„Seit der Diagnose hatte ich oft Todesangst“

„Seit der Diagnose hatte ich oft Todesangst“
16 Chemotherapien, eine OP, 33 Bestrahlungen: Seit einem Jahr kämpft Marijana Lozančić, Mama von zwei kleinen Buben, gegen Brustkrebs.

Und dann war da dieser heiße Augustnachmittag 2018. Marijanas Mann, Mladen, holte den Haarschneider aus dem Bad und versammelte die Familie im Garten. Zuerst durften die Buben Matteo, damals 3, und Marco, 1, ihrem Papa die Haare abrasieren, dann wollten sie selber eine Glatze. Und zum Schluss war Marijana an der Reihe. Null Millimeter blieben übrig. „Da wurde mir so richtig bewusst, dass ich sehr krank bin“, erinnert sich die 36-Jährige.

Äußerst aggressiv

Triple-negativer Brustkrebs, eine äußerst aggressive Ausprägung, lautete die Diagnose am 15. Juli 2018. Seitdem ist fast ein Jahr vergangen. Ein Jahr, in dem Marijana Lozančić sowohl körperlich als auch psychisch unglaubliche Tiefen ertragen musste. Ein Jahr, in dem sie mit all ihren Kräften gekämpft hat.

„Seit der Diagnose hatte ich oft Todesangst“

„Nach der Diagnose wollte ich einfach überleben. Ich habe nur an meine Kinder gedacht, dass ich sehen will, wie sie aufwachsen und groß werden.“ Dieser Gedanke habe sie auch in den dunkelsten Stunden motiviert, durchzuhalten. „Denn ich hatte oft Todesangst.“

Unerwartet

Die lebensbedrohliche Krankheit packte die junge Frau ganz unerwartet. „Eigentlich dachte ich an eine Brustentzündung nach dem Stillen, mit so einer Diagnose hätte ich niemals gerechnet“, erzählt die gebürtige Salzburgerin mit kroatischen Wurzeln. Der Liebe wegen ist sie vor sieben Jahren nach Pasching gezogen.

Nach dem ersten Termin im Brustkompetenzzentrum bei den Barmherzigen Schwestern in Linz ging dann alles sehr schnell. 16 Chemotherapien machten den Anfang. „Ich kann gar nicht beschreiben, was das für Schmerzen sind. Drei, vier Tage lang konnte ich nur im Dunkeln liegen, nicht aufstehen, einfach nur dahinvegetieren. Sobald es bergauf ging, kam schon wieder die nächste Behandlung.“ Für ihre Kinder habe sie sich oft aufgerafft, „denn ich wollte nicht, dass sie mich als kranke Mama in Erinnerung haben“. Rasch fielen die Haare aus, „wobei der Verlust von Wimpern und Augenbrauen für mich schlimmer war als die Kopfbehaarung.“

Mit dem älteren der beiden Buben, Matteo, sprachen die Eltern offen über die Krankheit, auch im Familien- und Freundeskreis machte Marijana kein Tabu aus dem Brustkrebs: „Ich brauchte und brauche kein Mitleid, das hilft niemandem. In dieser schwierigen Zeit haben mir Gespräche und die Unterstützung meiner engsten Familie und Freunde am meisten geholfen. Außerdem habe ich viel gebetet, das hat mir Kraft gegeben.“

„Seit der Diagnose hatte ich oft Todesangst“

Denn so ein schweres Schicksal betrifft ja nie nur die erkrankte Person, sondern hat auch Einfluss auf die Familie: Im Falle der Lozančićs schaukelten Omas und Opas, Schwestern und Schwägerinnen sowie Freundinnen den Alltag mit den zwei kleinen Kindern. Kochten, putzten, spielten, machten eben alles, was zu tun war, um das Familienleben aufrecht zu erhalten.

„Und mein Mann war im vergangenen Jahr eine riesengroße Unterstützung. Ihm war auch völlig egal, dass ich keine Haare mehr hatte. Als ich das mal angesprochen habe, hat er nur gesagt: Was soll das Problem sein? Du bist doch trotzdem noch die selbe Person!“

Starke Ausstrahlung

Kurz vor Weihnachten fand dann die Brustoperation statt, der Tumor wurde entfernt, „rechtzeitig zum Christkind war ich wieder daheim.“ Danach folgten 33 Bestrahlungen und ein Reha-Aufenthalt.

Rein äußerlich sieht man der schönen Frau mit der starken Ausstrahlung gar nicht an, was sie in den vergangenen Monaten mitgemacht hat. „Es sagen oft Leute zu mir, du siehst ja eh so gut aus. Die vergessen alle, dass ich ja nicht im Gesicht krank bin.“

Was derzeit als Nachwirkung von den Chemos und Bestrahlungen geblieben ist, sind starke Polyneuropathien, also Gefühlsstörungen, an Händen und Füßen. Die Fingernägel, die komplett unter Eiter gestanden sind, heilen langsam wieder. Physio- und Stromtherapien stehen nun täglich für die zweifache Mama an: „Es dauert sehr lange, bis sich der Körper wieder erholt. Ich merke auch, dass ich mir jetzt meine Kräfte sehr gut einteilen muss, ich kann nicht mehr alles niederreißen.“

Frauen mit ähnlicher Diagnose will die 36-Jährige Mut machen: „Immer optimistisch bleiben, Hilfe einfordern und annehmen, offene Gespräche führen und psychologische Unterstützung suchen. Alleine schafft man sowas nicht.“

Zeit mit der Familie

Wie prägt so eine Extremsituation den Blick auf das eigene Leben? „Ich bin jetzt viel positiver und dankbarer. Nichts, von alldem, was mich vor dem Krebs aufgeregt hat, ärgert mich jetzt wirklich. Die Prioritäten verschieben sich total und man sieht viel klarer, was wichtig ist im Leben. Für mich ist das meine Familie.“ Jeder Moment mit ihren zwei Buben sei ein kostbares Geschenk, nichts sei mehr selbstverständlich.

„Seit der Diagnose hatte ich oft Todesangst“

Für die nahe Zukunft hat die Familie einen ganz konkreten Wunsch: „Wir wollen unbedingt unseren Urlaub am Meer nachholen, den wir letztes Jahr wegen meiner Krankheit verschieben mussten. Meine Kinder sollen heuer einen tollen Sommer haben.“

 

Vorsorge- und Tastseminar der Krebshilfe OÖ

„Früherkennung ist so wesentlich. Einen Knoten in der Brust zu übersehen, ist sehr gefährlich.“ Karin Lettner ist Beraterin bei der Krebshilfe OÖ und Referentin bei den Tast- und Vorsorgeseminaren, die in regelmäßigen Abständen von der Krebshilfe OÖ veranstaltet werden (aktuelle Termine und Infos auf www.krebshilfe-ooe.at).

Brust abtasten
„Wir zeigen bei diesen Seminaren einen Infofilm zur Mammografie, außerdem werden die Teilnehmerinnen an den jährlichen Frauenarzt-Besuch erinnert und auch daran, dass sie dort auf jeden Fall eine Brustuntersuchung einfordern sollen.“ Außerdem werde an medizinischen Puppen gezeigt, wo und wie die Brust ein Mal pro Monat abgetastet werden soll, „das muss man einfach erklärt bekommen.“ Das 16-jährige Mädchen sei genauso willkommen wie die  92-jährige Seniorin.

Zeit als wichtiger Faktor
Rund 820 Frauen, darunter auch sehr junge, erkranken in OÖ jährlich an Brustkrebs. „Wir hatten erst kürzlich einen Fall, da hat ein 17-jähriges Mädchen einen bösartigen Knoten selbst ertastet und der konnte dann früh entfernt werden“, erzählt Lettner. Denn Zeit ist vor allem bei Brustkrebs ein entscheidender Faktor.

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