Mehr für Junge, weniger für Ältere

Leitl will weder Minister werden noch EU-Kommissar noch Bundespräsident. Er möchte 2015 neuerlich als Wirtschaftskammerpräsident antreten, um während der Periode abzutreten.
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl über seine Zukunft, die Koalition und das Pensionsalter.

Christoph Leitl ist Präsident der Wirtschaftskammer Österreich. Der 64-Jährige ist Mitglied des ÖVP-Teams bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ.

KURIER: Sehen wir Sie in ein paar Wochen als Minister in der Regierung?
Christoph Leitl: Nein, definitiv nicht. Ein Kapitän verlässt das Schiff nicht.Wir haben Gegenwind und hohe Wellen. Jetzt ist viel Erfahrung gefragt. Was sich in der ganzen Welt tut, wird uns Europäern sehr viel aufzulösen geben. Mein Platz ist in der Wirtschaft, hier kann ich das Beste für unser Land tun.

Sie haben sich für die Wirtschaftskammer entschieden.
Ich bleibe in der Wirtschaft. Man könnte sagen, nach 13 Jahren wäre eine neue Herausforderung etwas Spannendes. Es geht nicht darum, was für mich spannend wäre, sondern was notwendig ist. Jetzt habe ich in der Verhandlungsgruppe Wachstum gekämpft, ich glaube, wir werden ein ordentliches Ergebnis vorlegen. Wir haben uns medial sehr zurückgehalten und im Inneren umso konstruktiver verhandelt.

Sie werden bei der Wirtschaftskammerwahl Anfang 2015 neuerlich antreten.
Das entscheiden wir ein Jahr vor der Wahl.

Sie stehen zur Verfügung.
Ich stelle das meinen Leuten frei. Sie haben mich ersucht, dass ich jetzt nicht wechsle. Ich hätte auch gar kein Problem, dieses Kapitel abzuschließen. Aber jetzt darf ich nicht weg.

Sie werden weitermachen.
Ich will niemand präjudizieren. Wenn sie mich ersuchen, werde ich mir das sehr ernsthaft überlegen.

Sie sind auch als EU-Kommissar im Gespräch.
Ausgeschlossen. Wenn ich jetzt sage, ich muss weitermachen, kann ich nicht sagen, als Minister gehe ich nicht, aber als Kommissar schon.

Was ist mit einer Kandidatur für die Bundespräsidentschaft?
Das steht jetzt überhaupt nicht zur Diskussion. Wenn ich das wollen hätte, wäre es gescheiter gewesen, einen Ministerposten zu übernehmen. Ich werde nicht Außenminister. Wie schaut denn das bei den Leuten aus? Sie würden dann zu Recht sagen, es geht ihnen nur um die Posten. Mir geht es um die Sache. Ich will, dass Österreich in dieser turbulenten Zeit gut abschneidet.

Leitl wird also 2017 weiterhin Präsident der Wirtschaftskammer sein.
Die Wahl ist 2015, nicht 2017. Wenn ich bei der Wahl antreten, werde ich nicht die ganze Periode zur Verfügung stehen. Ich werde dann den Generationswechsel so einleiten, dass er problemlos möglich ist. Ich bin in einem halben Jahr 65. Ich konzentriere mich jetzt auf die Regierungsverhandlungen, auf gute Rahmenbedingungen und auf die Sozialpartnerschaft, die auch nicht ungefährdet ist. Siehe Metallerverhandlungen. Im Hintergrund haben zwei Leute gearbeitet. Präsident Vogler und ich haben im Hintergrund auf die Verhandler eingewirkt.

In Deutschland haben CDU/CSU und die SPD sich geeinigt. Bei uns sieht es so aus, dass SPÖ und ÖVP überhaupt nicht miteinander können.
Es gibt tatsächlich Unterschiede. Die ÖVP steht für Erneuerung. Die SPÖ sieht den Erneuerungsbedarf nicht im notwendigen Ausmaß. Sie steht auf dem Standpunkt, es läuft eh ganz gut und das, was wir brauchen, bringen wir durch höhere Steuern herein. Ich kämpfe gegen neue Steuern, denn Österreich ist eines der höchstbesteuerten Länder der Welt. Das Märchen von ein paar Reichen die dann brav zahlen, glaubt niemand. Das rettet keinen Staatshaushalt, sondern vertreibt die paar Reichen. Der Staat geht mit den Steuern nicht so sorgsam um wie er müsste. Der Geld geht in die Bürokratie, in Doppelgleisigkeiten, in Ineffizienzen. Dieses Geld sollte in Impulse für mehr Wachstum eingesetzt werden.

Die SPÖ argumentiert, die ÖVP möchte lediglich Steuererleichterungen für die Unternehmer, für die Arbeitnehmer soll es aber keine Steuerreform geben.
Da haben manche ein völlig falsches Bild. Längst hat sich die Aufteilung hier die Arbeitnehmer, dort die Arbeitgeber aufgehoben. Es gibt nur die Betriebe, die wettbewerbsfähig sein müssen, damit sie Arbeitsplätze und Einkommen sichern können. Die Wirtschaft braucht Mitarbeiter, die Kaufkraft haben. Man muss sie stärken. Ich bin der oberste Arbeitnehmervertreter, wenn es um die Kaufkraft geht. Was ich zur Missbilligung der Gewerkschaft immer aufzeige, ist, dass von den sechs Prozent der Personalkostenerhöhung in den Betrieben nur ein Prozent beim Arbeitnehmer landet. Vier Prozent sind kollektivvertragliche Erhöhung inklusive der gesamten Rahmenbedingungen, zwei Prozent sind die Arbeitgeberbeiträge, bei den Arbeitnehmern landen durch Steuern und Sozialversicherung nur zwei Prozent, die öffentliche Hand nimmt ihm davon noch einmal ein Prozent durch die Erhöhungen bei der Energie, beim Wasser etc. Von sechs Prozent bleiben dem Arbeitnehmer ein Prozent. Und die Inflation ist höher als das eine Prozent. Das regt mich wahnsinnig auf, das ist in Wahrheit ein Skandal. Wenn ich einem Arbeitnehmer sechs Prozent zugute halte, möchte ich, dass wenigstens drei Prozent bei ihm landen. Ich setze mich auch dafür ein, dass ein Teil der Gewinne der Betriebe bei den Arbeitnehmern landen. Die Besteuerung solcher Gewinne sollte nur 25 Prozent betragen.

Sie lehnen Steuererhöhungen ab, so auch die Millionärssteuer. Es ist aber eine Tatsache, dass die Einkommen der Arbeitnehmer in den vergangenen 20 Jahren ungefähr gleich geblieben sind, während die Gehälter der Manager und die Einkommen der Reichen unverhältnismäßig stark gestiegen sind. Sollen die Begüterten nicht mehr geben?
Ja, sie geben auch mehr. Wir haben in Österreich den Solidarzuschlag. Wer den Höchststeuersatz von 50 Prozent bezahlt, muss seit Jahresbeginn jetzt noch zusätzliche sieben Prozent zahlen. Dem habe ich zugestimmt.
Die Managergehälter in Österreich sind gegenüber den deutschen Kollegen geradezu maßvoll. Es verdient zum Beispiel Österreichs Nationalteamtrainer Marcel Koller wesentlich mehr als der Bundeskanzler. Wenn er das nicht bekäme, wäre er längst wieder in der Schweiz. So geht es uns auch mit anderen. Ich will nicht, dass uns die besten Leute davonrennen, weil sie in anderen Ländern wesentlich mehr verdienen. Trotzdem ist das Niveau der Spitzenverdiener in Österreich wesentlich niedriger als in anderen Ländern. Ein Wolfgang Eder von der voestalpine würde mit seiner Performance in Deutschland oder der Schweiz wesentlich mehr bekommen als bei uns. Davon muss er 57 Prozent Steuer bezahlen.

Ein Streitpunkt bei den Koalitionsgesprächen ist die Erhöhung des tatsächlichen Pensionsalters. Es ist aber eine Tatsache, dass die Betriebe die älteren Arbeitnehmer möglichst rasch in Pension schicken.
Zuerst einmal muss man schauen, dass Ältere auf der Höhe der Zeit bleiben. Die Weiterbildung bei den Mitarbeitern ist bis 45 sehr gut, aber dann reißt sie ab. Diese Leute werden zwar teurer, wenn sie älter werden, aber die Leistung hält nicht mit. Das ist so, wie wenn im Sport jemand Herbstmeister wird und im Frühling das Training einstellt. Wir müssen die Qualifikation erhalten. Es darf nicht auf das Alter, sondern es muss auf das Können ankommen. Auch bei den Gehältern sollten wir nicht nach Alter zahlen, sondern nach Leistung. Wenn der 60-Jährige das Doppelte des 30-Jährigen kostet, werden die Betriebe zum Jungen greifen. Junge Menschen sollten mehr verdienen. Bei den Kollektivvertragsverhandlungen sollte stärker auf Fixbeträge gesetzt werden. Damit würde sich das Gehalt der Älteren reduzieren und das der Jungen erhöhen.

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