Der 74-Jährige gilt als einer der bekanntesten Intellektuellen Tschechiens. Zuletzt ist sein Buch „Der Nachmittag des Christentums“ erschienen, das bereits in 20 Sprachen übersetzt worden ist.
Die Analyse Halíks ist überraschend und schonungslos. „Wir stehen am Anfang des Nachmittags des Christentums. Die Welle von Skandalen von sexuellem Missbrauch durch Priester ist vergleichbar mit dem Verkauf von Ablässen zu Beginn der Neuzeit.“
Leute wie Martin Luther hätten begriffen, dass sich etwas ändern müsse. „Nun braucht es auch eine tiefe Änderung.“ Es brauche „neue Schläuche“, sprich institutionelle Reformen, es brauche aber auch „neuen Wein“ in den Schläuchen, als eine geistlich-spirituelle Erneuerung. Es müsse „neue geistliche Energie kommen“.
Die Globalisierung sieht er ebenfalls „in einer großen Krise. Wir erleben ihre Schattenseiten.“ Chauvinismus, Populismus und Nationalismus seien ein „schlimmer Weg“ zur Lösung. Denn Fragen des Klimaschutzes müssten von allen gemeinsam gelöst werden. Er spricht von der „Idee des gemeinsamen Weges“. Die Kirche sollte der Globalisierung mit „eine Kultur der Nähe“ gegenübertreten.
Bei der Lösung der gesellschaftlichen Fragen plädiert Halík für einen „neuen Ökumenismus“, also der Zusammenarbeit aller christlichen Kirchen. „Die Kirche ist ein effizientes Zeichen der Einheit in Christus“, Vorurteile sollten abgeschafft werden.
Wie soll der Priestermangel gelöst werden? Ausländische Priester seien keine Lösung, so Halík, polnische Priester hätten sich in tschechischen Pfarren nicht bewährt. Evangelisierung bedeute Inkulturation. Einige Gesellschaften wie die westeuropäischen seien bereit für die Frauenpriesterweihe, andere wie die afrikanischen nicht. Der synodale Prozess, den Papst Franziskus eingeleitet habe, müsse Dezentralisierung bedeuten, Lokalkirchen müssten Selbstständigkeit haben.
„Die Kirche als Ort der geistlichen Gespräche, der intelligenten Predigt und der Begleitung bei der Suche nach Sinn“ empfiehlt Halík er als Antwort auf die Kirchenaustritte. Man müsse die Bedürfnisse der Menschen sehen.
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