Ortner: "Europaweit müssen 90 Millionen Öl- und Gaskessel getauscht werden"
Hargassner, ÖkoFen, Hoval, Fröling, Guntamatic etc. sind bekannte Namen der Heizungsindustrie. Die überraschende Pleite des Heizkesselherstellers Windhager, der dabei war, in Pennewang eine neue Produktion um 100 Millionen Euro zu errichten, ist ein Fingerzeig auf die Krise der Branche.
Herbert Ortner (67) hat im ehemaligen Kuhstall des Hauses seiner Schwiegereltern 1989 die Firma ÖkoFen gegründet. Heute hat das Unternehmen 800 Mitarbeiter und erzielte mit 34.000 Kesseln 230 Millionen Euro Umsatz. Sohn Stefan (40) hat das Unternehmen 2011 übernommen, Herbert Ortner ist am Unternehmen weiter beteiligt und jeden Tag im Büro.
KURIER: Der jahrzehntelange Aufstieg für die Pelletsheizungsindustrie hat nun eine massive Unterbrechung erfahren.
Herbert Ortner: Wenn an die vergangenen 30 Jahre zurückdenke, gab es mehrere Aufwärts- und Abwärtsbewegungen. Es gab immer eine sehr starke Volatilität im Markt. Von einem jahrzehntelangen Aufschwung würde ich nicht reden.
Der Aufstieg Ihres Unternehmens ist doch beeindruckend.
Wir haben bei null begonnen. Die ganze Branche hatte zum Beispiel 2016 ein Tief, bei dem unser Unternehmen auf 5.000 Kessel pro Jahr gefallen ist. 2022 haben wir 34.000 Kessel hergestellt. Das gewaltige Wachstum war in den Jahren von 2019 bis 2022. Das hatte mit der Weltklimakonferenz 2015 in Paris zu tun. Die Politik hat damals gesagt, wir müssen nun in das Tun kommen. Das Förderregime in vielen Ländern Europas hat gegriffen.
Warum ist dieses Wachstum 2023 so eingebrochen?
Es gab zwei Faktoren. Der eine war der Pelletspreis.
Er hat sich im vergangenen Jahr mit 700 Euro pro Tonne mehr als verdoppelt. Jetzt liegt er knapp unter 350 Euro. Mitte 2021 lag er bei 223 Euro.
Diese Steigerung ist dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und der Energiekrise, die teilweise herbeigeredet worden ist, geschuldet. Die Kunden haben panisch reagiert und alle gleichzeitig ihre Pellets bestellt. Sie wollten ihre Lager auffüllen. Das hat europaweit den Preis nach oben getrieben. Der zweite Aspekt war das neue Gebäudeenergiegesetz in Deutschland.
Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck wollte ursprünglich Holz- und Pelletsheizungen wegen der Luftschadstoffe von den Förderungen ausschließen, gab aber dem Proteststurm nach. Das deutsche Bundesumweltamt spricht sich weiterhin „aus Klimaschutz-, Luftreinhalte- und ökologischen Gründen gegen Holz- und Pelletsheizungen“ aus.
Es ist noch immer richtig, dass die Pelletsheizung etwas Sauberes ist. Hier geht es um eine politische Geschichte. Das Umweltbundesamt hat noch vor dem Antritt der derzeitigen Ampelregierung ganz anders geschrieben. Habeck hat in den nachgelagerten Einrichtungen des Ministeriums das Personal ausgetauscht. Seine Günstlinge sind in die Positionen gekommen.
Es fällt auf, dass der grüne Minister Habeck gegen die Pelletsheizungen ist, aber der grüne Landesrat Stefan Kaineder sie voll unterstützt. Warum diese unterschiedlichen Positionen?
Das ist für uns unverständlich. Es ist wissenschaftlich fundiert, dass Heizen mit Holz auf alle Fälle CO2-neutral ist bzw. zu einer Senkung führt.
Warum?
Wenn zum Beispiel eine Fichte gefällt wird, sind rund 60 Prozent als Schnittholz, Bauholz etc. nutzbar. 40 Prozent sind Reststoffe und werden überwiegend verbrannt, um Wärme zu erzeugen. Das CO2 wird durch die Verbrennung nur zu 40 Prozent freigesetzt, 60 Prozent bleiben im Holz gebunden. Die Bäume, die nachwachsen, nehmen das freigewordene CO2wieder auf. Solange wir nicht mehr Holz aus dem Wald herausnehmen als nachwächst, was in Österreich seit Jahrzehnten der Fall ist, ...
... der Wald wächst in Österreich jedes Jahr ...
... so haben wir eine Senkung des CO2, weil die nachwachsenden Bäume mehr CO2 aufnehmen. Das ist wissenschaftlich unbestritten.
Gegner der Holz- und Pelletsheizungen führen als Gegenargument an, dass dafür in Osteuropa riesige Flächen gerodet werden.
Das stimmt einfach nicht, das ist ein Märchen. Die Pellets, die wir hier verwenden, kommen aus der Region und nicht aus Rumänien. Es wird in ganz Europa kein einziger Baum umgeschnitten, um daraus Pellets zu machen. Im Sägewerk erhalten die Verkäufer für ihre Bäume einen wesentlich höheren Preis. Das macht keiner. Selbst illegal eingeschlagenes Holz wird nicht zu Pellets verarbeitet.
In Wahrheit geht es um Rumänien. Wenn dort illegal abgeholzt wird, handelt es sich um Kriminalität. Man kann doch deswegen nicht ganz Europa in Sippenhaftung nehmen.
Das deutsche Bundesumweltamt spricht von Schadstoffen. Welche und wie viele Schadstoffe stoßen ÖkoFen-Heizungen aus?
Ein moderner Pellets-Heizkessel emittiert minimalsten Feinstaub. Wir sind hier unter der Nachweisgrenze. Es ist so wenig, dass wir es fast nicht mehr messen können. Das heißt, wir sind absolut sauber. Was in diesem Zusammenhang immer wieder diskutiert wird, sind die Emissionen der Wohnzimmeröfen und der offenen Kamine.
Sie sind europaweit sehr verbreitet und in den Baumärkten gibt es sie um 250 Euro. Ihre Emissionen sind enorm. Bestehende alte Allesbrenner emittieren auch enorm. Würde man die alten Allesbrenner durch moderne Pelletsheizungen ersetzen, wären 97 Prozent der Emissionen weg.
Als Alternative zur Pelletsheizung wird die Wärmepumpe angepriesen.
Es gibt in den Energiesystemen keines, das ohne Nachteile ist. Jedes benötigt Strom. Eine Wärmepumpe stößt in Deutschland mehr Feinstaub aus, weil viel Strom aus Kohlekraftwerken kommt, wo es zu hohen CO2-Emissionen kommt. Es gibt also auch bei den Wärmepumpen Emissionen, nur nicht dort, wo das Gerät installiert ist.
Wärmepumpe kontra Pelletsheizung?
Ich möchte nicht von kontra sprechen. Das sind zwei verschiedene Technologien. Pellets ist individuelles Heizen. Man ist unabhängig und kann den Brennstoff bevorraten. Das andere ist ein netzgebundenes System, man hängt auf Gedeih und Verderb am Stromnetz. Natürlich benötigt auch die Pelletsheizung Strom, aber es ist eine dezentrale Wärmeerzeugung.
Als Argument gegen eine Pelletsheizung werden die hohen Anschaffungskosten angeführt. Man benötigt zum Beispiel ein Lager für die Pellets.
Eine Pelletsheizung ist nicht teurer als eine Wärmepumpe.
Was kostet sie?
20.000 bis 25.000 Euro. Bei einer Wärmepumpe ist man zum Teil darüber.
Wie schaffen wir die Energiewende?
Ich würde von Wärmewende reden. Schaffen wir es eigentlich, wenn wir alles elektrisch machen wollen? Mit grünem Strom 365 Tage im Jahr? Das geht sich bei Weitem nicht aus. Ohne die Nutzung von Biomasse für die Wärmebereitstellung wird es nicht funktionieren. Wenn wir elektrisch heizen, elektrisch fahren und die Industrie elektrisch betreiben, muss man fragen, wo der Strom herkommt. Davon wird nicht geredet.
Ich bin auf europäischer Ebene bei Bioenergy Europe, unserer Interessensvertretung, tätig. Wir plagen uns mit den all den Direktiven der EU-Kommission, die in Zusammenhang mit dem Green Deal kommen. Wir haben den Eindruck, dass der Blick über das Ganze fehlt. Es werden immer nur Segmente behandelt.
Die Zinswende hat zu einem starken Rückgang beim Hausbau geführt. Wie stark macht sich diese Entwicklung bei Ihnen bemerkbar?
Nicht sehr stark, denn unser Markt ist der Kesseltausch. Wir haben in Europa 90 Millionen bestehende Öl- und Gasheizungen. Das ist der Hebel, um die Wärmewende zu stemmen.
Wie hoch ist Ihr Exportanteil?
Rund 90 Prozent. Die größten Abnehmer sind Frankreich und Deutschland, dann Österreich und die restlichen europäischen Länder. Wir sind in den USA, Südamerika, Neuseeland, wir sind mehr oder weniger auf der gesamten Welt vertreten.
Wie stark haben sich die Krisen auf die Kesselproduktion ausgewirkt?
Wir sind im vergangenen Jahr von 34.000 auf die Hälfte runtergefallen.
Wie haben Sie das bewältigt?
Wir haben in den Jahren zuvor nicht so schlecht verdient. Wir haben in den 35 Jahren des Bestehens noch nie Geld aus dem Unternehmen rausgenommen. Jeder Gewinn wurde investiert. Dementsprechend sind wir gut aufgestellt.
Wie hat sich das auf die Mitarbeiter ausgewirkt?
Die Leasingmitarbeiter haben wir an die Leasinggeber zurückgegeben. Wir haben ein Kurzarbeitszeitmodell eingeführt. Die Mitarbeiter haben 80 Prozent gearbeitet und 90 Prozent bezahlt bekommen. Wir finanzieren das alles selbst. Wir glauben, dass sich das Blatt wieder wendet, was sich bereits abzeichnet. Wir wollen unsere Mitarbeiter nicht verlieren. Sie verfügen über das entsprechende Know-how.
Der Markt beginnt wieder anzuziehen. Wie ist die Perspektive?
In Österreich spüren wir das schon, seit Jahresbeginn gibt es die neue 75-Prozent-Förderung des Staates. In der Covid- und in der Energiekrise haben die Menschen ihre Öltanks angefüllt.
Jetzt werden die Tanks leer und sie steigen wegen der 75-Prozent-Förderung möglicherweise auf eine Pelletsheizung um. Wie viele verkaufte Kessel erwarten Sie für 2024?
Wir rechnen mit einem Plus von zehn bis 20 Prozent. Für Österreich sind wir sehr positiv.
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