"Müssen die Kritiker ernst nehmen"

Etnholzer versucht als Parteivorsitzender, alle Gruppen in das Gesamtgefüge zu integrieren.
SPÖ-Landeschef Reinhold Entholzer über den Parteitag, die Frauenquote, die Spitalsreform und den Ausbau der Öffis.

Reinhold Entholzer ist seit einem Jahr Vorsitzender der SPÖ Oberösterreich. Seit 23. Jänner ist der 55-Jährige auch Landeshauptmannstellvertreter und in der Regierung für den Öffentlichen Verkehr und einen Teil von Oberösterreichs Gemeinden zuständig.

KURIER: Wie ist es auf dem Bundesparteitag gelaufen? Reinhold Entholzer: Es hat die heftigen Diskussionen gegeben, die zu erwarten waren, aber nicht so viel Einsicht, wie ich gehofft habe. Ich finde es in Ordnung, dass hart diskutiert wird. Wir hätten aber Werner Faymann mehr gestärkt, wenn er eine deutlichere Mehrheit gehabt hätte (er erhielt 84 Prozent, Anm. d. Red.).

Mit Sonja Ablinger und der SJ-Vorsitzenden Fiona Kaiser haben sich auch zwei oberösterreichische Stimmen kritisch zu Wort gemeldet und gegen Faymann gestimmt.

Die Kritik ist auch in Ordnung. Ein paar dürften aber die inhaltliche Kritik nicht von der Position in der Regierung getrennt haben. Faymann ist nicht schuld, dass er nicht alles durchsetzen kann. In einer Demokratie ist es so, dass man Kompromisse aushandeln muss. Wir werden uns auch davon verabschieden müssen, ein gutes Bild in den Medien abzugeben. Wir dürfen uns von der medialen Wirklichkeit nicht treiben lassen.

Sind Sie unzufrieden mit dem Parteitag?

Ich bin nicht unzufrieden.

Wir müssen die Kritiker ernst nehmen und nachdenken, wie wir sie überzeugen können. Personell sollten wir Geschlossenheit zeigen.

Die Frauenquote hat einen Konflikt ausgelöst. Es laufen die Vorbereitungen für die Erstellung der Landtagsliste. Werden Sie den 50-prozentigen Frauenanteil halten können?

Der Konflikt um die Frauenquote tut mir persönlich weh. Denn wir in Oberösterreich haben sie im Vergleich zu den anderen Bundesländern am besten eingehalten. Wir haben ein Reißverschlußsystem und wir hatten bis zum Ausscheiden von Gerti Jahn im Landtag eine 50-Prozent-Quote. Mir ist die Gleichberechtigung der Frauen auch ein persönliches Anliegen.

Das Statut war in der Frage der Mandats-Nachfolge für Barbara Prammer nicht klar genug. Neben der Einhaltung der Frauenquote sind auch die Bezirke zu berücksichtigen. Der Innviertler will nicht von einem Mühlviertler vertreten werden, das gilt auch vice versa. Es geht nur mit vielen Gesprächen und miteinander. Wir können das nicht mathematisch lösen.

Der weitaus größte Teil der Bezirksvorsitzenden sind Männer.

Genau. Man muss schauen, dass das insgesamt funktioniert. Ich werde am Montag beim Landesparteivorstand mein System vorschlagen, wie die Erstellung der Landesliste funktionieren soll, damit ich den Auftrag bekomme, die Gespräche mit den Bezirken zu führen.

Dass die Frauenquote erfüllt wird ...

Auf jeden Fall. Das ist überhaupt kein Thema.

Die Braunauer SPÖ fordert ein Herzkathedersystem für das Braunauer Krankenhaus. Landeshauptmann Josef Pühringer hat der SPÖ daraufhin vorgeworfen, von der gemeinsam beschlossenen Spitalsreform abzurücken.

Wir stehen zur Spitalsreform. Sie ist aber nicht in Stein gemeißelt und es muss eine Evaluierung geben. Es ist in Oberösterreich schon eine Majestätsbeleidigung, wenn man über etwas spricht, das der Landeshauptmann nicht gerne hat. Er hat ja selbst auch Änderungen vorgenommen, zum Beispiel im Krankenhaus Grieskirchen. Wieso wir jetzt nicht sagen dürfen, man muss darüber reden können, verstehe ich nicht. Wir sind nicht gegen die Reform, denn auch uns ist bewusst, dass die Kostensteigerungen so nicht weitergehen können, denn ansonsten explodiert am Ende das System. Man muss hier einen Mittelweg finden, es ist eine Gratwanderung zwischen den Kosten und den medizinischen Erfordernissen.

Ist die Forderung der Braunauer eine Forderung der gesamten Landespartei?

Man muss sich das noch einmal anschauen. Es gibt verschiedene Ansichten. Die Lokalen sagen, wir brauchen alles. Die Ärzte sagen, wenn es nur drei Fälle gibt, ist es besser, das in jenen entfernten Spitälern zu machen, die das häufig praktizieren und es deshalb besser können.

Wir haben einen sehr hohen Anteil an Menschen,die in die Spitäler gehen. Es hat geheißen, das soll zu den niedergelassenen Ärzten wandern. In Wahrheit versucht man, die Kosten zur Gebietskrankenkasse zu verschieben. Das unterstelle ich dem Landeshauptmann einmal. Es war auch mit uns nicht abgesprochen, dass die Ambulanzzeiten in den Spitälern derart reduziert werden. Wir wollen, dass die Ambulanzzeiten wieder ausgeweitet werden.

Man sollte das System mit den Ärzten und den Ambulanzen noch einmal gemeinsam überlegen.

Ich hätte mir bei der Spitalsreform eine stärkere Entlastung in den Spitälern von den administrativen Arbeiten erwartet. Wenn ich höre, dass bei den Ärzten und Schwestern bis zu 50 Porzent der Arbeitszeit für die Aufzeichnungen aufgehen, dann muss man das ändern.

Wird die Spitalsreform ein Wahlkampfthema?

Wenn man vernünftig miteinander umgeht und Anpassungen vornimmt, sind wir sicher nicht dagegen. Wir haben uns zur Spitalsreform bekannt, aber auch zur laufenden Evaluierung. Man muss mit den Betroffenen reden.

Sie sind ein pragmatischer Sachpolitiker. Ihr Vorgänger Josef Ackerl hat von Zeit zu Zeit polemisiert. Für die Parteigänger ist es wichtig, dass der Chef hin und wieder aufzeigt und die Fahne hochhält. Braucht es nicht hin und wieder eine Zuspitzung?

Ja, durchaus.

Wer in der Partei übernimmt die Rolle des Dobermanns? Normalerweise sind das die Parteisekretäre.

Das wird auch so werden. Man kriegt dafür auch ein Schmerzensgeld (lacht). Wir werden das eine oder andere sicher verschärfen. Ich spüre das bei meinen Leuten. Sie sagen beim einen oder anderen Thema, hau’ einmal auf den Tisch, das kann ja nicht sein. Ich entgegne ihnen, dass nach der Landtagswahl 2009 alle gesagt haben, Erich Haider hätte nicht so auf den Tisch hauen sollen. Wir müssen den Mittelweg finden. Es hat wenig Sinn, jetzt ein Wahlkampfthema anzuzetteln, für das mich dann die ÖVP durch Sonne, Mond und Sterne schießt.

Es gibt schon erste Nervositäten.

Das ist gut, denn es zeigt, dass alle schon bereit sind.

In Linz häufen sich die Staus. Außer dem Westring werden keine Straßen mehr gebaut. Somit bleibt nur der Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Wann werden die neuen Straßenbahnprojekte fertig?

Der Ausbau nach Traun bis zur Umkehrschleife Trauner Kreuzung soll im Herbst 2015 fertig sein. Dort können wir im Siebeneinhalb-Minuten-Takt fahren. Es wird sofort weitergebaut Richtung Schloß Traun. Hier werden wir im Frühjahr/Sommer 2016 fertig werden. Es wird dann auch weitergebaut bis nach Ansfelden, wo es bei Ikea eine Haltestelle geben wird. Dort soll es einen Anschluss an die Pyhrnbahn geben. Es ist auch eine große Park-and-Ride-Anlage geplant. Hier möchten wir den Autofahrern, die von der Innkreisautobahn kommen, die Möglichkeit bieten, das letzte Stück nach Linz mit der Straßenbahn im 15-Minuten-Takt zu fahren. Die Gäste sind dann in acht Minuten am Linzer Hauptbahnhof. Da ist bei den morgendlichen Staus schneller als mit dem Auto. Ab 2016 soll es auch auf der Westbahn, der Summerauerbahn und Donauuferbahn von Mauthausen nach Linz einen 15-Minuten-Takt geben.

Wann wir die Straßenbahn nach Gallneukirchen fertig?

Jetzt geht es um die Planung für den Korridor. Wenn alles optimal läuft, können wir frühestens 2025 fahren.

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