es eine unglaubliche Chance, eine derartige Universität neu aufbauen zu können und neue Leute am Standort anzuziehen. Da muss man ja 1.000 Rosen streuen.
Für Sie ist die Digitaluniversität nach wie vor ein zentrales Projekt?
Sie ist selbstverständlich ein zentrales Projekt. Wissenschaft, Forschung und Bildung sind die Treiber am Standort. Es ist gar nicht hoch genug einzuschätzen, dass wir diese Chance haben.
Müsste man nicht in die Digitaluniversität viel mehr investieren? Das ist doch ein Leuchtturmprojekt für die Zukunftsfähigkeit.
Das ist sie auch. Eine Universität ist gut für den Standort, wirkt aber immer für die gesamte Republik. Dass der Betrieb bereits nach zwei Jahren begonnen wurde, zeigt, wie viel Energie hier investiert wird. Das internationale Interesse ist ebenfalls groß, das zeigt sich am Beispiel der Professoren. Hier sieht man, welche Chancen wir haben.
Sie sind mit der Entwicklung zufrieden?
Natürlich habe ich im Kopf, dass immer noch mehr geht, noch schneller und noch größer. Es ist aber sehr bemerkenswert, dass wir schon so weit sind. Ich setze darauf, dass sie sich groß weiterentwickelt.
Sie bleiben dabei, dass sie eine eigene Universität bleiben soll? Es gibt gewichtige Stimmen, die meinen, man sollte sie mit der technischen-naturwissenschaftlichen Fakultät der Kepleruniversität und dem KI-Institut von Sepp Hochreiter zusammenführen und diese Fakultät ausbauen.
Das sind Diskussionen, die im Vorfeld der Gründung geführt worden sind. Es gab auch Ideen wie die der Einbindung des Ars Electronica Centers. Der Bund hat sich für eine eigene Universität entschieden und dafür ein eigenes Gesetz beschlossen. Das macht Sinn, weil auf der neuen Universität anders gearbeitet wird, als es dem normalen Universitätsorganisationsgesetz entspricht. Darin liegt eine Chance, deshalb sollte man das beibehalten.
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