"Kein politisches Match bei den Schulen"

Entholzer fordert sowohl von seiner eigenen Partei als auch von der regierenden ÖVP mehr Offenheit. Wichtige Themen sollten außer Streit gestellt werden.
Oberösterreichs SPÖ-Vorsitzender Reinhold Entholzer setzt auf Sacharbeit und Regierungsbeteiligung.

Reinhold Entholzer ist seit ein paar Monaten Landeshauptmannstellvertreter und seit November 2013 Vorsitzender der SPÖ Oberösterreich. Er feiert am kommenden Donnerstag seinen 55. Geburtstag.

KURIER: Sie sind seit acht Monaten Chef der SPÖ. Wie ist Ihre bisherige Erfahrung?Reinhold Entholzer: Wir sind als Partei sehr breit aufgestellt. Es gibt viele verschiedene Strömungen. Das ist auch das Spannende. Ich bin keiner, der in der Lederhose herumläuft, weil ich das nicht bin. Es gibt aber welche im Inneren Salzkammergut, die das machen und ich habe sie sehr schätzen gelernt. Sie haben eine starke Traditionspflege und eine starke Beziehung zur Sozialdemokratie. Das schaut völlig anders als im urbanen Bereich von Linz, Wels und Steyr. Die Braunauer Gegend ist wieder ein Stück anders. Sie ist wirtschaftlich stärker Richtung Salzburg orientiert, für sie ist Linz weit weg.

Wie geht es Ihnen in Summe?

Gut.

Die Führung ist stark teamorientiert. Funktioniert die Zusammenarbeit mit Landesrätin Gerti Jahn, Klubobmann Mankor und der Zweiten Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer?

Ja. Ich war immer ein Teamplayer und ich möchte das auch so beibehalten. Man kann gemeinsam besser abschätzen, was der richtige Weg ist. Man muss sich gemeinsam absprechen, auch wenn letzten Endes eine Entscheidung getroffen werden muss. Es darf hier zu keiner Beliebigkeit kommen, sondern es muss klar strukturiert sein. Aus meiner Sicht funktioniert es hervorragend.

Die Mechanismen haben Sie durchschaut?

Die Partei glaube ich zu kennen, die Mechanismen des Landes Oberösterreich sind teilweise noch sehr verworren (lacht).

Welche?

Die Zuständigkeiten und wie es genau läuft. Es geht nicht nur um die Zuständigkeiten, sondern auch darum, wer hat welchen Einfluss und wo man welche Hebel ansetzen muss, um etwas bewegen zu können. Die informellen Gespräche sind sehr wichtig.

Die Landes-SPÖ liegt in den Umfragen zwischen 22 und 25 Prozentpunkten, also leicht unter dem Ergebnis der Wahl 2009. Was sind die Ursachen?

Die Performance auf Bundesebene ist nicht eine, die uns unbedingt nach vorne bringt. Wir dürfen uns aber nicht auf die nächste Ebene ausreden. Wir sind schon für uns selbst verantwortlich. Es ist auch immer ein Stück weit das, was man selbst kommuniziert und weiterbringt.

Aber es ist eine Tatsache, dass von der Bundesebene ein Gegenwind weht.

Wir haben nicht unbedingt Rückenwind. Aber das trifft auch die ÖVP. Insofern teilen wir uns dieses Schicksal gemeinsam. Es spielt auch mit, dass neue Gruppierungen wie die Neos dazu kommen. Je mehr Parteien antreten, umso stärker wird der Kuchen aufgeteilt.

In welchen Bereichen werden Sie in den nächsten Monaten die Schwerpunkte Ihrer Arbeit legen?

Eindeutige Schwerpunkte sind die Themen Arbeit und Gerechtigkeit. Arbeit bedeutet nicht nur Arbeitsplätze. Wir brauchen mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen. Das geht nur, wenn wir entsprechende Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Ganztagesschulen haben. Ministerin Claudia Schmied hat in der Bildung viel bewegt, derzeit stockt es leider wieder. Zum Thema Arbeit gehören auch Wohnen und Mobilität. Wir haben viele Pendler, ich bin einer von ihnen. Wir sind dort verwurzelt, wo wir herkommen. Wir sind bereit, längere Distanzen in Kauf zu nehmen. Wir siedeln nicht alle zehn Jahre um.

Landeshauptmann Josef Pühringer und Bürgermeister Klaus Luger haben sich über die Universitätsklinik geeinigt.

Das ist insofern eine gute Lösung, weil man hier ein Gesamtpaket geschnürt hat wie es Pühringer und Dobusch vor zehn, 15 Jahren gemacht haben. Es geht auch um die zweite Linzer Schienenachse, es geht um die Zukunft der Linz AG und der Energie AG, wo es Ideen gibt, sie zusammenzuschließen.

Es ist einiges in Bewegung geraten, wo es gut ist, dass man sich abspricht. In Oberösterreich geht es nicht ohne den Linzer Zentralraum.

Sie haben die Zusammenarbeit von Linz AG und Energie AG angesprochen. Luger hat eine Fusion der Strombereiche vorerst abgelehnt. In der ÖVP gibt es Überlegungen, nach der Landtagswahl 2015 mit der SPÖ auf Landesebene wieder eine Koalition einzugehen.

Zur Energiepolitik. Man darf es ich nicht so einfach sehen und sagen, fusionieren wir die Linz AG und die Energie AG. Die europäische Energiepolitik wird für Oberösterreich ganz entscheidend sein. Wir brauchen eine gesicherte Energiepolitik. Diese ist aufgrund der deutschen Politik nicht mehr gegeben. Ich bin der Letzte, der gegen alternative Energien ist. Aber zu sagen, Windkraft und Solar sind vorrangig einzuspeisen und wir legen gleichzeitig die Kraftwerke still, weil sie nicht mehr effizient sind, ist nicht vertretbar. Wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, dann soll man plötzlich die Kraftwerke wieder anwerfen. Das funktioniert so nicht. Hier braucht man dringend eine europäische Lösung. Mich stört auch, dass man die Wasserkraft nicht vorrangig nützt. Sie muss mindestens gleichrangig wie Wind und Solar behandelt werden. Es ist eine Katastrophe, dass sich Pumpkraftwerke überhaupt nicht mehr rechnen. Und niemand will, dass Stromtrassen gebaut werden. Hier gibt es auch in Österreich Widerstände.

Zur Koalitionsfrage. Wir haben in Oberösterreich immer gesagt, dass wir mitentscheiden wollen. Wichtig ist, dass keine Kraft die absolute Mehrheit hat. Ich habe manchmal den schlechten Ruf eines Pragmatikers ...

... Sie sind ein Sachpolitiker ...

... damit erntet man nicht immer Schlagzeilen, damit wird man nicht so bekannt, als wenn man ein paar scharfe Sager von sich gibt und das pointierter macht.

Für eine Koalition stehe ich zur Verfügung. Ich habe immer gesagt, dass ich daran ein hohes Interesse habe.

Eine Koalition wäre eine wünschenswerte Variante?

Ja, sicher.

Was sind Ihre Visionen für Oberösterreich?

Wir müssen in einigen Fragen offener werden. Bei den Themen Kindergärten und Schulen dürfen wir kein politisches Match spielen. Wir werden eine entsprechende Steigerung bei der Beschäftigung nur mithilfe von einer guten Kinderbetreuung zustande bringen. Deshalb sollten wir hier investieren, es aber nicht so machen wie bei der Einführung des Gratiskindergartenjahres, wo die Gemeinden nun dazu zahlen müssen. Es ist auch falsch zu sagen, wir bauen die Nachmittagsbetreuung an den Schulen aus , weil sie billiger ist. Hier spart man am falschen Platz. In Frankreich gibt es wesentlich mehr Geburten, weil es vorbildliche Kinderbetreuungseinrichtungen gibt. Es kann auch nicht so sein, dass Bürgermeister aus meinen roten Gemeinden zu mir kommen und sagen, ich muss meine Hortplätze ausbauen und ich muss den Bedarf schon jahrelang vorher anmelden. Hier muss das Land vorausschauender und schneller agieren.

Das Zweite betrifft die Industrie. Wenn Oberösterreich weiterhin ein Industriebundesland bleiben will, was ich für wichtig halte, dann ist die Sicherung der Energieversorgung eine ganz entscheidende Frage. Hier gehört für mich der von der SPÖ vorgeschlagene Industriebeteiligungsfonds dazu, der des Öfteren ein bisschen lächerlich gemacht wird. Ich höre immer nur, was nicht geht. Nie höre ich davon, was geht. Es muss ja nicht das Land alleine sein, das sich daran beteiligt. Es könnten Banken und wichtige Unternehmen mitmachen.

Man könnte auch Mitarbeiterstiftungen einrichten.

Die könnte man auch einbeziehen und für Oberösterreich bündeln. Alle großen Unternehmungen veranlagen ihr Geld. Warum erfolgt das immer international?Warum veranlagt man es nicht gemeinsam in Oberösterreich, wo wir alle mitreden können? Hier könnt e man sicher einiges bewegen.

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