„Müssen Betreuung für die Kleinkinder ausbauen“

Christian Mader
Die Gemeinden brauchen Geld, Geld, Geld: für die Kinderbetreuung, für die Pflege der älteren Mitbürger und für die Abdeckung der Spitalsdefizite.

Christian Mader ist seit 2015 Bürgermeister der Gemeinde Schlatt (1.430 Einwohner) bei Schwanenstadt. Der 42-Jährige ist seit vergangenen Herbst auch Landtagsabgeordneter und seit 2020 Bezirksparteiobmann der ÖVP Vöcklabruck (Vorgängerin war Landesrätin Michaela Langer-Weninger). Im Herbst soll er Johann Hingsamer als Präsident der oberösterreichischen Gemeindebundes nachfolgen.

Seine Frau Veronika ist Volksschullehrerin, die beiden haben zwei Kinder – Emilia ist fünf und Lorenz zwei Jahre. Mader entstammt einer viehlosen Landwirtschaft (Körndlbauer mit Weizen, Gerste und Mais), die er gemeinsam mit seinem 82-jährigen Vater führt. Er hat Schlosser gelernt und praktiziert, bevor er Bezirksgeschäftsführer der ÖVP (2010–2020) geworden ist.

Seine Schwester Michaela ist Sozialdemokratin und mit dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger verheiratet. Christian ist das Jüngste der vier Mader-Kinder. Sein Bruder Siegfried war früher Landesobmann der Jungen Wirtschaft.

KURIER: Ihr Gemeindeamt steht in der Nachbargemeinde Oberndorf. Drängt sich da nicht der Gedanke einer Gemeindezusammenlegung auf?

Christian Mader: Es war bei uns schon immer so, dass das Gemeindeamt nicht in der eigenen Gemeinde stand. Die drei Gemeinden Pitzenberg, Pühreth und Rutzenham bilden bereits seit 1936 eine Verwaltungsgemeinschaft, Oberndorf ist 2005 dazugekommen. 2008 ist dieses Gebäude entstanden, wo auch unser Gemeindeamt untergebracht ist. Deshalb heißt es Verwaltungszentrum 4 +.

Es hat natürlich immer wieder Diskussionen um eine Gemeindefusion gegeben. Sie ist oft von der Stadt Schwanenstadt ausgegangen, die auch die Zentralortfunktion hat. Wir sind eine gemeinsame Pfarre, wir haben eine gemeinsame Musikkapelle und gemeinsame Schulen. Wir haben aber eine eigene Feuerwehr und einen eigenen Sportverein mit verschiedensten Sektionen.

Wie sehen Sie die Frage der Gemeindezusammenlegung?

Die Diskussionen sind bei uns sehr grundlegend und offen geführt worden. Es gab auch einen Rechnungshofbericht. Es gab immer das Bekenntnis zur Eigenständigkeit. Rutzenham ist das beste Beispiel. Die Gemeinde hat 300 Einwohner, eine eigene Kirche, eine achtklassige Volksschule, einen zweigruppigen Kindergarten, eine Union und eine Feuerwehr. Die Menschen engagieren sich ehrenamtlich, sonst kann das in so einer Gemeinde nicht funktionieren.

Die Gemeindezusammenlegung ist von Schwanenstadt immer wieder angestoßen worden. Wir haben dafür Verständnis gehabt, aber das ist nicht so angekommen. Da zeigte sich das Problem der Augenhöhe. Auf welcher Augenhöhe geht man aufeinander zu? Wenn eine Stadt mit 4.500 Einwohnern eine Gemeinde mit 1.400 Einwohnern integrieren will, dann braucht man gleiche Augenhöhe, um diese Diskussion zu starten. Die Augenhöhe hat nicht gepasst.

Was ist das wichtigste Problem in den Gemeinden, das angegangen werden muss?

Wenn wir die Pandemie ausklammern, ist es die Kinderbetreuung. Man muss sie ausbauen, um den Bedarf zu decken.

Was heißt das konkret? Mehr Bauten, mehr Plätze?

Ja. Es geht wesentlich um die Kleinkindbetreuung ab eineinhalb Jahren. Wir haben viele Regionen mit starken Einwohnerzuwächsen. Ganz akut ist auch der Mangel an Mitarbeiterinnen bei den Pädagogen/innen und bei den Helfern/innen.

Werden diese schlecht bezahlt? Was ist die Ursache?

Es bleiben von den ausgebildeten Pädagogen/innen nur 20 Prozent in der Kinderbetreuung. Ich glaube nicht, dass es am Geld liegt. Wenn sie nach der Ausbildung sofort in die Kinderbetreuung einsteigen, haben sie in der Lebensverdienstzeit dasselbe wie eine Volksschullehrerin.

Was ist dann die Ursache?

Die Betreuung von Kleinkindern ist etwas ganz anderes als die von größeren Kindern. Das muss man mögen.

Politisch umstritten ist die Gebühr für die Nachmittagsbetreuung in den Kindergärten. Josef Pühringer hat sie abgelehnt, Thomas Stelzer hat sie eingeführt. Ihre Position?

Es gibt ein Für und Wider. Die Kosten für die Kinderbetreuung sind neben den Sozialkosten enorm. Unsere Gemeinde verzeichnet beim zweigruppigen Kindergarten einen Abgang von 115.000 Euro. Wir sind von 85.000 auf 115.000 Euro hinaufgeschnellt. Die einen sind für gehaltsabhängige Kindergartengebühren, die anderen sind dagegen. Die Vormittagsbetreuung soll kostenlos bleiben.

Ihr Schwager, der Linzer Bürgermeister Klaus Luger, plädiert dafür, die Kindergärten komplett in die Kompetenz der Gemeinden zu geben. Umgekehrt soll das Land die Spitalsabgänge übernehmen, bei denen die Gemeinden mitzahlen müssen, ohne mitreden zu können.

Es geht um ein Geben und Nehmen. Die Kinderbetreuung ist sehr nahe an den Gemeinden. Aber wo können die Gemeinden beim Spitalswesen mitreden? Wir sind nur Zahler.

Das zweitgrößte Problem der Gemeinden ist die Pflege. Wo ist hier die Herausforderung?

Die Kosten laufen uns davon. Der Großteil unserer Ausgaben geht an den Sozialhilfeverband (Zusammenschluss der Gemeinden eines Bezirks zur Finanzierung der Pflege bzw. der Altenheime). Die Sätze steigen ins Unermessliche. Die Aufgaben der Pflege werden aufgrund der demografischen Herausforderung (mehr ältere Menschen) immer mehr. Wir haben die mobilen Pflegedienste und die stationäre Pflege. Wir müssen neue Heime bauen. Wir mussten jetzt im Bezirk sämtliche Rücklagen auflösen. Was machen wir nun im nächsten und im übernächsten Jahr? Auf Bundesebene wird das Problem nicht gelöst. Das ist eine wichtige allgemeine soziale Frage.

Auch hier spüren wir den Personalmangel. Wir haben in Ottnang ein neues Pflegeheim gebaut, wo Betten überhaupt noch nicht belegt gewesen sind, weil uns das Personal fehlt. Das Land, der Städte- und der Gemeindebund haben nun eine Pflegefachkräfteoffensive gestartet. Wir haben eine allgemeine Personalnot, die den gesamten Öffentlichen Dienst betrifft.

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