Prozess: Staatsverweigerer wollten einst Erwin Pröll "verhaften lassen"
Zwei mutmaßliche Staatsverweigerer stehen unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen ab heute in Steyr wegen versuchter Anstiftung zum Hochverrat vor Gericht. Die Gruppe, der sie laut Anklage als Anführer vorstanden, soll unter anderem versucht haben, den damaligen Landeshauptmann von Niederösterreich sowie Politiker verhaften zu lassen und eine "Übergangsregierung" zu bilden. Ihnen drohen zehn bis 20 Jahre Haft.
Die Angeklagten, 55 und 56 Jahre alt, sollen Führungsmitglieder der staatsfeindlichen Verbindung "International Common Law Court of Justice Vienna" (ICCJV) gewesen sein. Diese soll zwischen 2014 und 2018 geplant haben, eine Rechtsanwältin zu entführen sowie den damaligen Landeshauptmann von Niederösterreich, Erwin Pröll (ÖVP), zu verhaften.
Urteil schon am zweiten Tag möglich
In diesem Zusammenhang wurden im April 2017 bereits Mitglieder der Verbindung vom Landesgericht Krems verurteilt. Die beiden in Steyr angeklagten Männer wiederum sollen Polizeidienststellen sowie den Innenminister schriftlich dazu aufgefordert haben, Mitglieder der Bundesregierung, des Nationalrats, des Bundesrats und andere zu verhaften.
Der Prozess ist für vier Verhandlungstage anberaumt; eine Urteilverkündigung könnte schon am zweiten Tag, dem 12. Februar, erfolgen.
Die Staatsanwaltschaft Graz hatte Verfahren im Zusammenhang mit Staatsverweigerern gesammelt und dann je nach Zuständigkeit bei den Gerichten angeklagt. So bekam die Anklagebehörde in Steyr es mit „Delikten zu tun, die nicht an der Tagesordnung sind“, wie der Staatsanwalt im Eröffnungsplädoyer meinte: Staatsgefährdende Machenschaften, mit dem Ziel mit „Gewalt die Gerichtsbarkeit außer Kraft“ zu setzen und die Regierung zu stürzen.
Zurechnungsfähige "Querulanten"
Nachdem die beiden Angeklagten als zurechnungsfähig erklärt wurden, leiden sie nicht an einem „zerebralen Defekt“, wie man vielleicht vermuten könne. Auch sah der Staatsanwalt in den beiden Angeklagten keine „Maulhelden“, sondern sie seien als Führungsmitglieder der ICCJV aktiv gewesen.
Der Verteidiger des Erstangeklagten meinte, dass es sich bei seinem Mandanten um einen „Querulanten“ handle. Nach dem zweiten Lesen der seitenlangen Anklageschrift, sei er zu dem Eindruck gekommen, dass hier „mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird“.
Beim dritten Durchlesen sei er zu der Überzeugung gelangt, dass die Staatsanwaltschaft nur mehr „Geisterjäger“ sei. Denn in der Anklageschrift, so habe er nachgezählt, sei 183 mal das Wort 'versucht' gestanden.
Anwältin: "Freie Meinungsäußerung"
Die Verteidigerin des Zweitangeklagten wiederum betonte das Gut der freien Meinungsäußerung, von dem ihr Mandant Gebrauch gemacht habe. Die angeklagten Verbrechen der versuchten Bestimmung zum Hochverrat, der staatsfeindlichen Verbindung, der versuchten Bestimmung zur Nötigung eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers sowie von Mitgliedern einer Regierung, der versuchten Bestimmung zur Gewalt und gefährlichen Drohung gegen den Bundespräsidenten und der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt könne laut den Verteidigern den beiden Österreichern nicht zur Last gelegt werden.
Verwirrende Aussagen
Der Erstangeklagte, in Steyr geboren, machte es dem Gericht in dem Hochverrats-Prozess schwer, konkrete Antworten auf Fragen zu bekommen. Vielmehr wiederholte er gebetsmühlenartig, ein „demokratischer Mensch“ und „Christ“ zu sein. Steyr sei Teil von Israel, er befinde sich auf göttlichem Boden. Und Gott habe den „Staatsbankrott vorgesehen, denn wir leben in der Endzeit“. Die Staatsverschuldung Österreichs sei von 2008 bis 2018 auf 120 Milliarden Euro gestiegen.
Haben sie daher die Haftanträge gegen die Regierungsmitglieder gestellt, um dann eine Übergangsregierung zu gründen?“, wollte der Richter wissen. Darauf erhielt er keine Antwort. Aber: Wegen Fluchtgefahr ersuchte der Angeklagte bei der Exekutive, Bundespräsident Alexander Van der Bellen verhaften zu lassen. „Wenn ein Staatsoberhaupt sein Volk seit Jahr und Tag betrügt, ist das nicht mehr rechtens“, begründete er sein Ansinnen als ICCJV-Mitglied.
Auch der Zweitangeklagte versicherte, nur deshalb zum ICCJV gegangen zu sein, weil sich die Vereinigung den Menschen-, Völker- und Naturrechten verpflichtet sieht. Von Sheriffs, die der Verein aufstellte, will er ebenso nichts mitbekommen haben wie von dem Plan, im niederösterreichischen Hollenbach eine als Sachwalterin eingesetzte Rechtsanwältin zu entführen und vor ein eigenes Gericht zu stellen.
„Ich habe auch nie die Regierung angezeigt“, wurde der Fliesenleger dann laut. „Ich war da absolut nicht voll dabei, das hat mich alles gar nicht so interessiert“, gab er sich als naiver Mitläufer.
Nach der Mittagspause stehen erste Zeugeneinvernahmen auf dem Programm.
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