Campus der Diözese Linz: Eines Architekturschülers Meisterwerk
In den 70-er Jahren haben die Architekten Franz Riepl und Othmar Sackmauer die Private Pädagogische Hochschule Linz unterhalb des Freinberges in Linz errichtet. Das markante Gebäude steht unter Denkmalschutz, muss aber saniert werden.
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Ein sensibles Unterfangen. Das war dem Grazer Architekten Thomas Pucher bewusst, als er sich mit seinem Unternehmen an der Ausschreibung des Wettbewerbs beteiligt hat. Eigentlich beteiligen musste, denn er hat bei Franz Riepl Architektur studiert: "Er hat mir immer imponiert", erinnert sich Pucher an seinen Professor an der TU Graz.
Die Fortsetzung und Weiterentwicklung des Bauwerks am Freinberg haben die Juroren dann tatsächlich in die Hände des Schülers des ursprünglichen Erbauers gelegt. "Für mich schließt sich damit ein Kreis", sagt Pucher, der hier einen "Ort schaffen will, wo junge Menschen in einem christlichen, spirituellen Glauben zusammenkommen und lernen, als Menschen etwas gemeinsam zu schaffen".
Die notwendige Sanierung der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz (PHDL) gab den Anstoß, die diözesanen Ausbildungs- und Forschungsstätten gemeinsam an einem Campus zu denken.
Das Sozialpädagogische Kolleg (SPK) und eine Schule für Sozialbetreuungsberufe (SOB) der Caritas sind schon vor Ort. Die SOB am Schiefersederweg muss generalsaniert werden, auch das Gebäude der Katholischen Privat-Universität Linz (KUL) ist in die Jahre gekommen und die Bücherspeicher der Bibliothek sind fast voll.
Der Campus beheimatet derzeit neben der Lehrer:innenbildung an der PHDL eine Schule für Sozialbetreuungsberufe (SOB) der Caritas, das Kolleg für Sozialpädagogik (SPK) sowie einen Teil der Diözesan- und Universitätsbibliothek von PHDL und KUL.
Neu dazukommen sollen die Katholische Privat-Universität Linz, die gesamte Diözesan- und Universitätsbibliothek mit Medienverleih, die zweite Schule für Sozialbetreuungsberufe der Caritas (derzeit Schiefersederweg) ein Forschungskindergarten und das Konservatorium für Kirchenmusik, das zurzeit im Petrinum angesiedelt ist.
Ca. 1.500 Personen studieren derzeit am Campus – künftig werden es über 2.000 sein.
Ausgangspunkt für den Architekten war dabei auch die aktuelle Zeit: "Alles fliegt auseinander, wie können wir das wieder einfangen?"
Es war nicht die Verbindung zwischen den beiden Architekten, die für die Jury ausschlaggebend war. Roland Gnaiger, Juryvorsitzender des Architektenwettbewerbs, erläutert: "Das Projekt überrascht mit seiner einzigartigen konzeptionellen Lösung. Anstelle von Zubauten, wie in allen anderen Einreichungen, wird der Bestand in die Höhe weiter entwickelt."
- Die bauliche Erweiterung bleibt weitgehend unsichtbar (damit wird die denkmalrelevante Erscheinung nahezu ungestört erhalten).
- Der umliegende Grünraum wird (auch im Vergleich mit allen anderen Projekten) am nachhaltigsten geschont.
- Durch die Höhenerweiterung werden die bestehenden, großzügigen Aufenthalts- und Verteilerbereiche gestärkt und gewinnen zusätzliche an Attraktivität.
- Der bislang sehr unbefriedigend angebundene nördliche Bauteil (B) wird in idealer Weise mit dem Hauptbauwerk verbunden.
- Die Homebases von KUL und PH DL stehen zu den zentralen Aufenthalts-, Kommunikations- und Lehrbereichen in einer gleichberechtigten Beziehung.
Nur auf einer etwa 2.000 Quadratmeter großen Fläche wird ein Neubau errichtet, der einerseits weitgehend unsichtbar bleibe, andererseits eine schlüssigere Erschließung des künftigen Bildungscampus ermögliche. Zum Schluss werden übrigens inklusive der begrünten Dachflächen rund 7.000 Quadratmeter mehr grün zur Verfügung stehen, versichert der Architekt. Kein anderes Projekt habe "die differenzierte und ambitionierte Architektur" des gesamten ursprünglichen Bauteils so aufgenommen und in die Gegenwart übertragen, ist Gnaiger begeistert.
- Licht in den Bestand bringen. Dadurch Wegeführung und Platzbildungen stärken.
- Mit einer zentralen Erweiterung auf der derzeitigen Dachterrasse eine neue Mitte schaffen, ein städtisches Forum, das gleichzeitig das Zentrum aller Wege im Haus bildet.
- Erweiterungen an den Rändern, dort, wo es erforderlich ist und immer im Sinne des Bestandes, in „Varianten der maßstäblichen Gliederung großer Baumassen und Räume“
(aus: „Franz Riepl über Architektur“, 2015)
Aber es gibt noch einen Punkt, den Gnaiger herausstreicht: "Architektur konstruiert Verhalten." Und das sei gerade bei diesem Zukunftsprojekt von besonderer Bedeutung.
Kirche übernimmt Verantwortung für Bildung
In diese Kerbe schlägt auch der Bauherr, Bischof Manfred Scheuer: "Die Frage der Sinnstiftung steht, der Solidarität und der Menschlichkeit soll am Anfang unseres Denken und Handelns stehen." Der Campus sei ein Ort, der die besonderen Talente und Fähigkeiten der Menschen zum Erblühen bringt."
Scheuer betont bei der Präsentation auch, dass die katholische Kirche, trotz der "nicht ermutigenden Konjunktur kirchlichen Lebens" mit diesem antizyklischen Projekt zeige, dass es ihr "um Zukunftsfähigkeit" gehe: "Wir brauchen junge Menschen, die einen kirchlichen Beruf ergreifen."
Es gehe um nicht mehr oder weniger, als ein Bekenntnis zum Glauben, "dass Gott uns eine Zukunft schenken wird".
Meilenstein für Bildungslandschaft
Der emeritierte Rektor der Johannes-Kepler-Universität, Meinhard Lukas, kann das Projekt "seiner Diözese" nur unterstützen. Gerade an einem technologie- und industrieaffinen Standort sei dieser "Campus der Zukunft für Bildung, Wissenschaft und Menschlichkeit besonders wichtig", er nennt ihn "einen Meilenstein für den Bildungsstandort Oberösterreich", Lukas, der keine Funktion im Zusammenhang mit dem neuen Campus hat, ist überzeugt: "Es wäre ein Wunder, wenn aus diesem neuen Campus nicht viele neue Impulse entstehen."
Und für Maria Maul, Leiterin des Bereichs Bildung und Kultur der Diözesanen Dienste, "kommt zusammen, was im Kontext der Ausbildung zusammengehört".
Dass die Katholische Privatuniversität ihren Standort in der Linzer Innenstadt dafür aufgeben müsse, sei immer wieder Thema, sagt übrigens Christoph Niemand, Rektor der KU Linz. Aber er zeigte sich überzeugt, dass nicht zuletzt aufgrund der architektonischen und inhaltlichen Positionierung auch dieses Zusammenwachsen gut erfolgen werde.
Zeit- und Finanzplan
Die Diözese Linz rechnet damit, dass 2026 mit dem Bau begonnen werden kann. Fertigstellung ist für das Wintersemester 2028 geplant. Der Umbau erfolgt bei laufendem Bildungsbetrieb an allen Standorten. 70 Millionen Euro kostet das Projekt, die Diözese ist gerade in Verhandlungen mit Land und Bund über die genaue Kostenteilung.
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