Vertrauen in Zukunft angeschlagen

Mit den bürokratischen und finanziellen Belastungen muss Schluss sein: Michael Rockenschaub, der seit Jahresbeginn neuer Chef der Sparkasse Oberösterreich ist.
Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse sieht Stagnation statt Wachstum.

Michael Rockenschaub (59) ist seit Jahresbeginn Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Oberösterreich.

KURIER: Wie ist Ihre Meinung zur Steuerreform?Michael Rockenschaub: Österreich ist mit der Lohn- und Einkommenssteuer so weit oben, dass der Frust des Mittelstandes groß ist. Wir bekommen das bei unseren Geschäften mit, aber auch bei den eigenen Mitarbeiter. Stellen- oder Abteilungsleiter, die bürgerliche Durchschnittsgehälter haben, werden mit ihren Zusatzbezügen zu 50 Prozent belastet. Es ist höchste Zeit für eine Entlastung.

Sollte eine Vermögenssteuer kommen, darf sie kein bürokratisches Monster werden. Sie wurde vor rund 20 Jahren unter Finanzminister Ferdinand Lacina abgeschafft. Damals wurde die Kapitalertragssteuer eingeführt, dafür wurden die Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögenssteuer abgeschafft. Der Aufwand für die Erfassung und Verwaltung der Vermögenssteuer waren extrem hoch, die in keinem Verhältnis zu den Erträgen standen. Dazu kamen die vielen strittigen Fragen, was Vermögen überhaupt ist.

Ich habe die Befürchtung, dass ein bürokratisches Monster auf uns zurollt. Dass die Recherchearbeiten und Bestätigungen wieder auf uns Banken abgewälzt werden. Die Sparbuchstände, der Bestand an Wertpapieren, Lebensversicherungen, Pensionsansprüche, etc. Wir sind schon reichlich Kummer gewohnt.

Was kostet die Bank der bürokratische Aufwand?

Es geht jedes Jahr in die Millionen. Von den insgesamt 1600 Mitarbeiter sind zwei bis drei Dutzend ausschließlich damit beschäftigt, die neuen Regularien umzusetzen. Dazu kommt noch die IT, die wesentlich teurer ist.

Wer ist aus Ihrer Sicht ein vermögender Mensch?

Das ist schwer zu sagen. Es wird hier sehr philosophisch und politisch. Alles ist sehr relativ. Wenn sich jemand ein Haus gebaut hat, dann kann das 500.000 Euro wert sein. Hier sind wir im Häuslbauerbereich, nicht im Luxus. Dazu kommt ein Mittelklasseauto, vielleicht eine Lebensversicherung oder die Ansparung auf eine Pension. Vielleicht hat jemand Schmuck oder eine Münzsammlung geerbt. Dazu kommt der Hausrat, Bilder, etc. All das ist Vermögen. Da ist man schnell einmal bei einer Million. Wir haben sehr viele Erben, sodass die junge Generation oft schuldenfrei ist.

Sie müssten alle Vermögenssteuer zahlen?

Sie würden alle drankommen. Bei der alten Vermögenssteuer hat der übliche Bedarf des Lebens nicht gezählt. Zum Beispiel der gesamte Hausrat oder ein Standardauto. Übliche Schmuckstücke oder die Briefmarkensammlung wurden nicht gerechnet. Es gab Freibeträge für Sparbücher. Was darüber war, musste mit einem Prozent versteuert werden. Es war nicht leicht, die Steuer ohne Steuerberater zu erklären. Es haben viele ihre Sparguthaben mit dem Argument nicht deklariert, dass sie nicht unter die Steuer fallen. Vielen Menschen war auch gar nicht klar, dass Zinseinkünfte zu versteuern sind. Deshalb wurde damals die Kapitalertragssteuer Kest eingeführt. Wenn man das wieder aufschnürt, befürchte ich eine enorme Bürokratie.

Die Sparkasse Oberösterreich hat nun die früher selbstständigen Sparkassen Kremstal-Pyhrn und Niederösterreich-West integriert. Wird dieser Konzentrationsprozess weitergehen?

Es gibt in Oberösterreich noch eine Handvoll Gemeindesparkassen. Sie sind im Haftungsverbund mit der Erste Bank. Solange diese Sparkassen gut wirtschaften und der Bürgermeister sie nicht verkaufen will, werden sie selbstständig bleiben. In den vergangenen 20 Jahren haben sich die weitaus meisten Gemeinden entschlossen, ihre Sparkasse bei der Sparkasse Oberösterreich einzubringen.

Kann man durch die Fusionen etwas einsparen?

Ja, sicher. Man kann Overheads einsparen. In der Steiermark ist das viel weiter fortgeschritten, da gibt es nur mehr zwei kleine Sparkassen. In Salzburg gibt es nur mehr die Salzburger Sparkasse. In Niederösterreich gibt es noch um die 25.

Die Europäische Zentralbank EZB beklagt, dass die Banken zu zurückhaltend bei der Kreditvergabe sind und deshalb das Wachstum nicht in Fahrt kommt. Das betrifft speziell Südeuropa. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Wir haben einen absoluten Mangel an Nachfrage nach Krediten. Die Nachfrage im historischen Vergleich ist sehr gering. Viele Firmen sind vorsichtig, warten ab und schieben Investitionen auf. Sehr gute Firmen investieren, vor allem jene, die international aufgestellt sind. Diese haben aber so starke cash flows und Ertragslagen, dass sie sich die Investitionen aus dem Kassenbestand leisten können und keine Bankkredite benötigen. Die oberösterreichischen Banken haben alle genügend Liquidität, um finanzieren zu können. Sie wollen das auch. Es gibt einfach zu wenig Projekte im Mittelstand.

Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes WIFO, prognostiziert für Oberösterreich heuer ein Wachstum von 1,9 Prozent, was ein guter Wert ist.

Das kommt mir etwas hoch vor und entspricht nicht dem gefühlten Wachstum. Es gibt drei Kategorien von Unternehmen. Da sind die weltweit aufgestellten, die Top-Exporteure, die ein Wachstum von drei bis fünf Prozent verzeichnen. Der Handel ist der mittlere Bereich, der bereits bröckelt und ein leichtes Minus verzeichnet. Dazu kommen kleinere Firmen, die in Österreich und im EU-Binnenmarkt unterwegs sind. Sie stagnieren. Die dritte Kategorie sind Firmen wie Bauunternehmen, die ein dickes Minus verzeichnen. Es fehlen Projekte und Aufträge, die öffentliche Hand muss sparen. Alles in allem ergibt das eine Stagnation bis hin zu einem Miniwachstum.

Was sind Ursachen? Haben die Firmen zu wenig Vertrauen in die Wirtschaft, dass sie investieren?

Das Vertrauen in die Zukunft ist angeschlagen. Die meisten Firmen bleiben auf der sicheren Seite. Wenn die Erträge halbwegs passen, sagen sie, ich mache mein Geschäft, aber investieren bitte später. Jeder sucht nach Einsparungsmöglichkeiten, das fehlt anderen beim Umsatz. Der Ertrags- und Spardruck wirkt sich überall aus. So entsteht diese Stimmung.

Dazu kommt die Großwetterlage, wie es in Europa und mit mit dem Euro weitergeht, wie der Schuldenstand der Länder ist, die Frage, ob noch einmal eine Krise kommt? Das alles zusammen ist für das Vertrauensklima schlecht. Wer hätte gedacht, dass es in EU wieder einmal politische Risiken gibt wie in die Enteignungen in Ungarn. Das ist Gift. In Österreich hat die Abgabenlast Ausmaße erreicht, dass die Unternehmer fragen, warum sie sich das antun sollen. Dazu kommt der Dokumentationsverpflichtungswahn, der für jeden Kleinbetrieb eine Zumutung ist. Heute wird man ununterbrochen überprüft. Das kann man der Perfektion zuliebe alles machen, aber es kostet Geld, das zuerst verdient werden muss. Das war in den vergangenen Jahren eine Riesenwelle, die zu den Belastungen der Steuern, Abgaben und Gebühren dazugekommen ist.

Griechenland ist mit 170 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldet, Italien mit 130 Prozent. Glauben Sie, dass diese Länder das jemals zurückzahlen können?

Man kann es sich schwer vorstellen, dass manche Länder das jemals zurückzahlen werden. Sie werden den Schuldenstand bestenfalls halten und nur über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren auf ein erträgliches Ausmaß reduzieren können. So lange die Zinsen so niedrig sind wie jetzt, werden sie mit dem jetzigen Zustand weiter existieren können.

Aber auch das trägt zum Unsicherheitsgefühl der Menschen bei uns bei.

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