„Recht und richtig ist nicht dasselbe“

„Recht und richtig ist nicht dasselbe“
Als Laie an den Schalthebeln der Justiz zu sitzen, ist für den Lehrer Herbert Übleis mehr als eine "lästige" Bürgerpflicht.

Eine besondere Ehre wurde am Freitag 690 von etwa 90.000 wahlberechtigten Linzern zuteil: Sie dürfen – oder vielmehr „müssen" – Teil der österreichischen Rechtsprechung sein. So will es die Verfassung. Ihre Namen wurden per Zufallsprinzip ausgewählt und stehen ab 10. September auf der Liste der Schöffen und Geschworenen für 2013 und 2014.

Herbert Übleis, ein kürzlich pensionierter Lehrer für Physik und Chemie, steht seit Jahrzehnten freiwillig auf dieser Liste. Als Laie mitten im komplizierten Rechtssystem lernte der 60-Jährige, dass es einen erheblichen Unterschied zwischen Recht und richtig gibt: „Die Naturwissenschaft hat wie die Justiz klare Gesetze. Man braucht ein gewisses Einfühlungsvermögen, darf sich aber nicht von Gefühlen lenken lassen."

Vor mehr als 20 Jahren wurde er zum ersten Mal als Geschworener bei einem Mordprozess bestellt. Vier Wochen lang saß er bis zu sieben Stunden am Tag hochkonzentriert im Gerichtssaal. Für die Dauer des Verfahrens muss man vom Arbeitgeber freigestellt werden, erklärt Übleis. Ein Entgelt ist für die ehrenamtliche Tätigkeit nicht vorgesehen.
Zwei weitere Male saß er bei kleineren Verhandlungen als Schöffe neben einem Berufsrichter im Senat. Dort wog seine Stimme genauso schwer wie die des Richters – von der Schuldfrage bis zum Strafrahmen.

Ein Machtgefühl habe er dabei nie empfunden, sondern Ehrfurcht. „Es ist unheimlich spannend, Teil dieser Maschinerie zu sein. Ich habe akribisch Protokoll geführt, weil ich nichts verpassen wollte, das vielleicht wichtig ist", beschreibt er seine Erfahrungen an den Schalthebeln der Justiz. „Natürlich würde ich es gerne wieder machen", sagt der Pensionist ohne zu Zögern.

Bürgerpflicht

„Recht und richtig ist nicht dasselbe“

Dass diese Begeisterung an der staatsbürgerlichen Pflicht nicht jeder teilt, weiß Rainer Nimmervoll, Richter am Landesgericht Linz. Ausreden wie „Ich habe keine Lust" lässt der Gesetzestext nicht gelten. „Nur wer beweisen kann, dass die Belastung dadurch unverhältnismäßig groß wäre, wird befreit", erklärt er. Eine bestimmte Präferenz hätten die Richter nicht, wenn es um jene geht, die Schulter an Schulter mit ihnen Recht sprechen. „Wir wissen, wie sie heißen und woher sie kommen – mehr nicht. Man hofft nur, dass man auf eine übereinstimmende Lösung kommt."

 

Weiterführende Links

Kommentare