"Obergrenze vernünftig und korrekt"

Die Linzer SPÖ arbeitet mit der Landespartei unter Hans Kalliauer wie gewohnt zusammen: Klaus Luger.
Der Linzer Bürgermeister verteidigt die Entscheidung der Bundesregierung.

Klaus Luger (56) ist seit November 2013 Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz.

KURIER: Sie haben bei Ihrem Neujahrsempfang jedem Schüler der fünften Schulstufe ein Tablet versprochen. Wann ist es so weit?Klaus Luger: Es ist ein Pilotprojekt, bei dem wir mit wesentlichen Unternehmen in der Stadt die Technik und das Technologieverständnis in einer digitalisierten Welt forcieren. Wir wollen den Kindern nicht nur ein Gerät in die Hand drücken, sondern sie auch mit der Technologie vertraut machen. Sie sollen lernen, zum Beispiel Power Points zu entwickeln. Es sollen auch die Risken beleuchtet werden, zum Beispiel der Umgang mit Facebook.

Das Projekt soll im Herbst bzw. zu Jahresbeginn 2017 gestartet werden. Sowohl Leihgabe als auch Erwerb sollen möglich sein. Alles herzuschenken wäre ein falscher Weg.

Die Bundesregierung hat einen Richtwert für die Asylbewerber von 37.500 beschlossen. Es gibt darüber eine SPÖ-interne Diskussion.

Das ist eine korrekte und vernünftige Entscheidung. Es gibt tatsächlich eine Grenze der Aufnahmekapazitäten. Diese hängt von mehreren Faktoren ab: von der Wirtschaftsentwicklung, von den zur Verfügung stehenden Wohnungen und von den Kapazitäten der Bildungseinrichtungen. Es braucht ein Sonderwohnbauprogramm, wir brauchen mehr Kindergärtnerinnen und Pädagoginnen. Wenn wir das vom Bund finanziert bekommen, wird eine Obergrenze anders ausschauen als wenn das nicht geschieht.

Man muss sich die Dramatik so vorstellen. Wenn bundesweit im vergangenen Jahr 95.000 Flüchtlinge aufgenommen worden sind, dann entspricht das in zwei Jahren ungefähr der Größe von Linz. Das heißt, es muss die Infrastruktur für eine Stadt von der Größe von Linz geschaffen werden. Es ist völlig klar, dass man nicht sagen kann, wir schaffen jedes zweite Jahr eine Stadt wie Linz. Das ist völlig unmöglich. Ein kleines Land wie Österreich kann einen Teil der Flüchtlinge aufnehmen und mehr nicht. Das ist nicht nur ein Finanzthema. Man darf die Augen vor der Realität nicht verschließen. Das ist heute eine andere Aufgabe als die Flüchtlingswellen 1968 aus der ČSSR, 1956 aus Ungarn und aus dem Jugoslawien-Krieg. Jetzt sind andere Menschen hier, die Struktur ist eine andere. Die Religion ist die die geringere Frage. Es kommen kaum mehr Familien. Aus Bosnien, Kroatien und Serbien sind viele Familien mit hohen Ausbildungsniveaus gekommen. Darum hat die Integration so leicht funktioniert. Jetzt kommen Menschen, die alleine sind.75 Prozent sind unter 30 Jahren. Ein großer Teil hat überhaupt keine Ausbildung, manche sind Analphabeten. Viele kommen nicht aus Syrien. Diese Menschen zu integrieren ist um ein Vielfaches schwieriger. Sie brauchen viel grundsätzlichere Ausbildungen. Es ist naiv zu glauben, dass es genügt, wenn sie Deutsch lernen. Erst dann können sie mit ihrer Ausbildung beginnen. Und Arbeitsplätze für sie zu finden, ist auch keine leichte Sache.

Verkehrslandesrat Günther Steinkellner hält an der Mühlkreisbahn fest und will sie über die neue Eisenbahnbrücke und den Hafen in den Hauptbahnhof führen.

Dieses Projekt ist vor 15 Jahren zum ersten Mal geprüft worden. Das war eine Untervariante der damaligen City-S-Bahn, die der FPÖ-Verkehrsstadtrat Horst Six favorisiert hat. Es hat sich also nicht sehr viel geändert, ich halte sie nicht für die beste Variante.

Ich mische mich nicht ein in die Diskussion um die Mühlkreisbahn, ob sie als Regionalstraßenbahn oder als ÖBB-Zug geführt wird. Aber es wird doch niemand glauben, dass man im Stadtgebiet mit einer Zuggarnitur in einem Intervall von 15 Minuten durch Linz durchfahren kann. Das ist schon damals gescheitert. Es gibt eine viel schnellere und gescheitere Verbindung, um zum Bahnhof zu kommen, die zweite Straßenbahnachse.

Man sollte den Mühlkreisbahnhof vernünftigerweise in eine Verkehrsdrehscheibe Urfahr umwandeln. Das Areal sollte völlig neu gestaltet werden, indem man es unterirdisch legt, wie das heute üblich ist. Es gibt Überlegungen, hier Wohnungs- und Einkaufsmöglichkeiten, Büros etc. zu schaffen.

Das Areal ist ein Juwel einer Immobilie in Urfahr. Unterirdisch steigt man einfach um in die Straßenbahn. Damit ist man viel schneller.

Die Variante von Steinkellner ist die alte Hafenbahn. Da war nie ein Personenverkehr, dort arbeiten die Menschen nicht.

Wann soll der Bau an der zweiten Schienenachse starten?

In eineinhalb Jahren. Wir arbeiten derzeit an der Einreichplanung. Der Aufsichtsrat der Linz AG hat am Freitag die Beschlüsse gefasst.

Stadt und Land haben bei den Kosten einen Aufteilungsschlüssel von 55 zu 45 Prozent vereinbart.

Wir werden die Kosten langfristig über das städtische Budget zu finanzieren haben. Wir arbeiten mit dem Land bereits in einer Errichtungsgesellschaft zusammen. Mein Vorschlag ist, den Aufteilungsschlüssel auch bei der Eisenbahnbrücke anzuwenden.

Sie sind aus Protest weder im Landesparteivorstand noch im Landesparteipräsidium vertreten. Der von Ihnen kritisierte Reinhold Entholzer ist nicht mehr Landesvorsitzender. Wie ist nun Ihr Verhältnis zur Landes-SPÖ?

Das Verhältnis ist friktionsfrei. Die Linzer SPÖ unterstützt die neue Landesparteiführung unter Hans Kalliauer.Wir werden das leisten, was notwendig ist, um die SPÖ wieder auf die Überholspur zu bringen.

Sie haben sich durchgesetzt, Entholzer hat von einer neuerlichen Kandidatur, die vom Parteivorstand einstimmig beschlossen war, abgesehen.

Ich sehe das nicht so. Es ist mir nicht um das Durchsetzen gegangen, sondern ich habe mir die Freiheit genommen, dass ich nicht um jeden Preis ein Parteisoldat bin. Mir war klar, dass es politisch Konsequenzen hat, wenn ich nicht kandidiere. Das war keine emotionelle Handlung und keine Trotzreaktion.

Warum war das erst einige Stunden vor dem Parteitag? Die einstimmige Nominierung Entholzers fiel ja schon mehrere Wochen vorher.

Das war der letzte Punkt einer längeren Entwicklung. Es wäre zu billig, Entholzer allein für die Niederlage am 27. September verantwortlich zu machen. Es ist aber dann in der Landes-SPÖ etwas geschehen, das weder er noch ich ändern konnten. Es wäre in den Parteigremien wieder ein Prozess wie 2009 gestartet worden, der eine Selbstbeschäftigung der Partei mit sich selbst bedeutet hätte. Damals hieß der Prozess Morgenrot, jetzt Kompass. Ich konnte mich mit meinem Widerstand nicht durchsetzen. Auch Entholzer war nicht immer mit den Entwicklungen glücklich. Weil ich das nicht mehr mitverändern konnte, habe ich mir die Freiheit genommen, mich zurückzuziehen. Ich habe niemand anderen zum Rücktritt aufgefordert.

Die Kurzfristigkeit habe nicht ich entschieden, sie begann am Tag vorher, als die Parteigeschäftsführer vom Landtagsklub und der Regierung plötzlich abgelöst wurden. Das wurde nicht kommuniziert. Das war der letzte Punkt, wo ich gesagt habe, es macht keinen Sinn mehr, dem Parteivorstand anzugehören.

Das Netzwerk gegen Rechtsextremismus kritisiert, dass die türkisch- rechtsextreme Gruppe Avrasya in einem Linzer Volkshaus auftreten darf, obwohl doch die Bundes-SPÖ Kontakte zu ihr untersagt.

Ich akzeptiere und respektiere den Beschluss der Bundes-SPÖ. Es wird auch von der Linzer SPÖ keine Kontakte mit Avrasya geben. Für Veranstaltungsräume der Stadt gelten andere Gesetze als die der Bundes-SPÖ. Ich werde als Bürgermeister dafür Sorge tragen, egal um wen es geht, ob um sozialdemokratische, konservative, linke oder nationalistische Vereine, dass jede Gruppe, gegen die von der Polizei nichts vorliegt, Räumlichkeiten von der Stadt mieten kann. Ich als Bürgermeister entscheide nicht ideologisch, ob jemand einen Raum bekommt oder nicht. Die Gesetze der Versammlungsfreiheit gelten auch für den Bürgermeister. Wenn hingegen etwas vorliegt, zum Beispiel Wiederbetätigung oder Verhetzung, dann werden Räume nicht zur Verfügung gestellt. Ich habe immer wieder Besprechungen mit der Polizei zu politischen Organisationen und Vereinen.

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