Neuer Radweg auf der Nibelungenbrücke: Wer ist schuld am Stau in Linz?

Radweg-Provisorium Nibelungenbrücke
Provisorium ist noch nicht einmal in Betrieb, schon wird es von der FPÖ und der Wirtschaft infrage gestellt.

Drei Radfahrer stehen an der roten Ampel vom Linzer Hauptplatz kommend und wollen auf die Nibelungenbrücke. Es nieselt. Dann wird es grün, aber Autofahrer von der Donaulände kommend stehen über den Rad- und Fußgängerübergang. Es staut nämlich auf der Brücke.

Grünphase für Grünphase zeigt sich an diesem Dienstag im Feierabendverkehr das gleiche Bild. "Geht der Radweg hier in die andere Richtung?", fragt ein Radfahrer den anderen mit Blick auf die Brücke, als dieser gerade einmal nicht von einer Blechlawine verstellt ist. 

Neuer Radweg auf der Nibelungenbrücke: Wer ist schuld am Stau in Linz?

Autofahrer blockieren den Radweg

Ja und nein. Der Radweg führt auf jeder Seite in beiden Richtungen. Einer davon baulich getrennt auf der früheren Fahrspur, in entgegengesetzter Richtung zum Pkw-Verkehr. Und schon gibt es das nächste Dilemma.

Neuer Radweg auf der Nibelungenbrücke: Wer ist schuld am Stau in Linz?

Alter und neuer Radweg auf der Nibelungenbrücke

"Sei kein Ungustl"

Ein Bus des OÖ Verkehrsverbundes mit der Aufschrift "Geht's nu? Sei kein Ungustl im Straßenverkehr!" fährt auf die Brücke ein, andere Lenker hupen. 

Und wieder andere blockieren erneut die Radfahrerüberfahrt, sogar ein Polizist nimmt mit seinem Polizeiauto einer Radfahrerin ungeniert den Vorrang.

Schritttempo von Brücke zu Brücke

Auf der Urfahraner Seite geht es an dem Tag in der Früh ab Höhe Donautalbrücke auf der B127 nur noch im Schritttempo voran. Mehr als 20 Minuten dauert es bis zur Nibelungenbrücke, dem Nadelöhr. Wer es dann endlich drübergeschafft hat, braucht nur noch Geduld für den üblichen Frühverkehr an der Donaulände. 

Donautalbrücke bringt neuen Verkehr

Eigentlich sollte die neue Donautalbrücke den Verkehr massiv vorab ableiten und die ewige Staustrecke so entlasten. Das passiert natürlich zum Teil, mit dem Erfolg, dass es nun auch auf der Linzer Seite stadteinwärts zu den Stoßzeiten nur sehr langsam vorangeht. 

Es steht also für Pendlerinnen und Pendler im Auto, die aus dem Mühlviertel kommen, derzeit an zwei markanten Stellen in Linz. 

Neuer Radweg auf der Nibelungenbrücke: Wer ist schuld am Stau in Linz?

Blick von der Rudolfstraße Richtung Puchenau, links ginge es auf die Nibelungenbrücke. Aber nichts geht.

Die Szenerie wiederholt sich am Abend. Zwischen den beiden Ampeln (Hauptplatz und Rudolfstraße) stauen sich mehr als 100 Autos auf den zwei Spuren - vom Fiat 500 bis zum Achtsitzer fast ausnahmslos mit einer Person besetzt, während Radfahrer zügig vorbeifahren. 

Straßenbahn fährt ungehindert durch

Eine Straßenbahn um die andere befördert indes ungehindert hunderte Fahrgäste von einer Seite der Donau auf die andere. "156 Passagiere in einer Straßenbahn entsprechen einer Autoschlange von 1,3 Kilometern", rechnet Lorenz Potocnik (Linz plus), die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Verkehrs vor. 

Diese Autolenker wollen nach links in die Rudolfstraße und blockieren permanent die Kreuzung. Was dem Verkehr von der Rudolfstraße kommend Richtung Puchenau nicht dienlich ist. Und dort für massive Verzögerungen sorgt. Also sind die neuen Radwege schuld?

FPÖ und Wirtschaft stellen Lösung infrage

Ja, sagen die Freiheitlichen wie Verkehrslandesrat Günther Steinkellner und stellen das Provisorium infrage, ehe es noch in Betrieb gegangen ist: Sollte die Brücke für den Verkehr nicht entsprechend leistungsfähig sein, müsse die Stadt Linz andere Lösungen als diese suchen. 

Auch die Wirtschaftskammer hat bereits aufgeschrien. "Die neue Verkehrsführung ist völlig untragbar", sagt Doris Hummer, Präsidentin der Wirtschaftskammer OÖ. Die Verzögerungen seien "wirtschaftlich und gesellschaftlich nicht tragbar". 

Hummer fügt in ihrer Stellungnahme allerdings auch an, dass die eine Spur Richtung Stadtzentrum "zudem häufig durch Autobusse und LKW blockiert" sei, was den Individualverkehr lahmlege und Einsatzkräfte behindere.

Hajart: Nachbesserungen, aber Umsetzung

ÖVP-Verkehrsstadtrat Martin Hajart erläutert, dass es bis zur offiziellen Inbetriebnahme am 7. April noch Nachbesserungen geben werde, betont aber: "Dieses Projekt ist ein lang diskutierter Schritt, um das Nadelöhr für Radfahrer zu entschärfen." 

Neuer Radweg auf der Nibelungenbrücke: Wer ist schuld am Stau in Linz?

ÖVP-Vize Hajart und SPÖ-Bürgermeister Prammer stehen zur geplanten Lösung

Es könne in Linz nicht ausschließlich auf das Auto als Verkehrsmittel gesetzt werden, sagt er, und will mit Park & Ride-Anlagen außerhalb der Stadt mehr Menschen zum Verzicht auf das Auto bewegen. 

SPÖ bekennt sich zum Provisorium

SPÖ-Bürgermeister Dietmar Prammer bekennt sich aktuell zu der Maßnahme und will die Erkenntnisse, die sich bis Herbst aus der Reduzierung der beiden Fahrspuren auf der Nibelungenbrücke zugunsten der Radfahrer ergeben, in die Bewertung für fixe Maßnahmen einfließen lassen. 

Die Grünen wiederum sehen an der Debatte erneut, dass "der Pkw im Mittelpunkt steht und Rad- und Fußgängerverkehr sich um die restlichen Flächen streiten müssen". Dem pflichtet die KPÖ bei, die mit Verweis auf den Ausbau der Auto-Infrastruktur feststellt: Mehr Straßen, mehr Autos, mehr Stau. Es fehle der Mut, den Autoverkehr einzuschränken.

Die Hoffnung bleibt, dass mit den Adaptierungen mehr Leute vom Auto aufs Rad umsteigen und so sowohl Brücke als auch die Linzer Innenstadt stautechnisch entlastet werden. Beispiele wie Kopenhagen, Utrecht oder jetzt Paris sind der Beweis dafür, eine Studie der Uni Salzburg, die im Vorjahr veröffentlicht wurde, belegt ebenso, dass bessere Radinfrastruktur zur Verlagerung des Verkehrsmittels entscheidend beiträgt. Auch wenn es nicht von heute auf morgen geht. 

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