„Autoindustrie verschläft die Entwicklung“

Klaus Fronius
Der Techniker, Unternehmer und Umweltpionier Klaus Fronius sieht Europa bei der Wasserstofftechnologie im Hintertreffen.

Klaus Fronius (75) produziert am Schlattbauerngut in Ried im Traunkreis Bio-Öle und Bio-Essige. Gemeinsam mit seiner Schwester Brigitte Strauß hat er 1980 die Firma Fronius von seinem Vater Günther Fronius übernommen und sie zu einem Zukunfts-Unternehmen mit 5.400 Mitarbeitern ausgebaut. Die Firma ist spezialisiert auf Schweißtechnik, Fotovoltaik und Batterieladetechnik. 2012 hat seine Nichte Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß die Geschäftsführung übernommen. Fronius wird als Vater der Wasserstofftechnologie bezeichnet und ist ein gefragter Berater von Zukunftstechnologien. Er war unter anderem zehn Jahre für die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft tätig und leitete hier die Evaluierung des COMET-Programms, des größten Forschungsprogramms.

KURIER: Sie fahren seit mehreren Jahren ein Wasserstoffauto. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Klaus Fronius: Es ist ein Hyundai-Nexo. Ich brauche wenige Liter Wasser, das mit der Kraft der

Sonne zu Wasserstoff umfunktioniert wird. Damit komme ich weit über 600 km.

Die europäische Autoindustrie setzt weniger auf Wasserstoff als vielmehr auf die batteriebetriebenen Elektroautos.Verstehen Sie diese Entwicklung? Die Industrie könnte auch auf Wasserstoff setzen wie das die Koreaner (Hyundai) oder die Japaner (Toyota) machen?

Man muss das zweistufig sehen. Die batteriebetriebenen Autos sind aus Korea, Japan und China gekommen. Europa hat sehr lange gebraucht, um zu verstehen, was diese Technologie bedeutet. Mit großer Verzögerung hat es auf diese Technologie gesetzt. Diese Autos sind geeignet für kürzere und mittlere Streckenlängen.

Mein Thema ist, dass ich gesehen habe, wie und unter welchen Umständen Lithium abgebaut wird. Das ist der Akt eins der Umweltzerstörung. Daraus werden dann Akkumulatoren gebaut, die in den Fahrzeugen Verwendung finden und nach sieben, acht Jahren ist so eine Batterie am Ende. Dann stehen wir vor dem Problem, was wir mit einer so alten Batterie machen? Das Recycling ist eine enorme Herausforderung und der zweite Umwelt-Super-GAU.

„Autoindustrie verschläft die Entwicklung“

Klaus Fronius produziert auf dem Schlattbauerngut in Ried in Traunkreis Bio-Öle und Bio-Essige

Es gibt Untersuchungen in Österreich, um für diese Batterien ein zweites Leben zu entwickeln. Man weiß aber noch nicht, wie hoch die Aufnahmekapazität so einer Batterie ist, welche Ladezyklen möglich sind und wie lange die Batterie die Energie hält. Man weiß auch noch nicht, wie der Batterieschrott entsorgt werden soll. Der Aufwand dafür ist enorm. Daher rührt mein Zugang zu anderen Antriebsformen. Mit Wasserstoff setze ich mich bereits 18 Jahre auseinander.

Bundeskanzler Sebastian Kurz hat 2019 erklärt, Österreich zur Wasserstoffnation Nummer eins machen zu wollen. Bis 2025 soll es flächendeckend Wasserstofftankstellen geben. Tatsächlich sind wir weit davon entfernt.

Genau. Die Firma Fronius hat seit vier Jahren eine Wasserstofftankstelle in Wels-Thalheim. Sie funktioniert, es gibt keine Probleme. Wir zerlegen Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff, der Wasserstoff wird jetzt noch mit bis zu 350 Bar vorkomprimiert und mit 350 Bar ins Auto abgefüllt. Der Tankvorgang ist ähnlich wie beim Benzin, es gibt aber keine Umweltzerstörung. Im Mai wird in Steinhaus bei Wels eine öffentliche Fronius-Tankstelle in Betrieb gehen. Mit 750 Bar ist sie auch für Lkw geeignet.

In Asten gibt es ebenfalls eine Wasserstofftankstelle.

Wir haben völlig unterschiedliche Technologien. Der Wasserstoff der OMV ist brauner Wasserstoff, der aus der Raffinerie-Erzeugung stammt. Er wird vom Tankwagen nach Asten gebracht und dort über einen Kompressor hochgepumpt. Fronius produziert grünen Wasserstoff, der ausschließlich aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Bei uns ist das Fotovoltaik. Sie produziert den Strom, der den Elektrolyseur treibt. Der Elektrolyseur erzeugt den Wasserstoff. Der wird durch ein internes System auf 750 Bar gebracht.

Sie bieten Unternehmen und Gemeinden komplette Wasserstoffanlagen um rund 800.000 Euro an, damit diese ihren Fuhrpark betanken können. Wird auf dieses Angebot zurückgegriffen?

Wir haben in Österreich bereits eine Reihe von Aufträgen, auch im Umkreis von Linz. Dazu kommen weitere Anfragen.

Verschläft die europäische Autoindustrie die Wasserstoffentwicklung?

So ist es. Hyundai und Toyota bauen 2024 jeweils 700.000 Wasserstoffautos. Sie produzieren nicht nur Pkw, sondern auch Lkw und Busse. Als drittgrößter Autohersteller der Welt hat Hyundai sehr viele Fabriken in Europa, in Tschechien, in Polen in der Slowakei. Es ist ein europäischer Konzern geworden. Bei den Mengen an Autos, die Hyundai plant, sollte die Regierung mit dem Unternehmen das Gespräch suchen.

Bereits vor zehn Jahren war mein Reden, dass die Automobilisten aufpassen sollen, dass eine andere Technologie auf uns zukommt. Das war leider in den Wind geredet. Jetzt hat man wirklich das Problem, dass es in den E-Autos viele Dinge nicht mehr gibt, für die oberösterreichische Unternehmen noch stark als Zulieferer tätig sind.

Als ich Energiebeauftragter des Landes Oberösterreich war, habe ich mit Stefan Stallinger (Vorstand Energie AG), Thomas Rührlinger (Fronius AG) und Markus Mitteregger (Vorstandsvorsitzender RAG Austria) eine Studie mit all den Themen zu erneuerbarer Energie vorgestellt, die Österreich benötigt. Ein großer Teil der Empfehlungen ist in die Strategie der alternativen Energie des Landes OÖ übernommen worden.

Für die Republik haben wir ein adaptiertes Papier entwickelt, das wir Frau Minister Leonore Gewessler und ihrem Kabinett vorgestellt haben. Das ist in den ersten Vorschlag für das Erneuerbare-Ausbau-Gesetzes (EAG) eingeflossen. Es enthielt auch die Wasserstoffstrategie. Das stieß auf völlige Ablehnung durch Industrie und Wirtschaft. Begründung: Energie wird teurer, die Wettbewerbsfähigkeit sinkt.

Im neuen Entwurf zum EAG vom März ist die Wasserstoffstrategie enthalten, aber mit einem riesengroßen Haken. Es werden Projekte gefördert, die über ein Megawatt hinausgehen. Für die nächsten zehn Jahre gibt es 500 Millionen Euro. Kleinere Projekte unter einem Megawatt wie zum Beispiel die Wasserstofftankstellen werden nicht gefördert. Die Gespräche darüber laufen, denn das Gesetz benötigt eine Zweidrittelmehrheit im Parlament.

Die Wasserstoffstrategie verzögert sich?

Bis ein Megawatt ja, darüber hinaus hoffentlich nicht. Für die Stahlproduktion der voestalpine und für die Lkw gibt es keine Alternative, da braucht es die Wasserstofftechnologie.

Ein Vorzeigeland beim Wasserstoff ist Chile. Daran können wir uns ein Beispiel nehmen. Wir könnten viel weiter sein, als wir es sind.

Eine Studie hat sich auch für Underground Sun Conversion starkgemacht, also für die Speicherung von Wasserstoff in ehemaligen Erdgasfeldern. Geht hier etwas voran?

Es gibt hier sehr viel Bewegung. In einer neuen Partnerschaft bringen die RAG und die deutsche Bayerngas künftig einen in der Ukraine aus Solar- und Windstrom produzierten Wasserstoff nach Mitteleuropa.

Die RAG wird Weltmarktführer in der Technologie des Speicherns von Gasen, vornehmlich Wasserstoff, unter der Erde werden.

Die EU will die Reduktion des -Ausstoßes nochmals drastisch senken, auf minus 55 Prozent des Vergleichswertes von 1990. Kann dieses ambitionierte Ziel erreicht werden?

Wir müssen es erreichen, sonst schaffen wir uns selber ab. Wir können die Umweltschäden, die auf uns zukommen, nicht anders aufhalten.

Wirtschaftsforscher Karl Aiginger, betont, dass ab 2030 Diesel- und Benzinautos und Gas- und Ölheizungen verboten werden müssen, anders sei das von der Regierung proklamierte Ziel der Klimaneutralität Österreichs 2040 nicht erreichbar. Ist das Ziel realistisch?

Wenn wir uns alle anstrengen, ja. Es gibt aber sehr, sehr viel Gegenwehr.

Durch die Energiewende wird das Leben teurer. Der Strom wird teurer, ein E-Auto ist teurer als ein Benziner oder ein Diesel. Was bietet man jenen Menschen an, die sich nur einen Kleinwagen leisten können? Der Nexo von Hyundai (Wasserstoff) kostet 60.000 bis 80.000 Euro. Wer kann sich das schon leisten?

Wenn Hyundai 270.000 Wasserstoffautos pro Jahr erzeugen wird, rasselt der Preis runter. Genauso wie bei den Elektroautos.

Österreich sollte gemeinsam mit den anderen Europäern ein Statement abgeben, gemeinsam diesen Weg gehen zu wollen.

Es gibt manche, die behaupten, dass Wasserstoffautos bei Unfällen explodieren bzw. vor Explosionen nicht gefeit sind.

Das ist eine Mär. Die Firma Fronius arbeitet seit Jahrzehnten beim Schweißen mit Gasen wie Argon, Helium, Krypton etc. Mir ist kein einziger Unfall bekannt. Beim Auto ist das überhaupt keine Gefahr.

Besitzer von Ölheizungen wehren sich gegen Kritik bzw. gegen ein Verbot ihrer Heizungen. Ihre Argumentation: Bei ihren Rauchfängen raucht es nicht hinaus, sehr wohl aber bei Betreibern vonHolzheizungen. Sie haben kein Verständnis für ein Verbot ihrer Ölheizungen.

Das gibt es überall. Es gibt vom Ministerium gute Förderungen für den Umstieg. Das, was beim Rauchfang hinausgeht, ist nicht sichtbar, beinhaltet aber .

Ich vergleiche es mit dem Auto. Wenn Sie in der Garage bei geschlossenen Toren starten und Sie es zehn Minuten laufen lassen, sterben Sie nach zehn Minuten an Kohlenmonoxid und .

Die Erde war dafür nicht vorgesehen, dass man in sie hineinbohrt und Gas und Erdöl herausholt und man daraus eine Antriebsform macht, die die Ozonlöcher verursachen. Sie reißen die Schutzschilder unserer Erde auf.

Angela Köppl und Margit Schratzenstaller, beide Ökonominnen am Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), betonten, dass eine -Steuer allein nicht ausreicht, es müssten auch Emissionen von Flug- und Schiffsverkehr effektiv bepreist werden.

Ja, sie haben recht. Nur kann Österreich beim Schiffsverkehr wenig beitragen. Der höchste -Ausstoß in Österreich stammt vom Lkw-Verkehr, von den Baggern und von den Traktoren in der Landwirtschaft.

Es gibt die Chance für den Landwirt zum Energiewirt zu mutieren. Wenn sich mehrere Bauern zu Energiegemeinschaften zusammentun, um mit Fotovoltaik-Dächern Wasserstoff zu erzeugen und die alten -Schleudern durch wasserstoffgetriebene Traktoren ersetzen. Die USA sind hier Vorreiter. Die Vertreter der Bauern sind daher auch gegen den Ausschluss von Kleinanlagen von der Wasserstoffförderung. Ministerin Leonore Gewessler möchte das auch, aber sie hat zu wenig Geld.

Besteht die Chance, Wasserstoff für die Flugzeuge einzusetzen?

Für die Kurzstrecke ja, für die Landstrecke nicht. Aber damit wäre schon viel gewonnen.

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