Wie die Lichtforschung hilft, Waldbrände früher erkennen zu können

Wie die Lichtforschung hilft, Waldbrände früher erkennen zu können
Guter Stoff von Oliver Bimber, er leitet das Institute of Computer Graphics an der Johannes Kepler Universität Linz.

Digitale Bilder sind aus unserem alltäglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Wir nutzen Kameras oder Computergrafik, um diese Bilder zu erzeugen, Bildverarbeitung, um sie zu verstehen und Displays, um sie darzustellen. Oft repräsentieren sie unsere dreidimensionale Welt. 

Dass das keine ideale Repräsentationsform ist, liegt auf der Hand und wird am Beispiel der Funktionsweise heutiger Kameras und Displays ersichtlich: Vereinfacht beschrieben nutzen Kameras Linsen, um das eingesammelte Licht auf einem Bildsensor abzubilden. 

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Dabei „sieht“ jeder Bildpunkt die aufgenommene Umgebung allerdings nur aus einem einzigen Winkel. Displays, wie Fernsehgeräte, Monitore oder Handys sind lediglich in der Lage, pro Bildpunkt die gleiche Helligkeit und Farbe in alle Richtungen darzustellen. 

Wir bilden eine dreidimensionale Welt also immer zweidimensional ab, und verlieren dabei natürlich etwas – unter anderem Tiefe. Das Licht breitet sich in dieser Welt aber deutlich komplexer aus. Wieder vereinfacht beschrieben kann man sich vorstellen, dass es sich an jedem dreidimensionalen Punkt in unterschiedlichen Richtungen anders ausbreitet. 

Eine Frage der Dimensionen

Beschreibt man diese Richtungen nun mit zwei Winkel, wäre eine bessere Repräsentationsform also eine Fünfdimensionale anstelle einer Zweidimensionalen. In der Physik nennt man diese fünfdimensionale Repräsentationsform die „Plenoptische Funktion“. 

Wäre es also nicht besser, unsere Kameras und Displays dazu zu bringen, diese Plenoptische Funktion zu erfassen und wiederzugeben, anstelle lediglich einen zweidimensionalen Ausschnitt davon, wie wir es bereits seit über 250 Jahren tun? 

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Immerhin würde genau das die „holografischen“ Darstellungen ermöglichen, die wir aus Science-Fiction-Filmen kennen. Leider gibt es hier einige physikalische Hindernisse, die unüberwindbar scheinen. 

Allerdings existiert einen mathematischen Kompromiss: Wenn die fünfdimensionale Abbildung durch eine geschickte Parametrisierung auf vier Dimensionen reduziert werden kann, dann heben wir diese physikalischen Grenzen auf. Wir können also sowohl Kamera- als auch Displayoptiken entwickeln, die diese vierdimensionale Abbildungsform unterstützen. Man nennt sie „Lichtfeld“. 

Das Institut für Computergrafik an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) betreibt seit seiner Gründung im Jahr 2009 Grundlagenforschung im Bereich Lichtfeldtechnologie. Die dabei entstandenen Ergebnisse führten zu einigen bahnbrechenden Entwicklungen, die zuvor undenkbar erschienen. 

Lichtfelder wurden in der Mikroskopie nicht nur zur Aufnahme, sondern auch zur Beleuchtung genutzt. Das ermöglicht zeitgleiche, dreidimensionale Belichtungsmuster innerhalb mikroskopischer Proben, die unter anderem in der Optogenetik zum Triggern einzelner Neuronen eingesetzt werden können. 

Die weltweit erste skalierbare, biegbare, transparente Folienkamera wurde an der JKU mit Hilfe der Lichtfeldtechnologie entwickelt. Dabei handelt es sich um eine beliebig große, 1 Millimeter dicke, transparente Plastikfolie die, ganze ohne Linsenoptik, nicht nur zweidimensionale Farbbilder, sondern auch dreidimensionale Tiefenbilder aufnehmen kann. 

Waldbrände leichter entdecken

Das an der JKU entwickelte Aufnahmeverfahren, Airborne Optical Sectioning (AOS) ermöglicht es mit Hilfe der Lichtfeldtechnologie Verdeckungen, die durch Vegetation wie Wald entstehen, in Echtzeit aus Luftaufnahmen herauszurechnen. Das Anwendungsspektrum von AOS ist breit, und reicht von Such-und-Rettung über Waldbrandfrüherkennung, Wildbeobachtung und Überwachung bis hin zur Archäologie. 

Die Beispiele oben zeigen, welche wesentlichen Weiterentwicklungen mit der Lichtfeldtechnologie und mit einer interdisziplinären Forschung in den Bereichen Optik und Informatik möglich sind. Auch wenn es sich dabei noch um spezielle Anwendungen handelt, bieten Lichtfelder eine realistische Möglichkeit, die digitale Bildtechnologie von heute – und alles was damit verbunden ist – gänzlich abzulösen. 

Ich denke, wir können uns alle nicht vorstellen, dass man auch in den kommenden 250 Jahren immer noch wie heute vor einer Mattscheibe sitzt.

Oliver Bimber, er leitet das Institute of Computer Graphics an der Johannes Kepler Universität Linz. Seine Forschungsinteressen umfassen Visual Computing und Optik im Zusammenhang mit der nächsten Generation von Anzeige- und Bildgebungstechnologien.

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