„Monogamie ist die leidenschaftlichste Beziehungsform"
Wenn Michael Lehofer kommt, ist ein voller Saal garantiert. Mittwochabend stellte der 66-Jährige bei Thalia (Linz-Landstraße) sein neues Buch „40 verrückte Wahrheiten über Frauen und Männer, die sie unbedingt kennenlernen sollten, wenn Sie mit Ihrem Partner glücklich werden wollen“. Es ist dies eine Sammlung von Vorträgen, die der Grazer Psychiater, Psychologe und Psychotherapeut zum Thema „Beziehungen und ihre Pathologie“ gehalten hat.
Beziehungen
„Wir haben evolutionsbiologisch ein großes Interesse an Beziehungen, weil sie ja die Grundlage für Familien sind. Das ist in Zusammenhang mit der Kinderaufzucht besonders wichtig. Die Sozialpsychologie hat festgestellt, dass Frauen mehr Interesse an Beziehungen haben als Männer“, erläuterte er eingangs. „Wir interessieren uns für Beziehungen, aber wir wissen dann interessanterweise doch relativ wenig darüber. Es fehlt uns der weise Großvater bzw. die weise Großmutter, die uns sagen kann, wie es gehen könnte. Das wollte ich (mit dem Buch, Anm.) ein bisschen kompensieren.“
Unersetzbarkeit der Monogamie
Eine der 40 verrückten Wahrheiten Lehofers ist die Unersetzbarkeit der Monogamie. Wenn man Menschen frage, ob sie an die Monogamie glaubten, sei das eine ähnliche Frage, ob sie an Gott glaubten. Wenn er gefragt werde, antworte er, opportunistisch wie er sei, wie werde an so etwas glauben? „Wer hält das schon durch? Das halten nur jene durch, denen nichts anderes übrig bleibe. Entweder weil sie zu wenig Geld haben, denn eine serielle Monogamie ist teuer, oder sie sind verklemmt oder emotional nicht so drauf. Sie glaubten von sich selbst, dass sie so unattraktiv sind, dass sie, wenn sie unter der Haube sind, nicht noch einmal riskieren sollen. Es gibt schon Monogame, aber so viele Herzensmonogame gibt es interessanterweise auch wieder nicht.“ Er selbst sei eigentlich ein großer Anhänger der Monogamie. Weil dahinter die Idee stecke, dass man dem anderen alles sein könne. Und umgekehrt. Es sei eine faszinierende Bindungsvision.
Vollkommensheitsanspruch
Eine funktionierende monogame Beziehung sei eine wunderbare Angelegenheit, aber auch hier könne der andere nicht alles sein. Es sei ein Vollkommenheitsanspruch enthalten. Es sei die leidenschaftlichste aller Beziehungsformen. Denn Leidenschaft bedeute nicht, alles, was möglich sei, zu leben, sondern Leidenschaft bedeute, das, was man jetzt lebe, ganz zu leben. „Das, was jetzt ist, ist das einzige Wichtige im Leben.“
Alles ausloten?
Eine monogame Beziehung sei sehr leidenschaftlich, im Vergleich zu dem, was landläufig so erzählt werde. Für manche Menschen bedeute Leidenschaftlichkeit, alle Möglichkeit auszuloten. Man versäume das Leben, wenn man alle Möglichkeiten auslote. Man versäume das Leben nicht, wenn man den jetzigen Moment ganz auslote.
Ohne Leiden kein Wachstum
„Auch wenn die monogamen Versuche im Leben manchmal scheitern, finde ich das gut, denn man hat das Leben ausgelotet. Wenn man die Komfortzone lebt, scheitert man nicht. Scheitern hat auch etwas Schönes. Darum bin ich Anhänger der Monogamie, wir sollten uns diese Vision, auch wenn sie nicht immer ganz funktioniert, nicht wegnehmen lassen.“ Spiritualität sei die Anerkennung des Zauberhaften im Leben. Wir sollten uns die Zauberhaftigkeiten nicht wegnehmen lassen, zugunsten eines Realismus, der nichts anderes als eine versteckte Angst sei, eine Erwartung zu haben, die dann nicht eintrete. „Es geht darum die Zauberhaftigkeit im Leben zu behalten. Wenn wir die Magie des Lebens erleben, haben wir die Fülle des Lebens erlebt. Wir wachsen nur über uns hinaus, wenn es uns wehtut. Das ist so. Ohne Leiden wächst niemand.“
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