Neos: "Wir wollen 2027 in die Landesregierung“
Felix Eypeltauer ist seit 2021 Klubobmann und Landessprecher der Neos. Der 32-jährige Linzer gehörte von 2019 bis 2021 dem Nationalrat an und war von 2015 bis 2020 Gemeinderat in Linz.
KURIER: Um die Neos ist es ruhiger geworden. Täuscht mich dieser Eindruck?
Felix Eypeltauer: Ich habe den subjektiven Eindruck, dass wir den Kurs weiterverfolgen, den wir von Beginn an eingeschlagen haben. Nämlich weit über unsere Gewichtsklasse hin aus in der Landespolitik mitzumischen. Wir setzen immer dann, wenn es notwendig ist, eigene Themen. Zuletzt beim Rettungswesen, wo es grobe Missstände gegeben hat. Wir haben als zweiköpfiges Team im Landtag in den drei Jahren Erfahrung gesammelt und sind fokussierter. Wir müssen exponentiell besser werden, um unser Ziel 2027 zu erreichen.
Was ist das Ziel bei der Landtagswahl 2027?
Wir wollen den Einzug in die Landesregierung schaffen. Wir brauchen dafür acht bis neun Prozent der Stimmen. Das wäre über sechs Jahre hinweg eine Verdoppelung des Wahlergebnisses.
Bei der EU-Wahl am 9. Juni erzielte Ihre Gruppe 8,8 Prozent der Stimmen, was einen Zuwachs von 1,9 Prozent gegenüber 2019 bedeutet. Aber Sie liegen unter dem Bundesschnitt von 10,1 Prozent. Warum?
Wir sind nicht das einzige Bundesland außerhalb von Wien, das unter dem Bundesschnitt liegt. Wir sind in der Entwicklung der Landesorganisation ein paar Schritte hinter Wien. In Wien gestalten wir in der Landesregierung mit und sind allein dadurch schon viel präsenter. In Oberösterreich sind wir die kleinste Partei und wir stehen einer sehr übermächtigen Landeshauptmannpartei gegenüber, die diesen Status unablässig ausnutzt, um sich auf Kosten der Steuerzahler zu positionieren. Siehe Regierungsinserate in den Parteimedien.
Das Parteimedium Volksblatt ist mit Ende des Jahres eingestellt worden.
Die Skrupellosigkeit der Selbstbedienung der ÖVP am Steuertopf ist nach wie vor aufrecht. Ich bin sehr zufrieden mit Zuwachs bei der EU-Wahl. Ob das ein oder zwei Prozent mehr sind als woanders, halte ich für völlig irrelevant. Wir erleben einen Zulauf und haben eine positive Dynamik. Wir wollen sie über den Sommer in den Herbst zur Nationalratswahl mitnehmen.
Bei der Nationalratswahl 2019 haben die Neos in Oberösterreich 7,32 Prozent der Stimmen erzielt. Was ist Ihr Ziel für den 29. September?
Wir wollen einen gewichtigen Beitrag für das Bundesergebnis leisten, um als Reformkraft in die Bundesregierung zu kommen. Der Sprung in die Zweistelligkeit wäre ein schönes Ergebnis, das wir anstreben.
Ihre Partei will in die nächste Bundesregierung. Die Chancen stehen nicht so schlecht, weil es möglicherweise eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos geben wird. Ihre Chefin Beate Meinl-Reisinger erhebt Anspruch auf das Finanzministerium. Halten Sie das für gut und richtig?
Ja, weil am Finanzministerium die strukturellen Reformen und Umstellungen hängen, die das Land benötigt.
Damit können die Neos alles blockieren, denn der Finanzminister muss allen Auszahlungen zustimmen.
Damit könnten wir als reformtreibende Kraft strukturelle Änderungen ermöglichen. Die Traditionsparteien haben ja ihre Kraftlosigkeit in den vergangenen 20 Jahren zur Schau gestellt. Wir haben eine Fülle von Herausforderungen, die ohne Lösung zu Problemen werden. Wie die Demografie, die Energiewende, die digitale Transformation und wir regulieren die Wirtschaft nieder.
Der große Profiteur der Unzufriedenheit der Menschen ist die FPÖ. Sie wurde bei der EU-Wahl in Oberösterreich stärkste Partei, sie will es auch bei der Nationalratswahl werden. Warum gelingt es den Neos nicht stärker, von dieser Unzufriedenheit zu profitieren?
Wir sind einer der zwei Sieger der EU-Wahl. Diese Dynamik stimmt sehr positiv. Herbert Kickl ist ein Polarisierungsunternehmer. Sein Geschäft ist es, bestehende Meinungsverschiedenheiten in der Bevölkerung anzuzünden, in Richtung Spaltung voranzutreiben und davon zu profitieren. Das zeigen die Europawahl und die Umfragen.
Wir machen genau das Gegenteil von dem, was ein Herbert Kickl oder ein Victor Orbán tun. Wir sind die Gegenthese zu den Populisten. Deshalb brauchen wir in diesen Auseinandersetzungen einen längeren Atem als jene, die Strohfeuer entfachen.
Die Neos haben bei ihrem Parteitag vor einem Jahr einen Kurswechsel in der Asyl- und Migrationspolitik vollzogen. Weg von einer Politik der Offenheit hin zu einer gesteuerten Migration.
Unsere Position ist unverändert, seit es uns gibt. Wir sind eine Rechtsstaatspartei, was bedeutet, dass Menschen, die nicht Asyl bekommen, das Land wieder verlassen müssen. Wer hier bleibt, hat sich an die Regeln und an die österreichische Kultur zu halten, wie beispielsweise die Gleichstellung von Mann und Frau. Und er hat sich in Form von Arbeit einzubringen. Wir haben immer schon gefordert, dass Asylwerbende eine Lehre absolvieren können und bis deren Abschluss hierbleiben bleiben können.
Die Rückkehr von Abgelehnten findet in der Regel nicht statt, die meisten bleiben im Land.
Richtig. Warum bleiben sie im Land? Weil es die Regierungen der vergangenen Jahre verabsäumt haben, Rückführungsübereinkommen oder anderweitige Abkommen auf europäischer Ebene abzuschließen. Das war und ist die Verantwortung eines Innenministers Herbert Kickl und die Verantwortung von ÖVP-geführten Bundesregierungen. Wir haben unseren Kurs nicht geändert, sondern ihn stärker betont, weil wir anerkennen, dass das Thema eine Vielzahl von Menschen vollkommen zu Recht beschäftigt.
Wie wollen Sie die Migrationsfrage lösen?
Wir haben immer weniger Leute, die arbeiten können. Wir haben immer mehr Personen, die in den Ruhestand gehen. Das Umlagesystem für die Pensionen funktioniert nur teilweise. Wir haben kaum mehr Wirtschaftswachstum. Unternehmen denken immer lauter darüber nach, Investitionen nicht mehr in Österreich, sondern im Ausland zu tätigen.
Oberösterreich als Industrie- und Wirtschaftsstandort spürt das am stärksten. In dieser Gemengelage ist einer von drei Lösungswegen qualifizierte Migration. Die gescheitesten Köpfe müssen geneigt sein, nach Österreich zu kommen, weil sie da eine Chance sehen. Dazu müsste man mit dieser Zukunftsvergessenheit und mit dem Administrieren des Status quo aufhören, man müsste die Lust am Gestalten entdecken.
Die Realität ist eine andere. Es kommen nicht die gut, sondern die schlecht Qualifizierten. Laut aktuellem Integrationsbericht der Bundesregierung sind ein Viertel der Migranten Analphabeten, das heißt, sie können weder lesen noch schreiben.
Man darf das Thema Asyl nicht dem der Migration verschränken. Das ist nicht richtig. Die Menschen kommen zu uns, weil sie flüchten.
Der Großteil der Asylwerber sind in Wahrheit Wirtschaftsflüchtlinge, die nach einem besseren Leben streben, was legitim ist. Viele kommen illegal mithilfe von Schleppern hieher und sagen an der Grenze das Zauberwort Asyl, weil die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass sie hierbleiben können. Damit wird der Asylprozess in Gang gesetzt, der sich inklusive der Einsprüche über fünf bis zehn Jahre hinzieht, mit der relativen Sicherheit, hier bleiben zu können.
Diese Diskussion hat schon einen Bart. Die Frage ist: Wie teilen wir an den Außengrenzen die Personen, die ein Verfahren haben wollen, in der Europäischen Union auf? Das ist deshalb gescheitert, weil es die Freunde von Herren Kickl wie Victor Orbán und die ÖVP es nicht geschafft haben, sich hier sinnvoll einzubringen. Die notwendige Aufteilung ist bis heute nicht passiert. Dafür muss Österreich eintreten, weil wir mit Griechenland und Italien die größte Last schultern. Das ist und wird die faire Lösung sein.
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