„Unbewusst Fehler passiert“

„Unbewusst Fehler passiert“
„In der Vergangenheit sind unbewusst Fehler passiert“, sagt Landeshauptmann Josef Pühringer.

Josef Pühringer (63) sagte eine Auslandsreise ab, um bei der Jahrhundertflut diese Woche seiner Aufgabe als oberster Katastrophenkoordinator des Landes nachzukommen. Im KURIER-Interview zieht der Landeshauptmann ein erstes Fazit.

KURIER: So manche üben Kritik am Herumreisen der Politiker in den Katastrophengebieten.
Josef Pühringer: Ich hielte es für einen ganz groben Fehler, hier nicht zu den Menschen zu gehen. Die Frage ist, ob ich mich inszeniere, oder ob ich hinausgehe, um zu erfahren, was los ist, damit ich den Menschen Mut machen kann. Der Landeshauptmann ist Kraft Verfassung der oberste Katastrophenkoordinator. Wenn er die Situation vor Ort nicht kennt, kann er seine Funktion nicht optimal wahrnehmen. Die Menschen haben mir mehrmals gesagt, Gott sei Dank sind Sie da. Man muss da sein, wenn es den Leuten schlecht geht. Wenn man hingegen nur zu einem Fototermin anreist, dann ist das ein Unsinn.

Sie haben gemeint, Sie seien selbst von der Dimension des Hochwassers überrascht gewesen. Warum?
Niemand macht so etwas bewusst. Offensichtlich hat man Parameter falsch eingeschätzt. Man hat alles vom Maximum des Hochwassers 2002 hochgerechnet. Es hat sich niemand vorstellen können, dass es etwas über 2002 hinaus geben kann. Wenn Wassermassen kommen, wie sie Passau 450 Jahre lang nicht erlebt hat, dann treten unvorhersehbare Situationen ein.

Was sind die Ursachen?
Wir werden uns die Ursachen sehr genau anschauen, warum es zu so raschen Veränderungen der Prognosen gekommen ist. Aber das kann ich heute noch nicht sagen.

Es gibt verschiedene Kritikpunkte. Zum Beispiel, dass die Bodenversiegelung durch die zunehmende Verbauung zu groß ist, dass die Flüsse zu wenig Raum haben, etc.
Es ist keine Frage, dass an all diesen Punkten etwas Wahres dran ist. Wir haben hohe Versiegelungsflächen. Es hat Zeiten gegeben, bei denen die Schutzbauten unter anderen Gesichtspunkten als heute errichtet wurden. Man hat kanalisiert und zu wenig Retentionsräume geschaffen. Es sind in der Vergangenheit unbewusst Fehler passiert. Da sind Altlasten da. Man kann da teilweise zurückbauen. Es hat sich aber gezeigt, dass die Maßnahmen, die wir in den vergangenen zehn Jahren gesetzt haben, gehalten haben. Ich würde nicht einen einzigen Bau, den wir gemacht haben, als unsinnig oder unzureichend bezeichnen. Natürlich haben wir in Grein Glück gehabt, dass das Wasser nicht 20 Zentimeter höher war. Grundsätzlich muss man aber sagen, dass es eine tolle Sache war zu erleben, wie die Schutzbauten gehalten haben. Jetzt sind wir die Nutznießer. Beim Hochwasser 2002 hatten wir allein im Machland einen Schaden von rund 500 Millionen Euro. Der Machlanddamm kostete rund 180 Millionen.

Wie hoch ist nun der Gesamtschaden?
Man kann ihn derzeit noch nicht abschätzen. Das Wasser steht teilweise noch auf den Feldern, die Ernteschäden können noch nicht berechnet werden.

Von den Wiener Bundesbehörden kam die Kritik, dass noch zu viele Häuser in den sogenannten roten Zonen, den Bauverbotszonen, stehen.
Wir haben seit dem Hochwasser 2002 nicht mehr gesündigt.Es gibt nicht mehr besonders viele Häuser in dieser Zone.

Wie viel wird das Land Oberösterreich für die Schäden bezahlen?
Das wird noch genau geregelt werden. Der Katastrophenfonds, der vom Bund und vom Land gemeinsam gespeist wird, wird zwischen 20 und 50 Prozent des Schadens bezahlen. Das betrifft die Bauern, die Gewerbetreibenden und die Privaten. Darüber hinaus wird es Kredithilfen für die Wirtschaft geben. Weiters gibt es eine Fülle von Aktivitäten, wie zum Beispiel der Arbeiterkammer für ihre Mitglieder. Das wird alles zentral vom Katastrophenfonds koordiniert, der den Weg zu den Förderstellen besser kennt. Die Anträge sollen bei den Gemeindeämtern abgegeben werden, wir koordinieren das. Wir haben die Hilfsorganisationen in den Beirat hineingenommen, der über die Spenden entscheidet.
Wir haben das 2002 ohne Kritik über die Runden gebracht. Wir hatten auch eine Beschwerdestellen, bei der keine Beschwerden hereingekommen sind. Wir werden das auch diesmal wieder sehr sorgfältig machen.

Manche Betroffene sagen, dass das nunmehrige Hochwasser eindeutig verheerender war als das 2002.
Das ist punktuell richtig. Für den Bezirk Eferding trifft das voll und ganz zu. Wir haben auch Orte, wo die Flut 2002 fürchterlich zugeschlagen hat, die aber diesmal kaum betroffen waren.

Welche zusätzlichen Maßnahmen sind aufgrund der jetzigen Erfahrungen im Hochwasserschutz notwendig?
Wir gehen nun in einem Dreierschritt vor: Erstens konkrete Hilfe, zweitens genaue Analyse, drittens Maßnahmen für die Zukunft.
Die bestehenden Schutzbauten werden geprüft, ob Reparaturarbeiten notwendig sind. Weiters schauen wir, was man noch schützen kann. Wir werden genau analysieren, wo aus technischen Gründen, aus Platzgründen und aus rechtlichen Gründen in wirtschaftlich vertretbarem Ausmaß weitere Schutzbauten möglich sind. Dann werden wir einen Masterplan entwickeln, den Kollege Rudolf Anschober und ich in der kommenden Woche vorstellen werden. Einen absoluten Schutz wird es aber nicht geben, weil die Natur immer stärker ist. Man kann zum Beispiel bei Dämmen aus statischen Gründen nur eine bestimmte Höhe bauen. Man kann bei der Einfahrt in Schärding nicht eine Mauer errichten.

International tätige Versicherungsunternehmen sagen, dass die Umweltkatastrophen aufgrund des Klimawandels sich häufen und zugleich deutlich stärker werden.
Ich bin kein Experte. Diese Aussage hat sich aber in den vergangenen Jahren bewahrheitet. Davon zeugen die Hochwasser 1991, 2002 und 2013.

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