SP-Chefin: Konservative Einstellungen werden wieder schick
Eva-Maria Holzleitner ist seit 2017 Abgeordnete zum Nationalrat. Die Welserin wurde 2021 in einer Kampfabstimmung zur Bundesvorsitzenden der SPÖ-Frauen gewählt. Seit Juni ist die 30-Jährige auch stellvertretende Obfrau des SPÖ-Parlamentsklubs.
KURIER: Sie haben sich in der Diskussion um den neuen SPÖ-Vorsitzenden mehrfach zu Wort gemeldet und standen auch als mögliche neue Klubobfrau zur Diskussion. Was ist der Grund für Ihren raschen Aufstieg in der Sozialdemokratie?
Eva-Maria Holzleitner: Nachdem Pamela Rendi-Wagner nach der Mitgliederbefragung erklärt hat, dass sie als Parteivorsitzende nicht mehr zur Verfügung stehen wird, war ich neben Doris Bures eine der wenigen Frauen, die im Parteipräsidium bzw. an der Spitze waren. Dadurch war die Möglichkeit gegeben, präsenter zu sein. Es hat sich die Aufmerksamkeit verstärkt auf mich gerichtet.
Sie waren ursprünglich Unterstützerin von Pamela Rendi-Wagner. Wen haben Sie nach ihrem Verzicht unterstützt?
Dann habe ich mich ganz bewusst nie offiziell geäußert. Ich habe in unserer Organisation gesehen, dass es unterschiedliche Unterstützerinnen gab. Ich wollte die Diskussion dann nicht noch in die Frauengremien bringen.
Sie wurden mehrfach als mögliche Kandidatin für den Klubvorsitz genannt. Warum sind Sie es nicht geworden?
Der Frauenvorsitz nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Ich will die Frauenorganisation nicht vernachlässigen. Als Andi Babler an mich herangetreten ist, ob ich nicht Philipp Kuchler als Stellvertreterin unterstützen möchte, habe ich gerne zugesagt. Ich finde Bablers Vorstellung des Teamgedankens sehr gut. Kuchler kenne ich schon einige Jahre aus dem Klub und ich kann gut mit ihm zusammenarbeiten.
Die personelle Diskussion um die Parteispitze ist vorerst zu Ende, die inhaltliche Diskussion geht jedoch weiter. Babler will eine 100er-Beschränkung auf der Autobahn, die Verkürzung der Arbeitszeit auf 32 Stunden etc., was auf den Widerstand zum Beispiel des Linzer Bürgermeisters Klaus Luger gestoßen ist.
Die Diskussion zeigt, dass es den Parteitag braucht, um die Linien für die nächste Zeit festzulegen. Das ist auch für den Parteitag im November so geplant.
Ein Diskussionspunkt sind auch mögliche Partner für eine Regierungskoalition nach der Nationalratswahl im nächsten Jahr. Sowohl Hans Peter Doskozil als auch Babler haben sich für eine Ampelregierung aus SPÖ, Grünen und Neos ausgesprochen. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig als auch der Tiroler Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer schließen dagegen eine Koalition mit der ÖVP nicht aus. Wie ist hier Ihre Position?
Dass Dornauer das vorschlägt, ist mir völlig klar, denn er ist in einer Koalition mit der ÖVP. Es hängt auch immer davon ab, welche Personen vorne stehen. Frauenpolitisch habe ich aber in den vergangenen Jahren gesehen, dass es Parteien gibt, mit denen man nicht viel weiterbringt. Die FPÖ haben wir immer ausgeschlossen, das halte ich für sehr richtig.
Bei der ÖVP sieht man, dass es die konstruktiveren Kräfte nicht schaffen, Frauenpolitik gemeinsam vor anzutreiben. Eine Ampelkoalition würde im Sinne der Gleichstellung der Geschlechter mehr zustande bringen. Zum Beispiel beim Recht auf Kinderbildung.
Wenn man sich die Umfrageergebnisse ansieht, kann es passieren, dass die Ampelkoalition keine Mehrheit hat. Was schlagen Sie für diesen Fall vor?
Man kann für die Ampel als Zukunftsmodell werben. Aber man sieht erst am Wahltag, welche Regierungsform möglich ist. Wenn FPÖ und ÖVP eine Mehrheit haben, werden sie diese auch nutzen. Das hat man schon im Jahr 2000 gesehen.
Sie glauben, dass es zu einer FPÖ-ÖVP-Koalition kommt, obwohl die ÖVP einen Kanzler Herbert Kickl ausschließt?
Ja, das glaube ich. Unser Ziel muss sein, dass die SPÖ stärkste Kraft wird.
Sie haben in der parlamentarischen Abstimmung über die Linzer Digital-Universität mit Nein votiert. Haben sich hier die bundesweiten Interessen gegenüber den Interessen der oberösterreichischen Regionalabgeordneten durchgesetzt?
Nein. Es hätten sich auch Steyr und Wels als Standort für die Digital-Universität beworben. Ich verstehe den Zugang der Stadt Linz, dass sie sich beworben hat. Aber als Mitglied des Wissenschaftsausschusses im Nationalrat ist es meine Aufgabe, die Hochschullandschaft insgesamt zu betrachten. Wir haben mit der Fachhochschule in Hagenberg und mit der Johannes-Kepler-Universität bereits sehr tolle Institutionen.
Es bestand die Gefahr, dass diese beiden Standorte darunter leiden, wenn ein dritter Player aufs Spielfeld kommt. Ist es für die Hochschulen in Österreich insgesamt nicht generell ein Problem, wenn eine neue Hochschule vom selben Kuchen ein zusätzliches Stück haben will? Trotz der Anschubfinanzierungen. Es ist meine Aufgabe im Wissenschaftsausschuss, alle Interessen im Blick zu haben. Ist es wirklich gescheit, eine dritte Hochschule nach Oberösterreich zu bringen?
Man sieht leider an den vielen Hoppalas, die passiert sind, mit dem Gründungskonvent, mit der Rektorswahl etc., dass das Konzept nicht ausgereift war, als man den Startschuss gemacht hat. Das ist kein guter Start. Diese Hoppalas sind dem Ruf der Universität nicht zuträglich. Das wird auch international wahrgenommen.
Umfragen signalisieren, dass es auch bei den Frauen einen Trend zur FPÖ gibt. Der ist doch einigermaßen überraschend.
Ich weiß, es gibt Umfragen, dass Frauen zu den Freiheitlichen tendieren. Man erlebt das Wieder-schick-Werden von konservativen Einstellungen, von einer Politik, die die Frauen wieder hinter den Herd drängt. Unsere Aufgabe ist, die Errungenschaften der Frauenpolitik hochzuhalten. Die Gleichstellung der Geschlechter muss weiter vorangetrieben werden. Viele Ehen werden geschieden, jede dritte Frau erlebt Gewalt. Wir sehen der Realität ins Auge. Es ist ganz zentral, dass Frauen ihr Leben selbstbestimmt leben können. Dafür braucht es die Möglichkeit, Vollzeit erwerbstätig sein zu können.
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