August Wöginger: In meiner Gegend hat es in den 1950-er Jahren das halbe Donaukraftwerk Jochenstein weggerissen. Hochwässer haben wir immer schon gehabt. Ich erinnere an die Hochwässer von 2002 und 2013. Jetzt hat die Hilfe für die betroffenen Menschen Priorität. Der Dank gilt den Einsatzkräften.
Für Wirtschaftskammerpräsidentin Doris Hummer ist eine weitere Zusammenarbeit mit den Grünen ein No go. Ist das Tischtuch mit den Grünen komplett zerschnitten?
Wichtig ist, dass wir mit Kanzler Nehammer an der Spitze als Erste über die Ziellinie gehen. Die Grünen sind eine sehr ideologische Partei. Es gibt viele Punkte, die schwierig zu verhandeln und auf den Boden zu bringen sind. Ich möchte aber daran erinnern, dass wir schon sehr viel zustande gebracht haben. Wie die Abschaffung der kalten Progression. Wir haben alle Sozial- und Familienleistungen valorisiert, das gilt auch für die Pensionen. Wir haben drei Gemeindepakete verabschiedet, eine Wohnbauoffensive gestartet. Das km-Geld wurde auf 50 Cent angehoben. Ich bin dagegen, vor der Wahl Koalitionsvarianten zu diskutieren.
Die Abschaffung der kalten Progression ist für Christoph Badelt, den Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses, ein ungedeckter Scheck, weil für zwei Drittel die Gegenfinanzierung im Budget fehlt und der Schuldenstand erhöht wird.
Die Abschaffung der kalten Progression ist seit vier Jahrzehnten in allen Regierungsprogrammen enthalten, weil es richtig ist, den Menschen mehr Geld im Börserl zu lassen. Österreich hat nach Luxemburg die zweitstärkste Kaufkraft in Europa. Wir haben darauf geschaut, dass sich die Menschen das Leben einigermaßen leisten können.
Österreichs Inflationsrate lag aber zwei Prozentpunkte höher als der europäische Durchschnitt.
Durch die Kaufkraft ist die Nachfrage stark. Wenn die Kaufkraft schwach ist, sind auch die Nachfrage und die Inflation niedriger. Die Inflation war hoch, ist aber jetzt rasant nach unten auf 2,3 Prozent gegangen.
Die Menschen klagen dennoch über die anhaltend hohen Preise.
Ich bin an der Tankstelle in Enzenkirchen vorbeigefahren, da kostet der Diesel unter 1,40 Euro pro Liter. Viele Preise haben sich wieder eingependelt. Es stimmt, das Leben ist teurer geworden. Die Kollektivvertragspartner und die Regierung haben alles dafür getan, dass das Leben leistbar ist.
Bundeskanzler Nehammer verspricht, dass es trotz des Verschuldungsgrades von 77 Prozent des Bruttoinlandsprodukts keine Steuererhöhungen geben wird. Im Gegenteil, er will die Steuerbelastung für Unternehmer und Arbeitnehmer senken. Österreich ist in einer Rezession, die Wirtschaft schrumpft um 0,7 Prozent. Wie soll sich das alles ausgehen?
Ohne Leistung werden wir uns den Wohlstand nicht erhalten können, wie wir ihn gewohnt sind. Wir wollen die Überstunden zur Gänze von der Steuer befreien. Zudem wollen wir einen Vollzeitbonus von 1000 Euro einführen, um einen Anreiz zu setzen, Vollzeit zu arbeiten. Kinder- und Pflegebetreuung werden berücksichtigt. Wir wollen die Lohnnebenkosten bis 2030 um drei Prozent senken, damit wir wettbewerbsfähig bleiben.
Der Staat wird weniger einnehmen, die Schulden werden höher. Wie soll sich das rechnen? Wir haben bis zu 50 Milliarden Euro in die Hand genommen, um die Pandemie und die Krisen zu bewältigen. Nach Corona ist Österreich mit fünf Prozent Wachstum zurückgekehrt. Durch das Kurzarbeitsmodell, das europaweit einmalig war, konnten die Arbeitskräfte erhalten werden. Dass sich Deutschland in einer Rezession befindet, hat Auswirkungen auf Österreich. Wichtig ist, den Wirtschaftskreislauf in Takt zu halten. Das bringt Mehreinnahmen, mehr als alles andere.
Die ÖVP sagt, Kickl nein, FPÖ ja. Die ÖVP hat mit der FPÖ die größten inhaltlichen Überschneidungen. Das lässt vermuten, dass es zu einer schwarz-blauen Regierungskoalition kommt.
Ich halte wenig davon, Parteien vor einer Wahl von einer Koalition auszuschließen. Herbert Kickl schließen wir ad personam aus. Als Kanzler und als Regierungsmitglied. Wir hatten diese Situation schon, das geht sich für uns als Volkspartei nicht mehr aus. Aktuelle Vorfälle bestärken uns darin. Wenn man die Salzburger Festspiele als Inzuchtpartie bezeichnet, wenn man plakatiert, Euer Wille geschehe, oder wenn man die Identitären, die den Holocaust verharmlosen, als rechte NGO bezeichnen, oder wenn man sich mit der AfD ins Bett legt, dann stellt es einem die Haare auf. Mit so einer Person kann und wird die Volkspartei nicht koalieren.
Wie wird die nächste Regierung aussehen?
Es ist wichtig, dass wir als Erste über die Ziellinie gehen. Wir können das schaffen, die Stimmung unter den Funktionären ist gut. Durch die EU-Wahl ist der Siegeswille wieder da. Der Abstand zur FPÖ war viel kleiner als von den Umfragen prognostiziert.
Die ÖVP dürfte wieder in der Regierung sein. Werden Klubobmann bleiben oder als Minister in die Regierung wechseln?
Es entscheiden ausschließlich die Abgeordneten des Nationalrates, des Bundesrates und des Europaparlaments, wer Klubobfrau oder Klubobmann sein wird. Mir macht die Aufgabe Freude, ich mache sie gerne. Ich werde mich wieder darum bewerben.
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