Regenbogenfahne im Müll: ÖVP und FPÖ verhindern Auslieferung Grubers
Ein Instagram-Video des oberösterreichischen FPÖ-Landtagsabgeordneten Michael Gruber sorgte im Nationalratswahlkampf für Empörung. In seinem Vorzugsstimmenwahlkampf schimpfte er unter dem Titel "Aufräumen für Österreich" gegen "linke degenerierte Politik", "Frühsexualisierung unserer Kinder" und "Regenbogen dort, Regenbogen da". Dieser sei nämlich "für den Mistkübel", wo Gruber eine Regenbogenfahne schließlich auch hineingeworfen hat.
SPÖ, Grüne und Neos wollten, dass diese Wahlkampf-Aktion des Freiheitlichen Landesparteisekretärs strafrechtlich überprüft wird, deshalb wurde eine Strafanzeige gegen Gruber bei der Staatsanwaltschaft Linz eingebracht. Wer diese strafrechtliche Überprüfung nicht will, sind die ÖVP und die FPÖ in Oberösterreich. Denn die Mandatare dieser beiden Fraktionen stellten sich im Ausschuss am Donnerstag gegen die Auslieferung Grubers.
ÖVP verteidigt Entscheidung
„Es entspricht der politischen Gepflogenheit im Parlament, dass die Immunität der Abgeordneten für ihre politischen Tätigkeiten gewahrt bleibt. Das wird im Parlament so gehandhabt, das handhaben wir im oberösterreichischen Landtag so. Einzige Ausnahme ist, wenn ein Abgeordneter freiwillig auf seine Immunität verzichtet“, verteidigt ÖVP-Klubobmann Christian Dörfel die Vorgangsweise der ÖVP.
Für die Severin Mayr (Grüne) ist damit klar: "Die ÖVP hilft der FPÖ dabei, die Justiz auszubremsen." Sie helfe dabei, Ermittlungen gegen einen FPÖ-Mann zu verhindern, "der für die Anliegen queerer Menschen offenbar keinen Platz in unserer Gesellschaft sieht und unter dem Motto “Aufräumen für Österreich” heftig gegen sie agitiert", ist Mayr entsetzt.
Grüne und Neos entsetzt
Er ist auch überzeugt, dass dieser Instagram-Auftritt in keinerlei Zusammenhang mit der Ausübung seines Landtagsmandats gestanden sei: "Das war widerlicher Wahlkampfaktionismus und pure Agitation gegen eine Bevölkerungsgruppe. Es ist aber auch ein Abgang von der Entscheidungspraxis des Nationalrates", kritisiert Mayr.
In diese Kerbe schlägt auch Neos-Klubobmann Felix Eypeltauer: "Für die Beurteilung dieses Zusammenhangs gelten die selben Regeln, wie für den Nationalrat. In dessen Immunitätsausschuss gibt es eine langjährige, gängige Spruchpraxis. Diese besagt, dass Handlungen im Wahlkampf für andere Vertretungskörper als den Nationalrat auch nicht als im Zusammenhang mit der Ausübung des Nationalratsmandats zu sehen sind. Es geht nämlich nicht um einen Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit allgemein, sondern um die Ausübung des jeweiligen Mandats im Speziellen."
Deshalb sei er so erschüttert, wie er in einer Aussendung festhält: "Dass gerade die ÖVP Nibelungentreue übt, statt Verlässlichkeit, Anstand und Gepflogenheiten einzuhalten, kann doch auch dort nicht allen recht sein."
Auch die SPÖ hat für die Auslieferung von Gruber gestimmt. Landtagsabgeordneter Mario Haas: „Ich verurteile die Hetze gegen Minderheiten unter dem Deckmantel der parlamentarischen Immunität. Das ist unglaubwürdig und feig.“
Unterstützung erhielten die Freiheitlichen und die ÖVP übrigens von der Liste MFG im oö Landtag: "Wenn wir unseren Kollegen jetzt ausliefern, schaffen wir einen gefährlichen Präzedenzfall. Wir öffnen die Tür, dass in Zukunft jeder Abgeordnete, der eine unpopuläre Meinung vertritt, Ziel einer strafrechtlichen Verfolgung wird."
Aufgeschoben, nicht aufgehoben
Was bedeutet das aber tatsächlich, dass Gruber jetzt nicht an die Staatsanwaltschaft ausgeliefert wird? "Er kann jetzt nicht verfolgt werden", erläutert ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, dass das Verfahren nach § 192 Strafprozessordnung "abgebrochen" wird.
In diesem Fall wird abgewartet, bis die vorübergehende Immunität von Gruber - etwa durch den Wegfall des Mandats - ausgelaufen ist, dann das Verfahren fortgesetzt. "Eine Verjährung tritt in diesem Fall nicht ein", versichert der Sprecher. Eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft sei in der nächsten Woche zu erwarten.
Hosi Linz: "Spürbare Folgen"
„Es mutet unwillkürlich wie ein wilder Western an, angesiedelt im 19. Jahrhundert irgendwo im Nirgendwo, wo ein Revolverheld aufräumt", beschreibt Michael Müller, Sprecher der Homosexuellen-Initiative Hosi Linz das Video Grubers und ist entsetzt, dass "im Mitteleuropa des frühen 21. Jahrhunderts der Landesparteisekretär und Landtagsabgeordneter der FPÖ OÖ auf solche Weise verbal und aktionistisch weitermachen darf".
Folgen gebe es, aber nur auf der anderen Seite, weiß Müller: “Grubers Auftritt hat spürbare Folgen für alle queeren Menschen – Menschen, die sich im Sinn von Buntheit, Liberalität und eigenständiger Selbstverwirklichung unter dem Regenbogen finden und sich stolz zeigen."
Denn schon seit längerem sei, auch in Linz, zu beobachten, dass queere Menschen verstärkt Übergriffen ausgesetzt seien. Für Müller ist klar: "Diese Entwicklung hat auch die Politik der FPÖ und im speziellen solche widerlichen Videos wie jenes von Michael Gruber mitzuverantworten.“ Wobei Müller betont: Die Immunität für Abgeordnete im Rahmen ihrer politischen Arbeit sei wichtig - dieses Video im Wahlkampf falle allerdings nicht darunter, ist er überzeugt.
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