Lebenshilfe im Hitlerhaus: Viele Fragen offen
Die Entscheidung, das Geburtshaus von Adolf Hitler in Braunau (OÖ) als eine Betreuungsstelle für behinderte Menschen weiterzunutzen, stößt auf breite Akzeptanz. Rund um den geplanten Umbau und die Weiternutzung des als Pilgerstätte von Rechtsextremen verschrienen Gebäudes müssen aber noch viele offene Fragen abgeklärt werden. Auch weitere Rechtsstreitigkeiten könnten einem baldigen Abschluss des Projekts im Wege stehen.
Wie berichtet, beschloss der Nationalrat am Mittwoch, Gerlinde P., die Besitzerin der Liegenschaft, zu enteignen und das Haus ins Eigentum der Republik zu bringen. Donnerstag besprachen Innenminister Wolfgang Sobotka, Landeshauptmann Josef Pühringer und der Braunauer Bürgermeister Johannes Waidbacher (alle ÖVP) den Umbau in ein soziales Zentrum. Eine Entscheidung, die auch in Braunau auf Zustimmung stieß. Der lokale Arbeitskreis, in dem alle Gemeinderatsfraktionen vertreten sind, stehe hinter der Enteignung und den Nutzungsabsichten, berichtet Stadtchef Waidbacher gegenüber dem KURIER. Gerhard Scheinast, Geschäftsführer der Lebenshilfe OÖ, der das umgebaute Objekt zur Nutzung angeboten werden soll, zeigt sich überrascht, aber gesprächsbereit. Ein Bedarf sei gegeben.
Umgestaltung
Mit der Enteignung hat der Nationalrat nicht nur die Verwaltung des Hauses an der Adresse "Salzburger Vorstadt" beschlossen, sondern auch dessen "tief greifende architektonische Umgestaltung". Dem Objekt soll ja der Wiedererkennungswert und die Symbolkraft für Rechtsextreme genommen werden.
Ein Projekt für den Umbau gibt es noch nicht, erklärt der Bürgermeister. "Zuerst werden bis Mitte 2017 alle rechtlichen und organisatorischen Fragen abgeklärt", berichtet er. Ob zu dem leidigen Thema nun in der Stadt Ruhe einkehre, könne er nicht sagen, meint der Stadtchef. Vorerst müsse die Rechtswirksamkeit der Enteignung abgewartet werden. Ob die auch für die Gemeinde schwer erreichbare Eigentümerin Gerlinde P. rechtliche Schritte dagegen angekündigt hat, will Waidbacher nicht kommentieren.
Das am Mittwoch beschlossene Enteignungsgesetz muss bis zu seiner Gültigkeit durch die Verlautbarung noch vom Bundesrat und dem interimistischen Nationalratspräsidium oder schon vom neuen Bundespräsidenten abgesegnet werden. "Das sollte in einigen Wochen erledigt sein", schätzt der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck. Bevor die Hauseigentümerin per Bescheid informiert wird, muss eine Kommission noch den Kaufpreis fixieren. Eine Berufung gegen den Bescheid sei nicht möglich, erklärt Grundböck. Der Zivilgerichtsweg stünde der Eigentümerin aber sehr wohl offen.
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