Buchner: „Mit dem Klimawandel wird Geschäft gemacht“
Hans-Jürgen Buchner tritt mit seiner Band Haindling heute, Sonntag, in Schärding auf, und am 1. September im Linzer Brucknerhaus. Die niederbayerische Musikgruppe wird stilmäßig der neuen Volksmusik zugerechnet. Der KURIER hat den 75-jährigen Musiker in seiner Heimatortschaft Haindling (80 Bewohner) nahe Straubing besucht.
KURIER: Du warst von der Pandemie betroffen, weil Du keine Konzerte mehr geben konntest.
Hans-Jürgen Buchner: Angst davor habe ich nicht gehabt, weil ich nicht nach München musste. In unserem kleinen Dorf haben wir von Corona nichts gemerkt. Das ist das Schöne. Unsere Freundin hat in Straubing eine kleine Wirtschaft (Gasthaus), für die war es schon hart. Am Anfang habe ich kleines Gedicht gemacht: „Und wenn einmal alles anders wird, anders wie davor und nix mehr is’ wie’s is’, dann gib’ i Dir a Roll’n Klopapier und krieg’ von Dir an Kast’n Bier.“ Das Klopapier war ja anfangs ausverkauft. Ich habe mir viel Zeit genommen, mich mit Musik ohne Zwang zu beschäftigen. Und im Garten hat es auch gutgetan. Corona habe ich hauptsächlich nur aus dem Fernsehen gekannt.
Du gibst jetzt wieder eine Reihe von Konzerten. Wie geht es Dir dabei?
Wenn eine Tournee losgeht, bin ich immer sehr angespannt, dass auch alles gut klappt. Und wenn es dann so weit ist, merke ich, es geht wunderbar. Wichtig ist, dass es Spaß macht und die Leute sich freuen.
Der Zuspruch der Fans ist ungebrochen.
Ja. Aber in Regensburg, Nürnberg und Rosenheim spielten wir wegen des Einhaltens des Corona-Abstands vor Strandkörben. Das ist eine Erfindung der Beamten. Die Bühne war fünf Meter hoch und es war nicht einfach, eine gute Stimmung rüberzubringen.
Wie geht es Dir stimmungsmäßig bei den Auftritten?
Gut. Es macht mir auch Freude, weil ich meine politischen Sachen wieder unter die Leute bringen kann. Ich bin für die Natur und bin seit 50 Jahren Mitglied beim Bund Naturschutz. Die Lieder sind lustig und schön, aber es sind auch kritische Texte.
Die Schwere und Intensität der Unwetter nimmt wegen der Klimaerwärmung zu. Die EU hat eine -Reduktion von 55 Prozent bis 2030 beschlossen. Welche Maßnahmen sollte man setzen?
Die Österreicher sind viel gescheiter als die Deutschen, denn sie haben ein Tempolimit. Bei uns kommt das leider nicht, weil alle zu feig sind. Ich habe gehört, dass man bei Tempo 130 auf der Autobahn in 12 Jahren 100 Millionen Tonnen sparen würde.
Aber Elektroauto fährst Du noch keines?
Nein, das mag ich auch nicht. Das Elektroauto ist überhaupt nicht alternativ. Die Herstellung der Batterien schädigt die Natur. In zehn Jahren sind die Batterien kaputt und man weiß heute noch nicht, wie man sie entsorgt. Unsere Autofirmen bauen jetzt E-Autos mit 500 PS. In dieser Zeit sollte man doch Autos mit 40 PS bauen. Für mich ist Sparen die Zukunft. Als ich 18 Jahre alt war, ist unser Vater mit uns in einem VW mit 32 PS nach Berlin gefahren. Das hat gelangt. Wenn man heute ein Auto mit 32 PS bauen würde, hätte es vielleicht einen Sprit-Verbrauch von einem Liter. Den Verbrauch zu reduzieren wäre für mich die Alternative. Mit dem Klimawandel wird Geschäft gemacht. Anstatt zu fragen, wie können wir wo reduzieren?. Mit allem, zum Beispiel auch mit dem Plastik. Die Industrie hat uns voll im Griff.
Was kann der Einzelne zum Klimaschutz beitragen?
Der Einzelne kann entscheiden, ob er bei Amazon etwas bestellt, die die ganze Nacht mit ihren Autos herumfahren und liefern. Der Einzelhandel gerät dadurch in Bedrängnis. Wenn das Bestellte nicht gefällt, wird es wieder abgeholt und geschreddert. Das ist ein unglaublicher Vernichtungsverbrauch. So geht es nicht. Das ist unser Wohlstand. Und dann wollen die immer noch Wachstum haben. Irgendwann muss es so weit kommen, dass jeder ein kleines Auto fährt. Jeder soll entscheiden, ob er zum Beispiel Fleisch aus einer Massentierhaltung kauft, oder ob weniger, dafür aber bessere Qualität kauft. Ich bin aber nicht sehr optimistisch, dass das alles noch vernünftig wird.
Ist das nicht eine pessimistische Weltsicht?
Unsere Systeme sind sehr verletzlich, wie man an den Hackerangriffen sehen kann. Es wird alles Mögliche produziert und verkauft, weil es ein Geschäft ist, aber das Risiko wird in Kauf genommen, wie man das an der Atomkraft gut sehen kann.
Am 26. September wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Angela Merkel tritt als Kanzlerin ab, vermutlich wird Armin Laschet ihr Nachfolger. Erwartest Du Dir eine Änderung durch die Wahl?
Nein, weil Laschet vermutlich kommen wird. Obwohl eine Jugend heranwächst, die von Fridays for Future kommt und härtere Anforderungen stellt. Aber die meisten Jugendlichen sind Konsumenten und sind froh, wenn sie in ihr Handy glotzen können. Sie haben keine Kritik, sondern sie wollen es krachen lassen. Unter Laschet wird es lasch weitergehen. Die Industrie wird die Politik weiterhin bestimmen. Durch die Digitalisierung werden viele Arbeitsplätze wegfallen.
Du bist jetzt 75. Wie lange wirst Du noch spielen? So lange es geht?
Ja, der Maler malt auch so lange, wie es geht, der Schriftsteller lässt sich auch auf der Toilette einen Text einfallen. Wenn es auf der Bühne nicht mehr geht, spiele ich zu Hause. Melodien kann ich mir immer einfallen lassen.
Im Herzen fühlst Du Dich wie 28, wie Du in einem Interview gesagt hat?
Oder wie 30. Ich merke das Alter nicht. Mir geht es gut und bin froh, dass ich die Hälfte meines Lebens mit der Musik verbringen konnte. Ich wollte als Bub immer Musiker werden. Etwas Schöneres kann es gar nicht geben.
Was ist der Grund, dass Du nach 40 Jahren immer noch so einen starken Zuspruch beim Publikum findest?
Ich glaube, es ist der eigene Stil meiner Musik. Egal ob ich mit der tibetanischen Tempeltrompete spiele oder mit einer afrikanische Trommel spiele, man merkt das. Das Engagement für die Umwelt spielt sicher auch eine Rolle. Auch, dass ich überall Bayrisch rede.
Du bist absolut authentisch.
Ich bin so, wie ich bin. Und wie ich immer schon war.
Warum ist Dir der Dialekt so wichtig?
Vor 40 Jahren habe ich gemerkt, dass ich nicht auch noch Hochdeutsch singen muss, weil die bayerische Sprache schon eine Rock’n Roll Sprache ist. Ich habe das Glück gehabt, dass ich gesehen haben wie Kevin Coyne (britischer Rockmusiker, 1944–2004) von der Bühne runter röhrt.
Mit dem Texten tue ich mit hart. Ich könnte es mir auch so leicht machten wie die Amerikaner und singen I feel like an angel, oder I loose control oder I wake up in the morning. Oder Every day I see my honey, and I spend her all my money, river deep and mountain high, please tell me the reason why. (lacht) Wenn ich das auf Bayerisch sagen tät’, würde das heißen: Jeden Tag sehe ich meinen Schatz, und ich habe ihr mein ganzes Geld gegeben, der Fluss ist tief, der Berg ist hoch, sag’ mir doch warum. So leicht wie die Amis mache ich es mir nicht. Ich mache deshalb auch so gerne Filmmusik, weil ich mir da keine Texte einfallen lassen muss.
Ich glaube, es imponiert den Leuten auch, dass ich so viele Instrumente spiele, und in der Band alle Musiker Multi-Instrumentalisten sind und wir so ein abwechslungsreiches Konzert machen können. Unsere Haindling-Band spielt wirklich gut.
Was fällt Dir ein, wenn Du an Österreich denkst?
Eine innere Welle der Sympathie. Ich habe als Kind schon immer meine Ferien in Österreich verbracht, auf der Vögei-Alm in Forstau (nahe Schladming, Steiermark). Das Essen ist in Österreich hervorragend. Das Land ist mir auch sympathisch wegen des Tempolimits und weil sie in manchen Dingen weiter sind als wir.
Die Globalisierung wurde durch die Corona-Krise eingebremst, das Regionale hat eine Aufwertung erfahren. Eine Entwicklung, die Dir gefällt.
Das ist viel zu wenig. 99 Prozent geht immer noch über die Supermärkte. Es ist wunderbar, wenn ich auf dem Bauernmarkt in Straubing Brot, Käse oder Geräuchertes kaufe. Der große Umschwung wird erst kommen. Die Biobetriebe können sich leichter umstellen, die großen Bauern stellen nichts Regionales mehr her. Ich würde es für gut befinden, dass jeder, der regional einkaufen will, das auch tatsächlich macht.
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