Mit Flüchtlingen teilweise überfordert

Die Führung der Diözese (v.l.): Generalvikar Lederhilger, Bischofsvikare Hintermaier und Mittendorfer, Bischof Scheuer, Bischofsvikare Viehböck und Haidinger.
"Ich schlafe zwar im Bischofshof,wohne dort aber noch nicht".

"Ja, wir sind mit den Flüchtlingen teilweise überfordert. Das müssen wir uns eingestehen." So lautet die Antwort des neuen Linzer Bischofs Manfred Scheuer auf die Frage des KURIER, was er zur Einführung einer Obergrenze für Asylbewerber durch die Bundesregierung meine. "Das vergangene Jahr hat aber auch gezeigt, dass Kräfte zum Vorschein kommen, die man nicht vermutet hat. Kräfte des starken Engagements, der Humanität und der Solidarität. Auf diesen Kräften kann man in der Gesellschaft bauen. Man kann sie nicht zahlenmäßig bemessen."

Der Bischof stellt gleichzeitig die Frage, "was tut man mit den Menschen, wenn sie da sind? Als Europa, als internationale Staatengemeinschaft hat man eine Verantwortung. Es ist ähnlich wie beim Hunger. Man plant ihn nicht, aber wenn er kommt, ist es gut,wenn man gemeinsam hilft." Die Fixierung von Zahlen halte er nicht für zielführend.

Armutsflüchtlinge

In der Flüchtlingsfrage brauche es auch eine Ordnung, eine Differenzierung. "Wer ist Asylwerber, wer kommt aus anderen Gründen? Ich bevorzuge den Begriff Armutsflüchtling gegenüber dem des Wirtschaftsflüchtlings." Der Flüchtlingsstrom werde nicht aufhören, aus Afrika werden vermutlich noch mehr kommen. Der Bischof betont, er sei hier kein Besserwisser. Der erste Ansatz müsse natürlich eine Friedenslösung für Syrien sein. "Das sagen uns auch die Menschen im Irak und in Syrien. Sie meinen, ihre Landsleute sollen nicht flüchten, sondern zu Hause bleiben, denn sie fehlen beim Wiederaufbau, im Bereich der Bildung und der Wirtschaft. Ansonsten besteht die Gefahr der Verelendung. Das sagt uns auch der Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche, den ich selbst vor drei Jahren im Irak besucht habe. Arbeitet nicht darauf hin, dass die Leute zu euch kommen, sagt er, wir brauchen sie selbst."

Es sei klar, dass weder Österreich noch Deutschland den Flüchtlingszustrom allein stemmen könnten. Es brauche eine europäische Lösung. Aber auch die USA und Russland sollten sich beteiligen, weil sie im Krieg wichtige Rollen spielten. "Aber es sind eben auch die konkreten Menschen, die an der griechisch-mazedonischen Grenze campieren. Die Zustände sind katastrophal. Hier zu sagen, wie viel verkraften wir und wie viele nicht, geht an den konkreten Menschen an der Grenze vorbei." Es gebe den Konsens in der Politik, dass Asyl ein Menschenrecht sei. "Wie man eine europäische Strategie erzwingt, weiß ich auch nicht."

Seine ersten zwei Monate als Bischof von Linz seien geprägt gewesen von zahlreichen Sitzungen, sagte Scheuer Dienstagabend beim Medienempfang im Linzer Bischofshof. Seine Orientierung und Ausrichtung in Linz könne nicht in wenigen Tagen erfolgen, bat Scheuer um Geduld. Er habe bei den Menschen in der Diözese eine Atmosphäre des Wohlwollens und der Freude vorgefunden, dafür sei er dankbar. Es hätten sich aber auch andere bei ihm gemeldet. Er zitierte dazu die Frage einer Freundin: "Wie geht es deinen Mit- und Gegenarbeitern?"

Entzugserscheinungen

Über sein Leben in der neuen Unterkunft, dem Bischofshof, sagte er: Das unter Denkmalschutz stehende Haus sei für das Arbeiten und Wohnen nicht förderlich. Unter Hinweis auf die zeitlichen Anforderungen seit seinem Amtsantritt schilderte er, seine Bücher stünden noch in Schachteln in den Gängen. Deshalb im Bischofshof: "Schlafen ja, wohnen noch nicht."

Er habe bisher noch keine Skitour in Oberösterreich unternommen. Üblich seien bei ihm pro Saison etwa 35, heuer seien es vorerst sechs oder sieben gewesen. "Ich habe Entzugserscheinungen", meinte er.

In den nächsten Monaten wird Scheuer neun Regionen besuchen. Das letzte Teilstück will er zu Fuß zurücklegen. Jede/r ist eingeladen.

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